Kommentar Seehofer stellt sich in den Dienst von Huaweis PR-Strategen

Im Gespräch mit der „FAZ“ behauptete der Bundesinnenminister, dass der seit Monaten diskutierte Ausschluss von Huawei den Aufbau des deutschen 5G-Netzes „um fünf bis zehn Jahre“ verzögern würde.
Ob ein Kalkül dahintersteht oder blanke Unkenntnis, lässt sich schwer sagen. In jedem Fall ist der Vorgang gravierend: Bundesinnenminister Horst Seehofer hat sich für die Desinformationsoffensive des chinesischen Netzwerkausrüsters Huawei einspannen lassen. Im Gespräch mit der „FAZ“ behauptete der CSU-Politiker, dass der seit Monaten diskutierte Ausschluss von Huawei den Aufbau des deutschen 5G-Netzes „um fünf bis zehn Jahre“ verzögern würde.
Das hören sie gern, die PR-Strategen im Dienste des chinesischen IT-Champions. Huawei versucht seit Jahren, der europäischen Öffentlichkeit weiszumachen, dass es aufgrund technologischer Überlegenheit quasi alternativlos geworden sei. Dass diese Legende verfängt, ist ein großer Erfolg der chinesischen Außenwirtschaftspolitik. Denn Huawei ist eben kein Unternehmen wie jedes andere. Es zählt zu den Kronjuwelen des chinesischen Staatskapitalismus und unterliegt den Weisungen der Kommunistischen Partei.
Deshalb handelt es sich bei der 5G-Technologie auch nicht einfach um ein „Produkt“, um Seehofer noch einmal zu zitieren. Es geht um ein strategisches Investment. 5G ist eine kritische Infrastruktur, die künftig alles mit allem verbinden soll. Sie steuert Produktionsprozesse in Fabriken ebenso wie selbstfahrende Autos.
Wer dieses Netz kontrolliert – und stören kann –, verfügt über ein hochwirksames Machtinstrument. Es ist kein Zufall, dass China so viel politischen Druck ausübt, um die angeblich rein kommerzielle Entscheidung zu beeinflussen, wer am Netzausbau beteiligt wird.
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Das Schauermärchen, ein Huawei-Ausschluss verdamme Europa zu technologischer Rückständigkeit, ist Teil dieser chinesischen Kampagne. Viele Experten halten die europäischen 5G-Anbieter Ericsson und Nokia für ebenbürtig. Auch die EU bestreitet, dass strikte Sicherheitsvorkehrungen den Netzausbau verzögern. Huaweis Wettbewerbsvorteil sind niedrige Anschaffungskosten. Doch diesen stehen verdeckte Kosten gegenüber, etwa die potenzielle Preisgabe von Souveränität.
Mit seinen Einlassungen zur 5G-Diskussion fällt Seehofer den Experten im eigenen Haus in den Rücken. Die hatten sich darauf festgelegt, die Sicherheitsanforderungen für Netzausrüster zu verschärfen. Zusätzlich zu technischen Vorgaben müsse „ein geeignetes Verfahren auf gesetzlicher Ebene etabliert werden, um als Ultima Ratio den Einsatz bestimmter kritischer Komponenten ausschließen zu können“, erklärte ein Ministeriumssprecher.
Das Ergebnis könne „durchaus das Verbot sein, bestimmte Komponenten eines Herstellers einzusetzen“. Solange Seehofer als Innenminister amtiert, ist er für die Sicherheit des Landes zuständig. Es wäre gut, er würde sich daran erinnern.
Mehr: Europa hat alles, um bei 5G führend zu sein, meint EU-Kommissar Breton.
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Sie haben es auf den Punkt gebracht. Was sagen denn die europäischen Anbieter Nokia und Ericsson dazu? Sind die nicht in der Lage, ausreichend qualitativ und quantitativ ein komplettes Paket anzubieten?
Ich halte die Politik Chinas sicherlich auch kritisch für unsere Sicherheit. Allerdings ist mein Vertrauen in die Überwachung durch die NSA ebenso klein. Die Rechtsstaatlichkeit der USA kann man ebenfalls anzweifeln. Ein Ausbalancieren der Unsicherheiten mach daher Sinn. Ich befürworte, dass Europa auch in dieser Frage eine Ausgleichende Macht zwischen den Polen USA und China wird.