Kommentar Lausige Kontrollen kann sich die Bafin nicht leisten

Der bisherige Chef der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) will die Bafin zu einer „Aufsicht von Weltklasse“ formen. Dazu muss er auch den inneren Kompass der Behörde neu justieren.
Frankfurt Der designierte Chef der Bafin, Mark Branson, hat den Bundestagsabgeordneten eine „(Finanz-)Aufsicht von Weltklasse“ versprochen. Wenn Branson sein Versprechen einlösen will, muss er aber mehr verbessern als die Aufsicht über Banken, Versicherer und Wertpapiermärkte. Auch im Innenleben der Bafin herrscht Reformbedarf, wie die jüngsten Verdachtsfälle bei privaten Mitarbeitergeschäften in der Finanzaufsicht zeigen.
Die Mängelliste der internen Kontrollsysteme ist lang: Zunächst stellte sich heraus, dass die Vorschriften der Bafin zu lax waren. Selbst Mitarbeiter der Banken- und der Wertpapieraufsicht durften mit Wirecard-Aktien handeln. Die Mitarbeitergeschäfte sind sogar ein Thema für die Staatsanwaltschaft. Seither wurden die Regeln zwar verschärft. Doch nun zeigt sich, wie schwer sich die Bafin damit tut, ihre Verbote effektiv durchzusetzen.
Die Untersuchung der Wirecard-Geschäfte von Mitarbeitern ist bis heute nicht vollständig abgeschlossen, die Prüfung von zwei Transaktionen, die womöglich gegen das Spekulationsverbot in der Behörde verstoßen haben, zieht sich seit Monaten hin. Kaum vorstellbar, wie die Bankenaufseher mit einem Bankenvorstand umspringen würden, der ähnlich lange braucht.
Und genau das ist das Problem: Die Kontrolldefizite der Bafin untergraben ihre Autorität bei den von ihr beaufsichtigten Instituten. Anders als im Januar, als die Bafin einen Mitarbeiter wegen des Verdachts auf Insiderhandel mit Wirecard-Zertifikaten anzeigte, geht es im aktuellen Fall „nur“ um mögliche Verstöße gegen das interne Spekulationsverbot mit Gamestop- oder AMC-Aktien.
Doch für eine Behörde, die Finanzfirmen wegen schlampiger interner Kontrollsysteme sanktionieren darf, ist das schlimm genug. Das ist nicht weniger peinlich als ein Verkehrspolizist, der sich betrunken am Steuer erwischen lässt.
Viele Freiheiten bei privaten Finanzgeschäften
Bedenklich ist auch die Haltung der Behörde zu Forderungen, ähnlich professionelle Kontrollsysteme einzuführen, wie sie in der Finanzbranche gang und gäbe sind, etwa Zweitschriftenverfahren, bei denen Wertpapiergeschäfte von Mitarbeitern dem Arbeitgeber automatisch gemeldet werden, oder Sperr- und Watchlisten für bestimmte Aktien. Sehr aufwendig, zu komplex, so lassen sich die Antworten der Bafin darauf zusammenfassen.
Eine stets aktualisierte Liste mit Insiderinformationen etwa hält die Finanzaufsicht angesichts „der Fülle und der Komplexität“ der von ihr verarbeiteten Geheiminformationen für „übermäßig“ aufwendig.
Einerseits gewährte die Bafin Mitarbeitern also bislang viele Freiheiten bei privaten Finanzgeschäften. Andererseits fühlt sich die Behörde überfordert, wenn es um anspruchsvolle Kontrollsysteme geht. Dass darin bislang keiner der Verantwortlichen einen Widerspruch sah, sagt viel über deren inneren Kompass aus. Den muss Neu-Chef Branson wohl neu ausrichten.
Mehr: Bafin prüft mögliche Zockerei von Mitarbeitern mit Gamestop-Aktien.
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