Kommentar: Russlands Allmachtsfantasien zerstören die Beziehungen zum Westen

Wladimir Putin gibt gern den starken Mann. Mit seinen Allmachtsfantasien zerstört er das Verhältnis zum Westen.
Es gebe inzwischen „keine Beziehungen zur EU“ mehr, sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag ausgerechnet auf einer Pressekonferenz neben seinem chinesischen Amtskollegen. Die Schuld gab der Chefdiplomat des großen Landes natürlich der EU. Sie habe „mit einseitigem Handeln“ das Verhältnis zu Moskau zerstört.
Eine klassische „Haltet den Dieb“-Haltung legt Lawrow damit an den Tag. Denn fernab der Frage, ob westliche Sanktionen im Detail immer richtig austariert waren – sie waren immer eine Antwort auf Moskauer Missetaten, kein offensives Agieren. Vielmehr ist es ein neuer Kreml-Kurs, sich vom Westen zu entkoppeln und sich auf diese Weise abzuschirmen.
Spätestens seit die EU, die USA und andere westliche Staaten nach der Krim-Annexion 2014 Sanktionen gegen Moskau verhängt hatten, wusste Russlands Präsident Wladimir Putin, dass er nicht ungestraft seine Expansionsgelüste weitertreiben kann. Das völkerrechtswidrige Aneignen der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel war der Versuch, rote Linien zu Russlands Gunsten zu verschieben. Der Westen aber setzte ein klares Zeichen dagegen.
Seither weiß Putin, dass seine Politik der schleichenden Rückeingemeindung früherer Sowjetrepubliken auf Widerstand im Westen stößt – und seither werden die Beziehungen systematisch torpediert. Twitter und Facebook sollen aus dem russischen Internet verbannt, Microsoft-Programme von Computern russischer Behörden und Firmen gelöscht, Handel in Dollar gestoppt und ein Zahlungsabwickler mit China aufgebaut werden – statt weiter auf das westliche Swift-System zu setzen.
Diese Entkoppelung hat ein Ziel und einen Preis. Das Ziel: Putin will mit aller Macht noch sehr lange an der Macht bleiben und dazu bei Bedarf Opposition brutal unterdrücken. Westliche Sanktionen sollen in diesem Fall durch das Abnabeln möglichst wenig zu spüren sein.
China als Ersatzpartner



Stattdessen wird der Schulterschluss mit China und anderen autoritären Staaten gesucht. Mit ihnen sollen Zahlungssysteme, Handelsketten und Kooperationen aufgebaut werden. China kann tatsächlich inzwischen vieles von dem liefern, was bisher noch aus dem Westen kommt. Und russisches Öl, Kohle und Holz wird in China ebenso gebraucht wie in Europa.
Also eine klassische Win-win-Situation? Mitnichten, denn der Preis dafür ist hoch: Im Vergleich zu China ist Russland dann nur noch der kleine Bruder. Allerdings verlieren auch westliche Unternehmen einen lukrativen Markt im Osten. Noch ist Zeit für eine neuerliche Kurskorrektur, Gospodin (Herr) Putin!
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