Kommentar – Pro: EZB-Chefin Schnabel? Ihre Stärke liegt in ihrer Kompetenz als Ökonomin


Es gehört Mut dazu, sich für einen der einflussreichsten Posten Europas zu bewerben – und Isabel Schnabel scheut ihn nicht. Unverblümt gibt sie zu, dass sie sich für die Nachfolge von Christine Lagarde als Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) interessiert. Als bisheriges Mitglied des EZB-Direktoriums spricht sie klar und direkt – und genau das macht sie glaubwürdig.
Anders als Christine Lagarde, die über langjährige politische Erfahrung und exzellente Vernetzung verfügt, liegt Isabel Schnabels Stärke vor allem in ihrer Kompetenz als Ökonomin. Dass genau das auch in politisch geprägten Diskussionen ein wertvolles Pfund sein kann, hat bereits Lagardes Vorgänger Mario Draghi gezeigt – bis heute gilt er als intellektuelles Schwergewicht im Euro-Raum. Und Schnabel hat, nicht zuletzt bedingt durch ihre frühere Karriere an der Uni Bonn, gelernt, trockene und komplizierte geldpolitische Themen verständlich auch für die Öffentlichkeit aufzubereiten.
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Schnabel wäre eine starke Kandidatin für die EZB-Spitze – gerade auch aus deutscher Sicht. Sie hat sich immer wieder als Vordenkerin der EZB profiliert und klare Perspektiven aufgezeigt, wo andere eher in der Deckung geblieben sind. Damit hatte sie einen nicht zu unterschätzenden Anteil daran, dass die EZB die durch die Corona-Krise ausgelöste Inflation deutlich besser bewältigt hat als etwa die US-Notenbank Fed und die Bank of England.
Ein wichtiger Punkt auch: Die Interessen im Euro-Raum gehen auseinander. Deutschland ist nach wie vor finanziell relativ stabil aufgestellt, und die Skepsis gegenüber einer EZB, die im Notfall einzelnen Ländern unter die Arme greift – natürlich immer aus geldpolitischer Sicht –, bleibt groß.






Andere Länder, etwa Italien und zunehmend auch Frankreich, dürften eine flexiblere EZB-Politik hingegen begrüßen. Eine deutsche EZB-Chefin stünde daher vor einem Balanceakt: Entweder zu starr an einer „deutschen“ Linie festhalten und sich isolieren – oder sich zu sehr den Trends und Mehrheiten im EZB-Rat anpassen. Beides wäre falsch.
Schnabel wird diesen Fehler nicht machen. Sie hat gezeigt, dass sie für geldpolitische Stabilität steht, gleichzeitig aber auch die Interessen anderer Länder versteht. Beides ist entscheidend – nicht nur aus geldpolitischer Sicht, sondern vor allem, um den Euro-Raum und damit Europa zusammenzuhalten. Angesichts der schwierigen geopolitischen Lage ist das wichtiger denn je.
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