Kommentar Projekt „Silbersee“: Ungewollte Hilfe für Frankreichs Unternehmen

Die Firmen haben andere Sorgen als den Schutz vor aktivistischen Investoren.
Organisierte Kriminalität pflegt seinen Opfern Schutzgeld abzupressen. Die zahlen unfreiwillig, um unbehelligt zu bleiben. Der französische Staat dagegen verhält sich wie die Anti-Mafia: Er drängt den Großunternehmen des Landes Schutzgeld auf. Doch willkommen ist auch das nicht bei den Empfängern.
Mit einem neuen Fonds namens „Lac d‘argent“ (Silbersee) will Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire Kapitalbeteiligungen finanzieren und so einige der größten börsennotierten Gesellschaften des Landes vor den Angriffen sogenannter aktivistischer Investoren bewahren. Die analysieren in aller Stille die Schwächen von Zielgesellschaften, bauen kleine Beteiligungen auf und schnellen dann wie das Krokodil aus dem Brackwasser vor. Auf ultimative Weise verlangen sie Änderungen an der Geschäftspolitik, destabilisieren das Führungspersonal manchmal auch sehr persönlich, bestehen auf hohen Ausschüttungen und hinterlassen manchmal verbrannte Erde.
Das Problem ist bekannt, in Frankreich, Deutschland, weltweit. Viele Großunternehmen wollen auch beschützt werden, aber nicht durch staatliche Beteiligungen an ihrem Aktienkapital. Auch die Gefahr, die der Staat in Form von aktivistischen Investoren ausmacht, sehen sie etwas anders.
Die Grenze zu aktiven Investoren, die zu Recht eine falsche Strategie oder ein selbstherrliches Management kritisieren, ist fließend. Manchmal hätte man sich mehr Aktivisten gewünscht: Wie tief schliefen die staatlichen Aufpasser, als Carlos Ghosn sich bei Renault umtrieb?
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Der Schutz, den die Großunternehmen in Frankreich wie in Deutschland verlangen, ist ganz anderer Art. Sie fordern eine bessere Regulierung, die es zum Beispiel ermöglicht, schneller über das heimliche Aufbauen von Beteiligungen informiert zu sein. Die Schwellen, ab denen ein Investor sein Visier öffnen muss, sollten abgesenkt werden.
Auch müssen die Investoren gezwungen werden, ihre Absichten und Ziele offenzulegen. Das attackierte Unternehmen unterliegt viel schärferen Auflagen als ein Aktivist. Der muss nicht einmal immer die Herkunft seiner Behauptungen, eigene Interessen oder Interessenkonflikte öffentlich machen.
Le Maire wie seinem deutschen Kollegen Peter Altmaier wird niemand den guten Willen absprechen. Sie fürchten, dass in heiklen Momenten, etwa einer Börsenschwäche, wichtige Unternehmen von Aktivisten sturmreif geschossen werden und letzten Endes verschwinden oder in die Hände dubioser Eigner gelangen. In beiden Fällen hätten langfristige Anleger und alle Stakeholder den Schaden. Doch das Mittel Staatsbeteiligung, das den Ministern vorschwebt, ist einfach nicht geeignet, die Gefahr zu bannen.
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