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  4. Scholz' europäische Arbeitslosenversicherung wird nicht aufgehen

KommentarScholz' Pläne zeigen, wie weit sich die SPD von ihrer Kernwählerschaft entfernt hat

Der Bundesfinanzminister gilt eigentlich als Mann der soliden Finanzen. Doch mit der europäischen Arbeitslosenversicherung betritt er erneut linkes Terrain.Thomas Sigmund 17.10.2018 - 06:20 Uhr Artikel anhören

Bis heute hat der Bundesfinanzminister nicht verraten, wie er die neuen Garantien für das Rentenniveau bezahlen will.

Foto: dpa

Der Bundesfinanzminister ist eigentlich ein ökonomisch vernünftiger Mensch. Selbst die Politik der Schwarzen Null seines Vorgängers Wolfgang Schäuble setzt Olaf Scholz relativ solide fort. Auch in seiner Zeit als Erster Bürgermeister Hamburgs war der SPD-Politiker nicht als Wirtschaftsschreck bekannt.

Doch Scholz wandelt sich mehr und mehr von einem bürgerlichen Sozialdemokraten, der den Ruf hat, mit Geld umgehen zu können, zu einem Sozi, der sich ein schwungvolles linkes Profil zulegt.

Der erste Vorschlag seiner politischen Häutung lautete: zwölf Euro Mindestlohn. Dann folgte seine zweite Forderung, das Rentenniveau weit über das bisher vereinbarte Jahr 2025 hinaus bis zum Jahr 2040 zu garantieren. Wie er das finanzieren will, hat er der Öffentlichkeit bis heute nicht wirklich überzeugend verraten.

Das ist für einen Finanzminister ungewöhnlich. Vielleicht scheut er sich einfach vor der Wahrheit. Die Formel, das Rentenniveau stabil zu halten, geht nur über drei Wege: Entweder arbeiten wir alle länger, die Beiträge steigen oder die Steuerzahler müssen mehr ins System reinbuttern. Schön ist das alles nicht. Deshalb überrascht sein aktueller Plan umso mehr. Für andere europäische Länder will der SPD-Mann durchaus Verantwortung mit deutschem Steuergeld übernehmen.

Er prescht nach Mindestlohn und Rente mit dem nächsten Lieblingsthema der Linken vor und lässt Pläne in seinem Haus für eine europäische Arbeitslosenversicherung bis ins Detail ausarbeiten.

Im Klartext heißt das: Die deutschen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen die Arbeitslosigkeit in Griechenland, Spanien und Italien mitfinanzieren. Wenn Scholz meint, diese Länder würden die Gelder bei einem wirtschaftlichen Aufschwung zurückzahlen, glaubt er auch, dass Robert Habeck den nächsten James Bond spielt.

Allein die immer konkreter werdenden Überlegungen dazu zeigen, wie weit sich die SPD von ihrer Kernwählerschaft entfernt hat. Der Facharbeiter in Duisburg wartet wirklich nicht darauf, mit seinen Beitragsgeldern die Misswirtschaft in Südeuropa zu finanzieren. 

Offensichtlicht ist die Ablösung zum Alltag der Menschen so weit fortgeschritten, dass keine Warnleuchte mehr gesehen wird. Die Bayernwahl hätte doch jedem Sozialdemokraten zeigen müssen, das mit links-intellektuellen Themen keine Wahlen zu gewinnen sind, sondern krachend verloren werden.

Der tapfere hessische Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel wird wahrscheinlich die Pläne von Scholz noch unterstützen und gar nicht merken, dass er dadurch in zwei Wochen bei der Landtagswahl einen weiteren Prozentpunkt verliert. Wer die Sozialistische Internationale möchte, wählt gleich die Linkspartei. Was sagt eigentlich der zuständige Fachminister und Parteifreund von Scholz, Hubertus Heil, zu alledem?

Kernwählerschaft wird sich weiter abwenden

Mindestlohn, Rente, Europäische Arbeitslosenversicherung sind nicht die Kernthemen des Bundesfinanzministers. Offensichtlich hat Scholz seinen alten Job als Bundessozialminister innerlich noch nicht losgelassen oder das Ressortprinzip ist ihm egal.

SPD-Chefin Andrea Nahles hat eine schlechte Performance der Großen Koalition als Ursache für die Wahlniederlage in Bayern ausgemacht. Es stellt sich damit die Frage, ob Nahles' Vertrauter und Vizekanzler auch einer dieser Underperformer in Berlin ist.

Die notwendige vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags, die nach der FDP jetzt auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier fordert, lehnt Scholz aus parteipolitischen Gründen ab. Als Jurist weiß er aber, dass das Verfassungsgericht eine Reichensteuer, die aus dem Soli besteht, kippen würde. Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es schon putzig, dass die SPD die Rückkehr zur Sacharbeit beschwört und in immer kürzeren Abständen linke Luftballons steigen lässt.

Man muss kein Parteistratege im Willy-Brandt-Haus sein, um zu prognostizieren: Diese Strategie wird nicht aufgehen. Im Gegenteil. Die ehemalige Kernwählerschaft der SPD wird sich in ihrer Abkehr von der Partei bestätigt fühlen. Linke Theoretiker wie der Juso-Chef Kevin Kühnert werden Beifall klatschen. An die Wahlurne geht deshalb für die SPD niemand. 

Nahles hat ebenfalls begonnen, die Wirtschaftskompetenz der SPD zu Grabe zu tragen, als sie jüngst die Agenda-Politik öffentlich beerdigte. Agenda-2010-Mann Mann Olaf Scholz scheint ihr jetzt zu folgen. Dabei sind sich alle Experten einig, dass man allein mit Geld das Vertrauen der Bürger nicht zurückgewinnen kann.

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Das sind die Details zu Scholz' Plänen für eine europäische Arbeitslosenversicherung

Es sollte einfach nur vernünftige Politik sein, die sich mit dem Alltag der Bürger auseinandersetzt. Bei der europäischen Arbeitslosenversicherung zahlt Deutschland aber nur in einen Topf hinein und bekommt nichts heraus. In Deutschland herrscht in vielen Landstrichen Vollbeschäftigung.  Zu einem solchen Zeitpunkt solche Pläne ausarbeiten zu lassen, grenzt an politischem Selbstmord.

Man fragt sich, was Scholz dabei antreibt. Ist es die reine Panik angesichts des SPD-Sinkflugs oder will er sein linkes Profil schärfen, um als Kanzlerkandidat an der Parteibasis akzeptiert zu werden?  Der letzte SPD-Kanzler hat die politische Mitte Deutschlands noch erreicht. Mit dem Programm von Scholz – mehr Rente, mehr Mindestlohn und einer europäischen Arbeitslosenversicherung – bleibt das reines Wunschdenken. Die leistungsbereite Mitte hat davon gar nichts.    

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