Kommentar: Schwarze Null: Die SPD zieht gegen den falschen Gegner ins Feld

Die designierten Parteivorsitzenden wollen die SPD weiter nach links rücken.
Ob höherer Mindestlohn oder eine Vermögensteuer – es gab viele Forderungen, mit denen Finanzminister Olaf Scholz im Rennen um den Parteivorsitz die Seele der SPD streichelte. Doch bei einem Thema blieb der Vizekanzler unnachgiebig, obwohl er damit den beiden Herausforderern Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken eine Angriffsfläche bot: Scholz hielt an der schwarzen Null fest.
Esken und Walter-Borjans wollen nach ihrer Wahl liefern und schon auf dem SPD-Parteitag einen Beschluss gegen die schwarze Null fassen. Damit würde sich die Partei gegen ihren eigenen Vizekanzler stellen. Und gegen den Koalitionspartner: Die CDU hat gerade erst ein Festhalten an der schwarzen Null beschlossen. Die Forderung nach neuen Schulden könnte also genau die Sollbruchstelle der Großen Koalition werden, die ihre Gegner suchen.
Das verdeutlicht, welche absurden Züge die Debatte um die schwarze Null angenommen hat. Gegner und Befürworter diskutieren mittlerweile rein ideologisch. Die CDU hat gerade auf Twitter eine Karikatur verbreitet mit einer schwarzen Null unter der Überschrift: „Wir stehen zu unserem Fetisch.“
In dieser Verbohrtheit halten nicht nur linke Genossen den Schuldenverzicht für unklug, sondern auch der Sachverständigenrat, die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, der Internationale Währungsfonds und der Bundesverband der Deutschen Industrie.
Es ließe sich also durchaus über die ökonomische Sinnhaftigkeit der schwarzen Null streiten. Vielen SPD-Linken geht es jedoch um etwas anderes: Sie haben nie verstanden, dass zu Defiziten in konjunkturell schwierigen Zeiten auch ein ausgeglichener Haushalt in guten Zeiten gehört. Finanzminister Scholz hat sein Festhalten an der schwarzen Null durchaus richtig begründet: Man muss sich Spielräume schaffen, um in einer Krise gegenhalten zu können.
Esken und Walter-Borjans haben hingegen einen politischen Feldzug gegen die schwarze Null geführt und damit die Sehnsucht vieler in der SPD bedient, bei den Schulden endlich wieder in die Vollen gehen zu können, um weitere Wohltaten zu verteilen. Der Verweis auf die Investitionsmisere, die es ja gibt, wirkt da vorgeschoben.
Denn die Investitionen scheitern derzeit nicht zuerst wegen Geldmangel, sondern wegen Planungsdefiziten. Doch dazu ist kaum etwas zu hören. Dabei ließe sich dieses Problem mit der Union zusammen angehen.
Die Abkehr von der schwarzen Null hingegen nicht. Sie ist eine der letzten Positionen, die die Union bisher nicht geräumt hat. Auf Druck von Wirtschaft und Ökonomen hätte sie es vielleicht irgendwann – als Entgegenkommen an die linke SPD-Spitze kann sie es unmöglich.
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