Kommentar: Schuldenbremse versus Wahlversprechen: Die Parteien sollten sich ehrlich machen

Mit der Schuldenbremse wird es für die nächste Bundesregierung nicht leicht, die Wahlversprechen einzuhalten.
Die Koalitionsverhandlungen nach dieser Bundestagswahl werden völlig andere als die vor vier Jahren. Und das nicht nur, weil höchstwahrscheinlich ein Dreierbündnis geschmiedet werden muss, auf das mindestens ein Partner keine Lust hat. Schwieriger sind vor allem auch die finanziellen Rahmenbedingungen für die künftigen Regierungspartner.
Bei den letzten Sondierungen und Koalitionsverhandlungen ging es darum, ob die Parteien 30 oder 50 Milliarden Euro zusätzlich verteilen können, um ihre Wahlversprechen umzusetzen. Dieses Mal wird die Frage im Raum stehen, wie viel eingespart werden muss.
Zumindest wenn die nächste Bundesregierung innerhalb der Schuldenbremse agieren will. Die Corona-Pandemie hinterlässt einen großen Schuldenberg, der nach der Vorgabe der im Grundgesetz verankerten Regel schon bald Jahr für Jahr wieder abgetragen werden muss.
Hinzu kommt, dass einige der großkoalitionären Projekte der Vergangenheit den Etat in Zukunft immer stärker belasten werden. Und auch in den Sozialkassen tun sich Löcher auf, die mit Zuschüssen aus dem Bundesetat gestopft werden müssten – jedenfalls wenn ein Anstieg der Sozialbeiträge vermieden werden soll.
Kurzum: Der nächste Bundesfinanzminister, wie immer er heißt, wird anders als seine beiden Vorgänger nicht mehr prassen können, sondern Mangelverwaltung betreiben müssen.
Schuldenbremsen hat höheres Ansehen als Kanzlerkandidaten
Insofern ist die Frage mehr als berechtigt, wie denn die Parteien vor diesem Haushaltshintergrund ihre Versprechen finanzieren wollen – seien es zusätzliche Sozialausgaben, Investitionen oder Steuersenkungen. Die ehrliche Antwort wäre, dass vieles von den Projekten in den Wahlprogrammen innerhalb der jetzigen Schuldenregel kaum umsetzbar ist.




Und so wundert es nicht, dass selbst bei der Union die Treueschwüre auf die Schuldenregel nicht mehr ganz so vehement ausfielen. Nur deutlich mag es niemand aussprechen. Eine aktuelle Umfrage zeigt warum: Die Schuldenbremse genießt in weiten Teilen der Bevölkerung ein Ansehen, von dem die drei Kanzlerkandidaten nur träumen können.
Diese Verehrung mag auch daran liegen, dass bisher von der Politik gerne so getan wurde, als sei auch innerhalb der Schuldenbremse so gut wie jeder Wunsch erfüllbar. Dass dem nicht so ist, dürfte den Bürgern dann erst nach der Wahl im Rahmen eines ominösen Kassensturzes, von dem nun oft die Rede ist, offenbart werden.
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