Kommentar Nach der Fusion mit Deutsche Wohnen wachsen für Vonovia auch die Probleme

In der Nacht zum Dienstag lief die erste Angebotsfrist für die milliardenschwere Offerte an die Aktionäre des Berliner Immobilienkonzerns ab.
„Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“, heißt eine alte Fußballerweisheit von Sepp Herberger. Es ist ein Spruch, den sich auch Vonovia-Boss Rolf Buch und sein neuer Kompagnon Michael Zahn zu Herzen nehmen können. In der Nacht zum Dienstag ist die Angebotsfrist für die Deutsche Wohnen abgelaufen, die größte Transaktion am deutschen Immobilienmarkt ist damit besiegelt – auch wenn die exakten Zahlen erst Donnerstag präsentiert werden.
Doch zum Aufatmen gibt es für die Manager kaum Anlass. Der neue Konzern ist ein Gigant. Das vergrößert die Probleme, die sich vor dem bald mit Abstand größten Immobilienkonzern Europas auftürmen. Zweifelslos ist das Erringen der Mehrheit der Anteile an der Deutschen Wohnen ein wichtiger Wachstumsschritt. Doch allzu ausgelassen wird die Hochzeit in Bochum vermutlich nicht gefeiert: Es spricht viel dafür, dass schon der Honeymoon der beiden Dax-Konzerne nicht ungetrübt sein wird.
Denn der Gegenwind für die Konzerne wird größer. Dass in Berlin eine Initiative unter dem klangvollen Namen „Enteignet Deutsche Wohnen & Co.“ locker die nötige Stimmenzahl zusammenbekommen hat, sollte in den Konzernzentralen die Alarmglocken klingeln lassen. Es zeigt, wie aufgeheizt die Stimmung in Teilen der Republik ist – und wie groß der gesellschaftliche Stress inzwischen ist, der von den durch die Decke gehenden Immobilienpreisen ausgelöst wird.
Auch auf große Rückendeckung aus der Politik sollte der neue Riese nicht hoffen. Die kommende Bundesregierung weiß, dass Deutschland eine Mieternation ist. Buch kann sich deshalb an vier Fingern abzählen, dass er sich in den kommenden Jahren auf mehr Regulierung einstellen muss.
Aber der Konzern gerät noch aus einem anderen Grund unter Druck: Die Kosten des Klimaschutzes werden auch die Immobilienwirtschaft treffen. Die Konzerne brauchen, wenn sie die richtigen Weichen bis 2030 stellen wollen, eher heute als morgen Klarheit über die Rahmenbedingungen. Vor allem ist die Frage noch nicht abschließend beantwortet, auf welchen Schultern die milliardenschweren Belastungen für die energetische Sanierung der Gebäude in den nächsten Jahren ruhen werden.
Wie im Klassiker „Gullivers Reisen“ droht der Riese bald gefesselt am Strand Liliputs zu liegen. Wer denkt, der Gigant könnte rasch Tempo am streng regulierten Wohnungsmarkt aufnehmen, sollte vorsichtig sein: Für die Investoren könnten die nächsten Monate noch ungemütlich werden.
Mehr: Enteignung von Wohnkonzernen: Wie Juristen die Chancen beurteilen
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.