Kommentar Mit ihrer lockeren Linie riskiert die Bundesregierung ein „Ischgl 2.0“ am Ballermann

Fluggesellschaften planen zu den Osterferien weitere Flüge aus Deutschland nach Mallorca aufgrund der starken Nachfrage.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat die Verantwortlichen bereits gefunden, die schuld daran sein sollen, dass über Ostern auf Mallorca ein zweites Ischgl mit ungebremsten Corona-Infektionen droht: die Reiseveranstalter, die in den vergangenen Tagen mit Sonderangeboten, Gratis-Stornomöglichkeiten und organisierten Coronatests für Flüge zum Ballermann warben.
Diese Schuldzuweisung ist nicht nur falsch. Sie überrascht auch. Denn war es nicht die – auch von Lauterbach mitgetragene – Bundesregierung selbst, die vor einer Woche entschied, Mallorca und andere Regionen in Spanien, Portugal, Dänemark und die Bahamas von der Liste der Risikogebiete zu streichen? Und die damit den Weg dafür frei machte, dass für die Deutschen der Urlaub auf ihrer Lieblingsinsel wieder ohne anschließende Quarantäne und Testpflicht möglich ist?
Dabei hätte man aus den Fehlern der Vergangenheit lernen können. Die großzügige Öffnung der Insel Mitte Juni 2020 endete für Einheimische und Urlauber schon zwei Monate später in einer Katastrophe: Die Infektionszahlen schnellten dramatisch in die Höhe – und ließen sich nur noch durch einen harten Lockdown unter Kontrolle bringen.
Auch Deutschland erlebte nach der Urlaubssaison einen bis dahin beispiellosen Anstieg der Covid-Infektionen, die sogenannte zweite Welle. Viele Reiserrückkehrer brachten das Virus mit nach Hause.
Mallorca, inzwischen mit einer sehr geringen Inzidenz, hat gelernt. Die balearische Regierung hat strenge Regeln erlassen: Die Hotels, Restaurants und Bars nehmen den Betrieb in der Vorsaison sehr vorsichtig wieder auf, vielerorts gelten Sperrstunden, von Ballermann-Party keine Spur.
Unter Reiseveranstaltern herrscht blanke Not
Andere europäische Länder halten über Ostern an Reisebeschränkungen fest. Die Bundesregierung steht mit ihrer lockeren Linie ziemlich allein da.
Den Reiseveranstaltern nun den Vorwurf zu machen, das auszunutzen, ist grotesk. In den meisten Unternehmen der Branche herrscht blanke Verzweiflung darüber, dass ihnen das Geld bis zum Sommer nicht mehr reichen wird. Selbst bei Großkonzernen wie Tui und FTI türmen sich überbordende Kredite mit Zinssätzen von fast zehn Prozent – und Laufzeiten von nur wenigen Jahren. Dass von ihnen jeder Strohhalm ergriffen wird, um das eigene Geschäft zu retten, dürfte in Berlin niemanden überraschen.
Um das nun am Ballermann erneut drohende Infektionsgeschehen zu verhindern, hätte sich die Bundesregierung allerdings eigene Gedanken im Gesetzgebungsverfahren machen müssen. Denn schon im November kippte das Oberverwaltungsgericht Münster die Einreiseverordnung in Nordrhein-Westfalen.
Eine Zwangsquarantäne sei unangemessen, urteilten die Richter, wenn die Infektionszahlen am Reiseziel niedriger seien als in der Heimat. Nun beweist Berlin einmal mehr in der Corona-Pandemie die eigene Hilflosigkeit.
Mehr: Mallorca ist nicht mehr Risikogebiet – Reiseveranstalter rechnen mit Buchungswelle zu Ostern
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In dem Kommentar werden leider die falschen Schlüsse gezogen.
1. Das RKI hat im Februar veröffentlicht, dass durch die Reiserückkehrer aus den klassischen Urlaubsgebieten wie Spanien, Italien etc. so gut wie keine Neuinfektionen importiert wurden. Anders sieht es aus bei Rückkehrern von Familienbesuchen im wesentlichen aus Osteuropa.
2. Die Regierung der Balearen führt eine Statistik und hat veröffentlicht, das durch den klassischen Tourismus unterproportional viele Infektionen verursacht wurden.
Was soll also das Mallorca-Bashing? Was ist denn hier die wirkliche Intention?