Kommentar Mercedes verlässt die Formel E zum falschen Zeitpunkt

Mercedes-Benz will im kommenden Jahr aus der elektrischen Rennsportserie aussteigen und sich auf den Umbau der Serienfertigung auf die E-Mobilität konzentrieren.
Mercedes-Benz hat keine Lust mehr auf die elektrische Formel 1. Mit dem Ende der Saison im August kommenden Jahres will der Autobauer aus der „Formel E“ aussteigen. Eine Überraschung ist das nicht. Zuvor hatten sich bereits Audi und BMW aus der Rennserie verabschiedet.
Ein Fehler ist die Entscheidung gleichwohl. Mercedes, Audi, BMW – alle drei wollen den Umbau in Richtung E-Mobilität mit Macht vorantreiben. Da will der Abschied aus der Formel E nicht so recht ins Bild passen, vor allem nicht, wenn man wie Mercedes der Verbrennervariante Formel 1 die Treue hält.
Sicher: Der Ausstieg wird gut begründet. Der radikale Schwenk auf eine reine Elektromarke erfordert jede Menge Aufmerksamkeit, Personaleinsatz und Kapital. Sich deshalb stärker auf dieses Thema fokussieren zu wollen – dagegen ist schwer zu argumentieren. Hinzu kommt: Die Formel E führt ein Schattendasein. Das Publikumsinteresse ist im Vergleich zur Formel 1 überschaubar, das Interesse der Medien auch.
Und doch könnte sich der Ausstieg als ein Fehler erweisen. Auch für die Elektromobilität gilt, was auf den Verbrenner zutrifft: Technologische Errungenschaften aus dem Rennsport sind in die Fertigung straßentauglicher Autos eingeflossen. Zwar werden aus Kostengründen in der Formel E viele Einheitsteile im Antrieb und bei der Batterie verwendet. Doch es gibt hier regelmäßig technologische Fortschritte, von denen alle profitieren und die das Thema E-Mobilität weiter voranbringen.
Hinzu kommt: Sich trotz des bisher vergleichsweise geringen Interesses der Öffentlichkeit klar zum elektrischen Rennsport zu bekennen, wäre ein gutes Signal. Zumal die große Formel 1 bis heute keine wirkliche Antwort auf die Frage gefunden hat, wie die Zukunft aussehen soll. Synthetisches Benzin, weniger Verbrennerleistung, mehr Hybridantriebe – das alles wirkt arg „gebastelt“.
Audi, BMW und Mercedes fehlt das Durchhaltevermögen
Mit ihrer Entscheidung laufen Mercedes, BMW und Audi Gefahr, sich in die Liste jener Unternehmen einzureihen, die just zu dem Zeitpunkt aus einem Zukunftsprojekt ausgestiegen sind, als der Durchbruch nicht mehr fern war. Beispiele dafür gibt es einige, gerade im Bereich E-Mobilität. So hat Siemens die Entwicklung elektrischer Flugzeugmotoren Ende 2019 an Rolls-Royce verkauft. Mit dem geballten Know-how im Rücken setzen die Briten nun an, sich den Zukunftsmarkt für elektrisch betriebene Kleinflugzeuge und Senkrechtstarter zu sichern.
Auch wenn der Elektropionier Tesla als Vorbild mittlerweile arg überstrapaziert ist: In Sachen Durchhaltevermögen können sich die Manager etablierter Unternehmen bei der US-Firma durchaus etwas abschauen.
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