Kommentar Ryanair sollte sich nach dem Tarif-Kompromiss nicht zu früh freuen

Keine Entspannung: Auch wenn die Tarifabschlüsse nicht so weh tun, haben die Gewerkschaften jetzt einen Fuß in der Tür und werden bald mehr fordern.
Viele hatten es nicht für möglich gehalten. Doch der auf Krawall gebürstete Ryanair-Chef Michael O’Leary hat sich mit den ersten Arbeitnehmer-Vertretungen auf einen Tarifvertrag geeinigt. Das sogar überraschend schnell. Nur rund acht Monate nachdem sich der Gewerkschafts-Hasser überhaupt zu Verhandlungen bereit erklärt hat, werden nun in Italien und Irland die ersten Kompromisse in Papierform gegossen.
Ausgehandelt hat die Tarifabschlüsse zwar Chief Operating Officer Peter Bellew. Aber sie dürften O’Leary gut ins Konzept passen. Denn zum einen erhöht die Einigung in Italien und Irland den Druck auf die anderen nationalen Gewerkschaften, auch bald eine Lösung zu finden. Zum anderen legt Ryanair mit zwei nationalen Tarifabschlüssen jenen Gewerkschaften Steine in den Weg, die am liebsten länderübergreifende Eckpunkte für Tarifverträge vereinbaren würden.
Nicht ohne Grund weist die European Cockpit Association (ECA) in einer aktuellen Erklärung darauf hin, dass die Abschlüsse erst der Anfang und nicht das Ende seien und man doch bitte nicht zu früh „hurra“ rufen sollte.
Einmal mehr beweisen O’Leary und sein Team, dass sie gewiefte Taktierer sind. Sie packen Gewerkschaften an ihrer schwächsten Stelle: Es gibt arbeitsrechtlich keine europaweiten Tarifabschlüsse, die können nur national geschlossen werden.
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Auf die Gewerkschaften wartet nun harte Überzeugungsarbeit, vor allem, wenn es darum geht, übergeordnete Ziele wie transparente Aufstiegsregeln für das fliegende Personal oder die Abschaffung der Beschäftigung von Piloten über eine Ich-AG zu erreichen. Viele Ryanair-Piloten werden vorerst schon mit kleineren Verbesserungen etwa auf der Gehaltsseite zufrieden sein.
Doch Ryanair sollte sich nicht zu früh freuen. Mit den ersten Abschlüssen ist nun klar: Die Gewerkschaften haben bei der Billig-Airline einen Fuß in der Tür. Und das werden sie in Zukunft nutzen, um mehr zu fordern.
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