Kommentar Mehr als nur ein Autohersteller: Teslas Einstieg in den deutschen Strommarkt ist Kalkül

Der Anfang vom Energiegeschäft: 2015 stellte der Tesla-Chef den ersten Hausspeicher Powerwall vor.
Früher hieß Tesla anders: Tesla Motors. Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit änderte Elon Musk den Namen 2017. Tesla will mehr als ein Autohersteller sein. Das war die Botschaft.
Das Unternehmen will den Klimawandel bekämpfen, nicht nur mit Elektroautos, sondern auch mit nachhaltiger Energie. Was nutzt ein emissionsfrei fahrendes Model 3 oder S, wenn es mit klimaschädlichem Kohlestrom betankt wird?
Daher überrascht der Einstieg von Tesla in den deutschen Strommarkt allenfalls auf den ersten Blick. In Baden-Württemberg und Bayern können Kunden grünen Strom von Tesla beziehen, eine Ausweitung auf ganz Deutschland ist nur eine Frage der Zeit.
Seit fast 15 Jahren steht diese Strategie ausformuliert übrigens auf der Website von Tesla. Mit der Überschrift „Der geheime Tesla Motors Masterplan (das muss aber unter uns bleiben)“ zählte Musk die Schritte der Zukunft auf. Einen elektrischen Sportwagen bauen, dann immer günstigere Modelle anbieten. Der letzte Punkt: Stromerzeugung ohne Emissionen.
Die Weitsicht von Musk ist erstaunlich. Ihm war früher klar als vielen: Der Kampf gegen den Klimawandel wird den Strommarkt umwälzen – weltweit.
Musk übernahm 2016 Solar City, einen von ihm mitgegründeten Hersteller von Solardächern und Stromspeichern. Die Milliarden-Akquisition ist bis heute umstritten, erst vor wenigen Wochen musste sich Musk vor einem amerikanischen Gericht dazu verantworten. Aktionäre hatten geklagt, Musk hätte sich als jeweiliger Großaktionär von Solar City und Tesla illegal Vorteile verschafft.
Der Absatz von Solardächern von Solar City hält sich in der Tat seit der Übernahme in Grenzen. Unumstritten ist aber: Die Übernahme half Tesla, sein grünes Image überzeugender aufzubauen. Das war damals ohne Zweifel weitsichtig. Es ist inzwischen der Markenkern des Unternehmens, das motiviert Mitarbeiter, begeistert Kunden – und auch Investoren.
Die „Marke“ im Energiemarkt
2006 – als Musk erstmals seinen Masterplan veröffentlichte – war Tesla noch ein kleines Start-up, das ums Überleben kämpfte. Heute ist es mit 700 Milliarden Dollar eines der wertvollsten Unternehmen der Welt.
Der Analyst Jed Dorsheimer von Canaccord spricht im Zusammenhang mit Tesla nur noch von „der Marke“. Investoren hoffen auf einen ähnlich großen Erfolg im Milliardenmarkt Energie.
Die Elektrifizierung von CO2-intensiven Prozessen wie Autofahren oder Stahlherstellung wird die Nachfrage nach Strom bis 2050 verdoppeln bis verdreifachen. Der Strom wird sauber sein müssen - daran besteht kein Zweifel.

Grüner Strom wirft aber das Intermittenz-Problem auf: Die Sonne scheint nur tagsüber, der Wind bläst nicht immer. Das Problem lösen Stromspeicher. Das erklärt, warum sich Tesla anders als andere Autohersteller viel stärker und früher in der Batterietechnologie engagierte.
Batterien für Autos und Kommunen
Vordergründig geht es in den Gigafactorys um Lithium-Ionen-Batterien für Teslas Elektroautos. Das dort gewonnene Wissen kann Tesla aber für die Herstellung von Hausspeichern, sogenannten Powerwalls, und von Großspeichern für Unternehmen oder Kommunen, sogenannte Megapacks, verwenden.
Anderes Technologiewissen von Tesla wie Software-Programmierung, Künstliche Intelligenz und Maschinenlernen ermöglicht es nicht nur den Fahrzeugen, optimal die Batterie zu nutzen oder in Zukunft autonom zu fahren. Mit einer Steuerungssoftware wie Autobidder kann Tesla auch die Hausspeicher, Solardächer oder Autobatterien der Kunden zu einem virtuellen Kraftwerk vernetzen.
Die Idee: Der tagsüber preiswert erzeugte Solarstrom wird gespeichert, um ihn zu Tageszeiten mit hohen Strompreisen zu verkaufen. Daher ist bei Tesla auch so oft von der „Eine Million Meilen“-Batterie die Rede: So lange braucht eine Autobatterie eigentlich gar nicht halten, kaum ein Auto fährt so viele Kilometer.
Aber die Autofahrt ist ja auch nicht der einzige Zweck. Die Batterien sollen sich mit möglichst wenig Leistungsverlust über lange Zeit immer wieder auf- und wieder entladen können. Das kann beim Betanken des Fahrzeugs sein oder auch beim Stromverkauf am Abend.
Das Ziel von Musk ist es, die Kunden „energiepositiv“ zu machen: Sie sollen mehr Strom erzeugen als verbrauchen. Es ist ein Versprechen, das noch lange Zeit viele Kunden locken und Investoren überzeugen wird.
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