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Kommentar Nach dem Stresstest: Europas Banken brauchen endlich die Bankenunion

Nach dem realen Stresstest der Pandemie und dem virtuellen Stresstest der Aufseher wird es Zeit für mehr Integration in der europäischen Bankenlandschaft.
01.08.2021 - 14:43 Uhr Kommentieren
Beim Stresstest der europäischen Aufseher landeten die deutschen Banken weit hinten. Quelle: dpa
Frankfurter Bankenskyline

Beim Stresstest der europäischen Aufseher landeten die deutschen Banken weit hinten.

(Foto: dpa)

Die Katastrophe ist ausgeblieben – sowohl in der Praxis als auch in der Theorie. Europas Banken sind bislang deutlich besser als befürchtet durch die Pandemie gekommen, und auch der gerade abgeschlossene Stresstest der Aufseher zeigt, dass das europäische Finanzsystem im Großen und Ganzen stabil ist.

Aber Stabilität ist nur die Mindestanforderung, noch schöner wäre ein erfolgreiches Finanzsystem, ein Finanzsystem, das Europa hilft, sein Wachstumspotenzial auszuschöpfen. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg. Die alles in allem ziemlich ansprechenden Ergebnisse vieler europäischer Großbanken im ersten Halbjahr zeigen, dass die Branche zwar Fortschritte macht – aber noch geht es eher im Tempo der Kontinentaldrift voran.

Natürlich können die Banken weiter eine Sparrunde nach der anderen einleiten und nebenbei noch versuchen, digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln, aber wenn sich am Status quo in der EU nichts ändert, werden die europäischen Geldhäuser immer weiter hinter die Konkurrenz aus den USA und Asien zurückfallen.

Die Gleichung ist simpel: Ohne die Vollendung von Banken- und Kapitalmarktunion wird Europa, wenn es um die Finanzierung von Innovationen und jungen, wachstumsstarken Unternehmen geht, niemals zu den führenden Regionen in der Welt aufschließen können. Der mit so viel Hoffnung gestartete Green Deal der EU wird nicht funktionieren, weil es nicht gelingen wird, genügend privates Kapital für den Umbau hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu mobilisieren

Seit Jahren bastelt die EU an der Vollendung von Banken- und Kapitalmarktunion herum – weitgehend vergeblich. Euro-Gruppen-Chef Paschal Donohoe hatte das Thema im vergangenen Jahr ganz oben auf seine Agenda gesetzt. Doch im Juni musste er den europäischen Staats- und Regierungschefs beim Euro-Gipfel berichten, dass sich die Finanzminister trotz all seiner Mühen nicht auf einen neuen, detaillierten Fahrplan in Richtung Bankenunion hatten einigen können. Bis Dezember will er nun einen neuen Anlauf nehmen – Sisyphos lässt grüßen.

Alter Nord-Süd-Streit in Europa

Theoretisch ist den meisten Politikern und Bankern klar, dass Europa endlich einen echten Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen braucht. In der Praxis scheitert jeder Vorstoß in diese Richtung am endlosen Streit um Einlagensicherung, Staatsanleihen und Krisenmanagement.

Im Kern geht es bei diesem Streit um die Angst, dass solide Sparer und Steuerzahler aus den Nordländern für marode Banken aus dem Süden der EU haften müssen. Diese gerade auch in Deutschland verbreitete Sorge ist nach den heftigen Verwerfungen von Finanz- und Schuldenkrise verständlich und zumindest teilweise noch immer berechtigt. Allerdings haben die Südländer in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte gemacht, und man könnte ketzerisch auch anmerken, dass das deutsche Bankensystem selbst nicht das robusteste in der EU ist.

Für diese Erkenntnis reicht ein Blick auf die Ergebnisse des aktuellen Stresstests, bei dem Deutschland auf Rang 13 landete, knapp hinter Spanien und knapp vor Italien. Die Commerzbank befindet sich noch immer in einem eher bedauernswerten Zustand, und die Deutsche Bank macht zwar beeindruckende Fortschritte, schrammte aber 2016 haarscharf an einer existenzbedrohenden Krise vorbei.

Egal, wie man den Streit um den Binnenmarkt für Finanzservices bewertet, an einer Erkenntnis führt kein Weg vorbei: Mit einer halben Bankenunion und einer viertel Kapitalmarktunion wird die EU auf Dauer nicht leben können. Unfertige Gebäude sind nicht stabil, entweder sie werden vollendet, oder sie fangen an zu bröckeln und verkommen zu Ruinen.

Immer mehr Banken ziehen sich aus anderen europäischen Ländern zurück

Diese Erosion lässt sich bereits beobachten. Eigentlich gehören zu einer Währungsunion auch paneuropäische Banken. Aber der Trend geht in die andere Richtung: Etliche Banken haben in den vergangenen Jahren ihre Präsenz in anderen europäischen Märkten zurückgefahren. Immer mehr Geldhäuser konzentrieren sich auf bestimmte Länder oder Produktlinien. Insgesamt ist das Konzept der paneuropäischen Bank auf dem Rückzug statt auf dem Vormarsch.

Die Erträge der europäischen Banken sind in den vergangenen zehn Jahren um ungefähr 15 Prozent geschrumpft, in Sachen Profitabilität hinken sie der US-Konkurrenz deutlich hinterher. Dieser Trend wird sich weiter beschleunigen, wenn sich in Sachen Bankenunion nichts tut. In einer Weltwirtschaft, in der der Protektionismus längst wieder zum Alltag gehört, braucht Europa starke eigene Banken – und die wird es ohne einen voll integrierten Finanzmarkt kaum geben.

Mehr: EZB-Vize zu Stresstest-Ergebnissen: „Europas Banken sind robust“ – Höhepunkt der Inflation kommt erst noch

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