Kommentar Microsofts Dateninitiative ist ein scheinheiliger Vorstoß

Der Konzern hat eine Initiative für Datenoffenheit gestartet.
Es grenzt schon an Ironie, dass ausgerechnet Microsoft vor der Konzentration von vielen unserer Daten bei wenigen Konzernen in den USA und China warnt. Denn es ist ja gerade das US-Softwareunternehmen, das mit seinem Betriebssystem Windows und dem Büropaket Office einen globalen Standard etabliert hat.
Nun präsentiert sich Microsoft als Vorreiter für den transparenten und offenen Austausch von Daten. Das Ziel ist zwar gut – aber der Firma dürfte es um knallharte Wirtschaftsinteressen gehen statt des vorgeschobenen Dienstes für die Allgemeinheit.
Microsoft greift ein wichtiges Problem auf. Zur Lösung von Herausforderungen wie Corona-Pandemie oder Klimawandel kann die Auswertung verfügbarer Daten helfen. Dafür müssen jedoch zunächst die nötigen Informationen zur Verfügung stehen.
In vielen Ländern und Organisationen werden zwar wichtige Daten erhoben, sie werden jedoch nicht sinnvoll zusammengeführt. Ein Austausch kann helfen. Dabei sind spezialisierte Konzerne oder große und technologisch versierte Staaten wie China oder die USA im Vorteil.
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Microsoft spricht von einer Datenkluft. So weit, so richtig. Im nächsten Schritt propagiert das IT-Unternehmen sich selbst als Retter in der Not. Mit einer mehrjährigen Open-Data-Initiative will die Firma zum Vermittler für den Austausch von Daten zwischen Behörden, Organisationen und Unternehmen werden. Dazu sollen in den kommenden zwei Jahren 20 neue Datenpartnerschaften geschlossen werden.
Wettrennen um Daten
An dieser Stelle ist jedoch die große Frage, ob ausgerechnet Microsoft das richtige Unternehmen ist, um dieses Problem zu lösen. Der Firma selbst geht es schließlich darum, Zugang zu möglichst vielen Daten zu bekommen. Sie können helfen, die Algorithmen der Firma zu verbessern. Und sie können das Geschäftsmodell von Microsoft erweitern.
Denn die Wahrheit ist auch, dass Microsoft im globalen Wettrennen um den Zugang zu wertvollen Daten zurückfällt. Windows und Office sind zwar wichtige Programme.
Aber sie helfen vor allem Kunden dabei, deren eigene Daten zu verwalten. Rivalen wie Google und Facebook haben während der vergangenen Jahre über ihre Plattformen jeweils einen eigenen Pool an Daten generiert. Damit sind sie Microsoft voraus.
Unternehmen und Behörden sollten die Debatte über die Datenkluft ernst nehmen. Wer sich jetzt nicht um einen sinnvollen Austausch von Daten kümmert, der kann später an einfachen Lösungen scheitern.
Aber Firmen und Regierungen sollten vorsichtig sein, wenn ein Technologie-Gigant wie Microsoft sich als Retter in der Not generiert. Hier wären unabhängige Lösungen der bessere Weg.
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