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Kommentar Software statt Gegenwehr: Kooperation bei VW ist jetzt wichtiger denn je

Statt zu streiten, arbeiten Diess und der Betriebsrat gemeinsam an Digitalisierung und Elektromobilität. Den Pragmatismus braucht der Konzern dringend.
14.07.2021 - 16:28 Uhr Kommentieren
Vorstand und Betriebsrat kooperieren häufiger miteinander und streiten seltener. Quelle: imago images/Jan Huebner
VW-Zentrale in Wolfsburg

Vorstand und Betriebsrat kooperieren häufiger miteinander und streiten seltener.

(Foto: imago images/Jan Huebner)

Im vergangenen Jahr ist es ein beinahe vertrautes Bild gewesen: Regelmäßig trugen Volkswagen-Vorstandschef Herbert Diess und sein streitlustiger Betriebsratsvorsitzender Bernd Osterloh ihre Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit aus. Das eine Mal passte dem mächtigen Arbeitnehmervertreter der Produktionsanlauf des neuen Golf nicht, das andere Mal kritisierte der Konzernchef den Betriebsrat wegen dessen vermeintlicher Blockadepolitik.

Doch seit einigen Wochen hat sich das Bild in Wolfsburg gewandelt. Im Konzern wird gemeinsam an der Zukunft gearbeitet, die internen Streitereien blockieren das Unternehmen nicht mehr wie in der Vergangenheit. In der Konzernzentrale herrscht ein neuer Pragmatismus. Vorstand und Betriebsrat ringen um die Sache, persönliche Egoismen stehen zurück.

Der Wandel geht vor allem auf den Wechsel in der Arbeitnehmervertretung zurück. Mit Daniela Cavallo als neuer Betriebsratsvorsitzenden hat sich der Verhandlungsstil entscheidend verändert. Das bescheinigt ihr sogar ihr wichtigster Kontrahent, der Konzernchef.

Herbert Diess spricht offen von einer „soliden Vertrauensbasis“, wenn er nach seiner Meinung über die neue Vorsitzende des Betriebsrats gefragt wird. Er wolle die „erfolgreiche Arbeit“ mit Daniela Cavallo fortsetzen.

Solch ein öffentliches Lob für den Betriebsratschef wäre vor ein paar Monaten kaum vorstellbar gewesen. Bernd Osterloh und Herbert Diess hatten ein ganz spezielles Verhältnis zueinander – „Nicht-Verhältnis“ wäre in diesem Fall wahrscheinlich sogar der bessere Ausdruck. Zwei Alphatiere, die sich gern gegenseitig verhakten und dabei die Sache aus dem Blick verloren. Eine schwierige Lage, die für das Unternehmen nicht besonders förderlich war.

Schwierige Transformation steht bevor

Denn wie alle anderen Automobilhersteller steht auch Volkswagen vor einer sehr schwierigen Transformation. Mit der Elektromobilität und der gleichfalls anstehenden Digitalisierung der Fahrzeuge steht die Branche vor einem Wandel, wie sie ihn in ihrer gut 100-jährigen Geschichte zuvor nicht erlebt hat. In einer solchen Situation sollte besser nicht um persönliche Befindlichkeiten gestritten werden, sondern der Blick sollte nach vorn gerichtet sein.

Zumal sich Volkswagen trotz alledem zumindest gegenüber den etablierten Automobilherstellern einen gehörigen Vorsprung erarbeitet hat. Bei der Entwicklung der neuesten Elektroautos dürften die Wolfsburger den meisten Wettbewerbern zwei bis drei Jahre voraus sein. Wenn es ganz gut läuft, dann könnte Volkswagen in wenigen Jahren auch den Newcomer Tesla eingeholt haben.

Gleichwohl: Es bleibt noch viel zu tun. Bei einigen Themen wie etwa dem Schnellladen muss der VW-Konzern gehörig nachlegen. Das Elektroauto wird bei den Kunden erst dann auf eine völlige Akzeptanz stoßen, wenn das Laden ungefähr genauso einfach funktioniert wie das Tanken heute – und das geht nur mit schnellem Laden, das seinen Namen auch verdient. Volkswagen hat es selbst in der Hand, dass die Kunden die E-Autos aus Wolfsburg in Zukunft tatsächlich gern kaufen werden. Das Laden bei VW-Modellen muss nur einfacher werden.

VW muss sich zur Softwareschmiede wandeln

Die größte Baustelle wird in den nächsten Jahren die Digitalisierung sein. Volkswagen muss sich von einem metallverarbeitenden Unternehmen zu einer modernen Softwareschmiede wandeln. Das Auto wird zu einem „Smartphone auf vier Rädern“, das es mit Konkurrenzprodukten von Apple und Alphabet zu tun bekommen wird.

Volkswagen investiert zwar große Milliardenbeträge in den Aufbau der eigenen Softwarekompetenz. Doch erst in einigen Jahren wird sich zeigen, ob die Wolfsburger den Wandel tatsächlich geschafft haben.

Diese gewaltige Transformationsaufgabe müssen VW-Vorstand und Betriebsrat gemeinsam bewältigen. Deshalb ist es gut, dass Herbert Diess und Daniela Cavallo eine Vertrauensbasis für ihre tägliche Arbeit gefunden haben. Interner Streit ist eine allzu schlechte Voraussetzung, um die anstehende Veränderung in den Griff zu bekommen.

Auch Herbert Diess hat verstanden, dass er mit einem Konfrontationskurs gegen den Betriebsrat nicht weiterkommt. Die Arbeitnehmervertretung in Wolfsburg hat historisch bedingt mehr Rechte als in anderen Unternehmen. An diesem Faktum kommt auch der aktuelle Vorstandsvorsitzende nicht vorbei.

Auf beiden Seiten ist Vernunft gefragt

Zu gegenseitigem Verständnis gehört ein Geben und Nehmen – wie in der vergangenen Woche. Nach mehrmaligem Anlauf hat Diess endlich seine Vertragsverlängerung durchbekommen.

Im Gegenzug kann Cavallo auf das neue Entwicklungszentrum verweisen, das für 800 Millionen Euro in Wolfsburg errichtet werden soll. Eine gewaltige Summe, vergleichbar mit den Kosten für eine neue Autofabrik. Damit kann die Beschäftigung in der Konzernzentrale gesichert werden, eine ganz zentrale Forderung für jeden Betriebsrat.

Herbert Diess und Daniela Cavallo werden auch in Zukunft ähnliche Vereinbarungen treffen. Beide Seiten bekommen etwas, auch zum Vorteil für das Unternehmen, es geht damit voran.

Ein Rückfall in alte Zeiten wäre das Schlimmste, was Volkswagen passieren kann. Vernunft ist gefragt, um die schwierigen Aufgaben der Zukunft zu bewältigen. Auf beiden Seiten.

Mehr: Milliarden für Stromautos und Software – Das ist Volkswagens Plan für die Zukunft

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