Kommentar: Nach dem Wahlergebnis in Hongkong muss die Regierung Zugeständnisse machen

Anhänger der pro-demokratischen feiern den Sieg bei den Bezirksratswahlen.
Es ist genau das, was sich die Protestbewegung gewünscht hat. Die Hongkonger haben sich am Sonntag mit großer Mehrheit auf die Seite des demokratischen Lagers geschlagen. Das Wahlergebnis ist ein deutliches Signal gegen die derzeitige Regierung und deren Vorgehen bei den Protesten in der Millionenmetropole. Und es ist ein Votum für die Bewegung selbst.
Die Eindeutigkeit, mit der die Menschen die Demokraten unterstützt haben, ist bemerkenswert. Schließlich mussten die Einwohner der Millionenmetropole in den vergangenen fünf Monaten aufgrund der heftigen Zusammenstöße zwischen Polizei und Protestierenden und dem gezielten Vandalismus einiger Demonstranten immer stärkere Einschränkungen im Alltag verschmerzen.
Menschen kamen nicht zur Arbeit oder nach Feierabend nach Hause, weil Bahnen nicht fuhren. Hochzeiten wurden wegen der unsicheren Situation abgesagt, zahlreiche Kleinunternehmen mussten bereits schließen, weil die Kundschaft aus China wegblieb. Hinzu kommt, dass den friedliebenden Menschen in Hongkong die zunehmende Gewalt eigentlich zutiefst zuwider ist.
Doch trotz alledem halten sie zu dem, wofür die Protestbewegung steht: Mehr Demokratie, freie Wahlen und eine Eindämmung des Einflusses aus Peking. Schon zuvor hatten Umfragen gezeigt, dass die Mehrheit der Hongkonger die Schuld für die Eskalation der Gewalt bei der Polizei und nicht bei den Demonstranten sehen.
Das Ergebnis setzt die ohnehin schon umstrittene Hongkonger Regierung zusätzlich unter Druck. Sie kann nun nicht mehr behaupten, dass nur die Gruppe der Protestierenden selbst unzufrieden ist. Am Sonntag gingen so viele Menschen wie noch nie in Hongkong zu einer Wahl. Das zeigt, wie viele Menschen das Thema bewegt und wie breit die Unzufriedenheit über die Hongkonger Regierung ist.
Ein Nachgeben Pekings ist nicht wahrscheinlich
Regierungschefin Carrie Lam muss nun Zugeständnisse gegenüber den Protestierenden machen. Wenn Peking schlau ist, und aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat, gibt sie ihr den Spielraum, um auf die Forderungen der Demonstranten einzugehen. Ein erster Schritt wäre der Einsatz einer unabhängigen Kommission, die das Vorgehen der Polizei bei den Protesten untersucht.
Wahrscheinlich ist ein Nachgeben von Peking jedoch nicht. Die Spitze der Kommunistischen Partei ist paralysiert von der Angst, dass die Demokratiegedanken auch auf das Festland überschwappen könnten. Dass auch dort die Menschen mehr Rechte einfordern könnten. Für Xi Jinping, der das Land und seine Menschen immer stärker kontrollieren will, wäre das ein Albtraum.
Auch die Forderungen der Protestierenden nach freien Wahlen sind mit dem Prinzip von „Ein Land, Zwei Systeme“, wie Xi es interpretiert, unvereinbar. Xi will die Kontrolle über die Hongkonger Regierung behalten. Wenn diese in freien Wahlen von allen Hongkonger gewählt werden würde, würde sein Einfluss jedoch erheblich eingeschränkt.
Eines ist klar: Die Protestbewegung wird sich von dem Wahlergebnis gestärkt fühlen. Wenn die Hongkonger Regierung nicht auf ihre Forderungen eingeht, werden sie wieder zu Tausendend auf die Straßen gehen. Möglicherweise auch mit Gewalt.
Mehr: Hongkong-Aktivist Joshua Wong: „Wir haben kein Vertrauen mehr in dieses Regime“.





