Kommentar Rumäniens politische Schieflage wird zum Problem für die EU

Das Land soll turnusmäßig die nächste EU-Ratspräsidentschaft übernehmen.
Ausgerechnet kurz vor der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft steckt Rumänien in eine Regierungskrise. Der Europa-Minister der sozialdemokratisch-liberalen Regierung in Bukarest, Victor Negrescu, hatte kürzlich entnervt das Handtuch geworfen. Am Mittwoch wurde sein Nachfolger, der 52-jährige Diplomat George Ciamba, ernannt – nur sechs Wochen vor der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft.
Das sich schnell drehende Ministerkarussell ist ein Beispiel dafür, wie das seit 2007 zur EU gehörende Land im politischen Chaos versinkt. Die Regierung in Bukarest zeichnet sich bislang durch Intransparenz und Inkompetenz aus. Die Premierministerin Viorica Dăncilă gilt als willige Marionette des sozialdemokratischen Parteichefs Liviu Dragnea.
Der vorbestrafte starke Mann Rumäniens darf das Amt des Ministerpräsidenten nicht selbst übernehmen. Die EU-Kommission und das Europäische Parlament schlagen wegen der fehlenden Rechtssicherheit, der grassierenden Korruption und der mangelnden Pressefreiheit bereits Alarm. Allmählich begreift auch Brüssel: Dragnea ist mindestens so gefährlich wie Viktor Orbán in Ungarn oder Jarosław Kaczyński in Polen.
Der 56-Jährige höhlt systematisch die demokratische Grundordnung aus. Die Schwächung der unabhängigen Justiz und der Antikorruptionsbehörde ist dafür ein Beleg. Dem Land droht daher zu Recht ein Verfahren wegen rechtsstaatlicher Verstöße nach Artikel 7 des EU-Vertrags. Die Schieflage im größten Land Südosteuropas kommt für Europa zur Unzeit.
Denn mit dem Brexit und der Italienkrise steht die EU vor riesigen Problemen. Wie Rumänien diese managen will, ist derzeit völlig unklar. Angesichts der politischen Schieflage wäre die Regierung des Landes gut beraten, auf die Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft freiwillig zu verzichten. Denn Europa kann sich einen Totalausfall in der EU-Präsidentschaft angesichts der gewaltigen Herausforderungen nicht leisten.
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