Kommentar Nicht nur Räume, auch Fachkräfte: Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung reicht nicht

Es reiche nicht, dass Bund und Länder nun Milliarden in Räume, Ausstattung und Betriebskosten stecken.
Gerade hat die Coronakrise brachial vor Augen geführt, wie wichtig gute Kinderbetreuungsangebote sind. Wenn das System nicht funktioniert, werden Benachteiligungen vor allem für Kinder aus bildungsfernen Familien oder aus Familien mit Migrationshintergrund umso offenkundiger. Ebenso dass Eltern bei der Erwerbstätigkeit straucheln.
Dabei sind Chancengleichheit im Bildungssystem und eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch jenseits von Pandemiezeiten in Deutschland alles andere als gesichert. In vielen Ecken der Republik stehen Schüler schon am frühen Mittag wieder vor der Wohnungstür. Ergänzende Förderung und Betreuung, vielleicht sogar ein Mittagessen – das hängt dann ganz vom Elternhaus ab. Dass beide Elternteile arbeiten gehen, wird kompliziert.
Insofern ist es ein wichtiger Schritt, dass Bund und Länder nach langem Streit über die Finanzierung nun doch noch einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen ab dem Jahr 2026 beschlossen haben. Dann soll jedes Kind in den ersten vier Schuljahren Anspruch auf acht Stunden Betreuung pro Tag bekommen.
Dafür müssen aber nicht nur Hunderttausende neue Plätze geschaffen werden. Nötig ist vor allem eine Fachkräfte-Offensive. Denn nur, wenn ausreichend Erzieher, Unterrichtshilfen, Betreuer, Sozialarbeiter oder Sprachlernassistenten für das außerschulische Angebot bereitstehen, können Kinder auch wirklich gefördert und nicht nur beaufsichtigt werden.
Allein für die Kitas werden laut Prognosen auf dem bundesweiten Arbeitsmarkt bis 2030 mehr als 230.000 Erzieher fehlen. Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder verschärft den Personalmangel nun drastisch.
Nachwuchskräfte notwendig
Es reicht also nicht, dass Bund und Länder nun Milliarden in Räume, Ausstattung und Betriebskosten stecken. Es gilt, mehr Nachwuchskräfte für die erzieherischen Berufe zu gewinnen. Hier ist überfällig, endlich das Schulgeld für die Ausbildung abzuschaffen und für eine gute Ausbildungsvergütung zu sorgen. Es ist doch absurd, dass junge Leute sich fragen müssen, ob es für sie finanziell überhaupt möglich ist, pädagogische Fachkraft zu werden.
Quereinsteiger für den Hort können den Fachkräftemangel ebenfalls mildern. Allerdings müssen sie umfassend qualifiziert werden. Der Rechtsanspruch darf nicht zum Qualitätsdebakel bei der Ganztagsbetreuung führen.

Daten zeigen, dass jeder Vierte den Erzieher-Job innerhalb der ersten fünf Jahre gleich wieder an den Nagel hängt.
Schließlich müssen die Verdienstmöglichkeiten und die Arbeitsbedingungen für die Fachkräfte deutlich attraktiver werden. Denn Daten zeigen, dass jeder Vierte den Erzieherjob innerhalb der ersten fünf Jahre gleich wieder an den Nagel hängt.
Mehr: Haushaltsnahe Dienstleistungen: Was die Parteien nach der Wahl steuerlich planen
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
Ich bin froh, dass es nun eine gesetzliche Grundlage für die Ganztagsbetreuung in den Grundschulen bis zur 4. Klasse gibt!
Recht haben Sie, Frau Anger: Diesen Beruf wählen junge Leute aus Liebe. Und statt einer Vergütung zur erhalten (wie z.B. angehende Bankkaufleute von rund 1.000 €) müssen sie ihre Ausbildung immer noch selbst bezahlen.
Erziehung sollte eine Ausbildungsberuf werden, in dem die Jugendlichen ebenso wie in anderen Ausbildungsberufen neben der Berufsschule im praktischen Einsatz sind und dabei verschiedene Schwerpunkte kennenlernen; angefangen bei der Früherziehung über Grundschule bis hin zur Arbeit mit kranken oder dauerhaft eingeschränkten Kindern unterschiedlichen Alters.
Den Auisbildungsvertrag "Erzieher" sollte jede Gemeinde oder Stadt in Deutschland anbieten können, wo es Hort, KiTa, Krankenhaus .... und/oder fortschrittliche Unternehmen gibt, die für ihre Mitarbeitern die Kinderbetreuung selbst anbieten.
Den Berufsschulzweig für die angehenden Erzieher einzurichten, sollte doch in jedem Landkreis möglich sein.