Kommentar Lasst die Grenzen offen!

Österreich hat wegen der Ausbreitung des Corona-Virus die meisten Grenzübergänge zur Tschechischen Republik und der Slowakei geschlossen.
Zu den zweifellos größten Errungenschaften der Europäischen Union (EU) zählen die offenen Grenzen für Menschen, Waren, Dienstleistungen und Kapital. Bis zur Pandemie nahmen die Bürger dieses politisch hart erkämpfte Privileg als Selbstverständlichkeit.
Wie fragil offene Grenzen selbst innerhalb der Gemeinschaft von 27 Mitgliedstaaten sein können, hat uns die Grenzschließung im Frühjahr des vergangenen Jahres gezeigt, als plötzlich eine Reise von München nach Innsbruck oder von Aachen nach Brüssel quasi unmöglich wurde.
Mitten in der schwersten Gesundheits- und Wirtschaftskrise seit ihrer Gründung kann sich die EU keine Wiederholung dieser Zustände leisten. Bei allem Verständnis für die schwer einschätzbare Situation durch die jüngsten Mutationen von Covid-19 helfen derartige Gedankenspiele nicht weiter.
Stattdessen sollte die EU alle Energie darauf verwenden, eine gemeinsame Strategie im Kampf gegen das Virus zu entwickeln – hier kann gerade Deutschland eine entscheidende Rolle spielen. Die Chance sollte die Bundesregierung nutzen.
Geschlossene Grenzen würden in der EU politischen und wirtschaftlichen Schaden anrichten. Und gerade nach dem Annus horribilis braucht die EU keine nationalen Alleingänge, schon gar nicht von einem Land im Herzen Europas mit Grenzen zu neunStaaten. Zumal wir im Frühjahr 2020 gelernt haben, dass auch Grenzschützer das Coronavirus nicht aufhalten können.
Gemeinsames Grenzregime notwendig
Eine europaweite Strategie im Kampf gegen Covid-19 ist ein Jahr nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie daher nötiger denn je. Es ist ein Fehler, dass sich die 27 Mitgliedsländer bislang nicht auf ein gemeinsames Grenzregime verständigen konnten. Das derzeitige Chaos aus unterschiedlichen nationalen Regelungen ist keine Lösung, wie die jüngsten Infektionszahlen demonstrieren.
Ein uneingeschränkt funktionierender Binnenmarkt mit offenen Grenzen ist für den Fortbestand der europäischen Einigung unabdingbar. Egal, ob für Lkw-Fahrer, Grenzpendler oder Familien – die Freizügigkeit ist ein Grundrecht der EU-Bürger, das nicht weiter eingeschränkt werden darf.
Wir brauchen die offenen Grenzen schließlich auch aus ganz praktischen Gründen. Denn zu Beginn der Coronakrise haben wir schon einmal Engpässe bei Produkten angesichts der gestörten Lieferketten erleben müssen. Diese Erfahrung darf sich weder für die Bürger noch für die Unternehmen wiederholen.
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