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  4. Grüne und FDP: Christian Lindner und Robert Habeck haken sich bereits unter, auch um in der Finanzpolitik eine Lösung zu finden.

KommentarRobert Habeck und Christian Lindner – Das neue Traumpaar der Politik

Die SPD-Linke spricht mit Blick auf die FDP immer noch von einer „Voodoo-Ökonomie“. Doch die Chefs von FDP und Grünen sind längst dabei, Brücken zu schlagen.Thomas Sigmund 29.09.2021 - 11:07 Uhr Artikel anhören

Das neue Traumpaar der Berliner Politik? Die Chefs von Grünen und FDP

Foto: Handelsblatt

Christian Lindner hat aus dem Trauma der Jamaika-Verhandlungen 2017 seine Schlüsse gezogen. Damals sah sich der FDP-Chef einer grün-schwarzen Phalanx gegenüber, die den Liberalen die Bedingungen diktieren wollte. Das Ergebnis ist bekannt.

Jetzt versucht Lindner, sich mit Grünen-Chef Robert Habeck unterzuhaken, bevor er in die Gespräche mit der SPD und eventuell der Union geht. Falls diese bis dahin noch in der Lage dazu sein sollte.

Wenn es gut läuft, könnte aus Lindner und Habeck das neue Traumpaar in der deutschen Politik werden. Nicht zuletzt aus einem ganz egoistischen Grund: Ein Scheitern können sich beide nicht erlauben.

Sie sind zum Erfolg verdammt, schon allein weil sonst die nächste Große Koalition droht. Vielleicht auch deshalb entspannte sich bereits vor dem Wahlabend das nicht immer einfache Verhältnis der beiden.

Seit dem 26. September nun bauen Lindner und Habeck kontinuierlich ihre Vertrauensbasis aus. Vertrauen ist in der Politik die harte Währung – die Partner müssen sich in schwierigen Situationen aufeinander verlassen können. 

Das mögen für Lindner und Habeck gangbare Schritte sein, ihre Parteien hingegen müssen über gewaltige Gräben springen, die sich in der Vergangenheit aufgetan haben. FDP und Grüne waren immer Konkurrenten um die bürgerliche Klientel.

Die Liberalen schreckten die vielen Verbotsforderungen der Grünen ab. Die Ökopartei sah in der FDP die marktradikale Ellenbogenpartei. Beide streiten sich über das Ende des Verbrennungsmotors, das Verbot von Kurzstreckenflügen und ein Tempolimit. Das sind große Symbolthemen.

Theorie trifft auf Praxis in der Finanzpolitik

In der Finanzpolitik gibt es auf den ersten Blick auch erhebliche Differenzen. Die Grünen wollen einen höheren Spitzensteuersatz und die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Zudem soll die Schuldenbremse aufgeweicht werden.

Die FDP will in allen drei Punkten das Gegenteil. Wie soll das zusammenkommen? Erste Auflockerungsübungen bei den Grünen gibt es bereits. Der grüne Finanzminister aus dem Superrealo-Land Baden-Württemberg sieht die Vermögensteuer sehr kritisch. Er will sich nicht mit den vielen Mittelständlern im Ländle anlegen. Theorie trifft auf Praxis.

Bei der Schuldenbremse kann Lindner gelassen sein. Die für eine Änderung des Grundgesetzes notwendige Zweidrittelmehrheit ist im neuen Deutschen Bundestag nicht in Sicht. Im Bundesrat übrigens auch nicht.

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Dann bleibt nur noch die Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Hier könnten beide auf ihre Maximalforderungen verzichten – und alles bleibt so, wie es heute ist. Ganz nach dem alten Ökonomen-Motto: „Alte Steuer, gute Steuer. Neue Steuer, schlechte Steuer.“

Die Wirtschaftsexperten meinen damit, dass die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen sich in bestehenden Systemen auskennen. Wird etwas geändert, muss jeder Zeit und Ressourcen aufwenden, um seine Steuerlast zu optimieren. 

Bei der kompletten Abschaffung des Solis dürfte Christian Lindner das Bundesverfassungsgericht auf seiner Seite haben. Der eklatante Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz ist offensichtlich: Zwei gleiche Sachverhalte werden unterschiedlich behandelt. Der Handwerksbetrieb mit 110.000 Euro Gewinn muss den Soli komplett zahlen. Der Handwerker mit 70.000 Euro Gewinn ist vom Soli befreit. Das ist nicht nachzuvollziehen. 

Kühnert und Walter-Borjans mit ganz kleinem Karo

Während die Grünen steuerpolitisch Entspannungssignale senden, hat SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz seine Linken nicht im Griff. Ex-Juso-Chef Kevin Kühnert breitete am Montag noch mal länglich seine Ideen zur Vermögensteuer aus. So als ob ein rot-rot-grünes Bündnis immer noch möglich wäre. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans unterstellte den Liberalen eine „Voodoo-Ökonomie“.

Freundliche Signale für eine Kooperation sind das nicht. Die Älteren in der FDP erinnern sich noch mit Grausen an die Sondierungen in Berlin zwischen Klaus Wowereit und dem ehemaligen FDP-Bundeswirtschaftsminister Günther Rexrodt.

Mit einer absurden Forderung nach einer Sportbootsteuer torpedierte Wowereit seinerzeit die Sondierungsgespräche. Walter-Borjans und Kühnert befinden sich auf dem Niveau der Sportbootsteuer. Im Unterschied zu Scholz konnte Wowereit aber ein Linksbündnis eingehen. Realistischerweise kann Scholz nur in einer Ampelkoalition Kanzler werden. 

Verwandte Themen FDP Christian Lindner Robert Habeck SPD Olaf Scholz Norbert Walter-Borjans

Identität der Regierung

Rhetorisch baut im Moment Robert Habeck die Brücken zur FDP. Der Grünen-Chef sagt, es sei nicht nur Rot-Grün und ein bisschen Gelbes dazugekleckst. Sondern es sei ein Bündnis mit einer eigenen Logik. Man weiß nicht genau, was der Philosoph damit konkret meint. Aber das Signal lautet: Grün und Gelb sorgen in egal welcher Konstellation für eine eigene Identität der Regierung. Die braucht einen Kitt, der sie zusammenhält. 

Mehr: Grüne und FDP loten Schnittmengen aus

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