Kommentar Schulöffnungen: Merkel und die Ministerpräsidenten brechen ihr Versprechen

Wegen Kollateralschäden hat das Robert Koch-Institut in seinem jüngsten Öffnungskonzept empfohlen, Schulen zu öffnen, auch bei Inzidenzen jenseits von 50.
Das große Versprechen von Kanzlerin Angela Merkel, den Ministerpräsidenten und so gut wie jedem Politiker in der zweiten Corona-Welle lautete: Wenn Öffnungen möglich sind, dann werden dieses Mal die Kitas und Schulen zuerst an der Reihe sein. Doch nun nimmt die Lockerungsdebatte einen Verlauf, an dessen Ende es heißen dürfte: versprochen – gebrochen.
Bei den vergangenen Runden von Merkel und den Ministerpräsidenten wurde viel über Schulöffnungen debattiert, passiert ist dann jedoch vergleichsweise wenig. Allein die Grundschulen wurden in vielen Bundesländern geöffnet, allerdings auch nur im Wechselbetrieb. Das bedeutet oftmals zwei Tage die Woche vier Stunden Unterricht in der Schule und ansonsten weiterhin zu Hause lernen.
Für alle Schüler jenseits der Grundschule ist ohnehin weiterhin Homeschooling angesagt. Millionen Schüler haben bisher nicht mal eine Perspektive, wann sie wieder mit dem Unterricht rechnen dürfen.
Stattdessen haben nun viele Bundesländer angefangen, Baumärkte, Gartencenter und Nagelstudios zu öffnen. Und die nächsten Branchen drängeln schon. So wird die Debatte vor der Bund-Länder-Runde dominiert von der Frage, was früher möglich ist, Shopping oder Biergartenbesuch, Kino oder Theater, und ob der Osterurlaub noch zu retten ist.
Keine Frage, die Existenzängste von Einzelhandel, Gastronomie und all den anderen geschlossenen Branchen sind riesig, ihre Hilferufe verständlich. Doch während sie sich bei der Politik Gehör verschaffen können, fehlt Kitakindern und Schülern eine vergleichbare Lobby. Deshalb sind sie aus der Öffnungsdiskussion verschwunden. Die Politik scheint das Thema mit der Minimalöffnung in den Grundschulen abgehakt zu haben.
Folgeschäden machen Öffnungen umso dringlicher
Dabei ist der Schaden des Lockdowns in keinem Bereich größer und lässt sich schwieriger wieder beheben. Da geht es um die gesundheitlichen Probleme, auf die Kinderärzte seit Wochen hinweisen. Es geht um große Bildungslücken, von denen niemand weiß, wie sie wieder geschlossen werden sollen. Und es geht um eine ausbleibende Integration. Die Folgen werden gesellschaftlich wie wirtschaftlich lange zu spüren sein.
Eben wegen dieser Kollateralschäden und wegen des vergleichsweise moderaten Beitrags zum allgemeinen Infektionsgeschehen hat das Robert Koch-Institut in seinem jüngsten Öffnungskonzept empfohlen, Schulen zu öffnen, auch bei Inzidenzen jenseits von 50.
Das sollte mit entsprechenden Schutzkonzepten verbunden sein. Doch über Lüften und Wechselunterricht sind die Bildungsminister auch ein Jahr nach Pandemiebeginn noch nicht hinausgekommen.
An wenigen Stellen sind die Fehler des Corona-Krisenmanagements so eklatant wie im Bildungsbereich. Und es steht zu befürchten, dass sich das nun auch bei der Öffnungsstrategie so fortsetzt.
Mehr: Coronavirus: So hat sich die Lungenkrankheit in Deutschland entwickelt.
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Vielen Dank für diesen Kommentar, der jedoch leider bei unseren lobbyismusgesteuerten und unbeweglichen Ministerien kaum Gehör finden wird.
Vielleicht sollten alle Eltern, die sich nach monatelangem Spagat zwischen Home-Schooling, Beruf, Haushalt und Corona-Einschränkungen zweifelsfrei sowohl psychisch als auch physisch am Ende ihrer Kraft befinden, eimmal den Arzt aufsuchen und sich wegen Burnout für längere Zeit eine Auszeit nehmen, was ja leider nur bei Angestellten und nicht bei den Selbstständigen möglich ist.
Eventuell wären mehrere hunderttausend Krankmeldungen gleichzeitig ja mal ein Weckruf für Politik und Wirtschaft, dass man Familien nicht so erbärmlich im Stich lassen darf, wie es in dieser Pandemie passiert.
Vielen Dank für diesen Kommentar, der jedoch leider bei unseren lobbyismusgesteuerten und unbeweglichen Ministerien kaum Gehör finden wird.
Vielleicht sollten alle Eltern, die sich nach monatelangem Spagat zwischen Home-Schooling, Beruf, Haushalt und Corona-Einschränkungen zweifelsfrei sowohl psychisch als auch physisch am Ende ihrer Kraft befinden, eimmal den Arzt aufsuchen und sich wegen Burnout für längere Zeit eine Auszeit nehmen, was ja leider nur bei Angestellten und nicht bei den Selbstständigen möglich ist.
Eventuell wären mehrere hunderttausend Krankmeldungen gleichzeitig ja mal ein Weckruf für Politik und Wirtschaft, dass man Familien nicht so erbärmlich im Stich lassen darf, wie es in dieser Pandemie passiert.