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Kommentar Spahns Einknicken bei der Impfnachweis-Vergütung ist ein fatales Signal

Der Gesundheitsminister will den Apotheken für die Erstellung des Zertifikats wohl zwei Drittel weniger Geld zahlen. Das schadet dem Vertrauen in den Impfnachweis.
16.06.2021 - 19:41 Uhr 3 Kommentare
Der Bundesgesundheitsminister täte gut daran, gesundheitspolitische Themen weniger zu vermengen. Quelle: Imago
Jens Spahn

Der Bundesgesundheitsminister täte gut daran, gesundheitspolitische Themen weniger zu vermengen.

(Foto: Imago)

Manchmal triumphiert politischer Druck über jedes Sachargument. Jens Spahn will die Vergütung der Apotheken für das Erstellen digitaler Corona-Impfnachweise dem Vernehmen nach drastisch reduzieren. Bloß noch sechs anstatt wie bislang 18 Euro sollen die Pharmazeuten ab Juli erhalten. Offiziell heißt es, die höhere Vergütung zu Beginn sollte dazu dienen, Anlaufkosten für Schulungen, IT-Ausstattung und Registrierungen zu finanzieren.

Es ist aber klar, dass der Bundesgesundheitsminister eingeknickt ist. Von allen Seiten wurde er in den vergangenen Tagen gerügt. Steuermittel und Beitragsgelder habe er in der Coronakrise vergeudet, so der Vorwurf, ob für Krankenhausbetten oder Schutzmasken. Bloß kann der Minister dieses Geld nicht mehr zurückholen. Mehr als ungünstig war daher das fast zeitgleiche Bekanntwerden, dass Apotheker für jeden erstellten digitalen Impfnachweis 18 Euro erhalten sollen. Nun wird das Projekt zum Bauernopfer.

Denn in Wahrheit ist nicht die Erstausstattung der Apotheken der elementare Kostentreiber. Es ist vielmehr die Dokumentenprüfung. 18 Euro mögen nach einer Menge Geld klingen, um bloß ein Formular mit einem Code auszudrucken. Einscannen, um im Anschluss den digitalen Impfnachweis auf dem Smartphone zu erstellen, muss der Geimpfte diesen schließlich selbst.

Der Apotheker muss ganz genau hinschauen

Die wirkliche Arbeit hat der Apotheker aber davor. Er muss sicherstellen, dass Papier-Impfheft und Personalausweis, die sein Kunde ihm vorlegt, echt sind. Das Impfheft ist lächerlich leicht zu fälschen. Der Apotheker muss daher ganz genau hinsehen. Der deutsche Personalausweis wiederum beinhaltet fast 30 Sicherheitsmerkmale wie Hologramme und spezielle Schriftarten. Gute Fälschungen können einige dieser Merkmale ebenfalls abbilden. Daher muss der Pharmazeut sich auch für diese Prüfung Zeit nehmen.

Es darf gewiss hinterfragt werden, ob die Dokumentenprüfung wirklich mit ganzen 18 Euro vergütet werden muss. Kein Zweifel besteht aber darin, dass es ein fatales Signal ist, wenn Spahn den Wert dieser Prüfung nun bei der Vergütung bloß noch mit einem Drittel bemisst. Das passt auch nicht mit der Vergütung der Ärzte zusammen, die zwei bis sechs Euro erhalten, wenn sie ihren eigenen Patienten das Impfzertifikat erstellen – aber 18 Euro bei fremden Impflingen.

Der wichtigste Wert des digitalen Impfnachweises ist das Vertrauen in ihn. Tatsächlich könnte er zu einer maßgeblichen Errungenschaft im Kampf der Europäischen Union gegen die Tech-Giganten USA und China werden. Nirgendwo sonst gibt es einen digitalen Impfnachweis, der flächendeckend in einer Staatengemeinschaft dieser Größenordnung gilt. Doch mit Impfnachweisen ist es wie mit einem Haus: Es kann noch so toll ausgestattet sein, ohne funktionierende Tür wird der Bewohner keine Freude daran haben.

Mehr: Digitaler Corona-Impfnachweis an vielen geplanten Ausgabestellen nicht einsatzbereit

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3 Kommentare zu "Kommentar: Spahns Einknicken bei der Impfnachweis-Vergütung ist ein fatales Signal"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Es bleibt ohnehin zu hoffen, dass diese unsägliche Unterscheidung in geimpft und ungeimpft bald per Gesetz verboten wird. So wie das auch in den USA in vielen Bundesstaaten bereits der Fall ist.

    Es ist erschreckend, dass wir in einer solchen Bananenrepublik leben, in der das Möglich ist und sich das Bundesverfassungsgericht einfach, "weg duckt"...

  • Haben Sie sich mal mit Apothekern darüber unterhalten? Die haben gar nicht die Möglichkeit gute Fälschungen zu erkennen und das RKI System ist dazu noch absoluter Mist. Spahn hat das halt von Anfang an verkackt. Das wäre jetzt nicht so schwer gewesen, so ein System mal früher zu entwickeln. Aber unser Gesundheitsminister hat sich mit seiner Kanzlerkandidatur beschäftigt und musste sich mit Maskenskandalen rumärgern, anstatt sich mit seinem Job zu beschäftigen. Der Mann kauft halt lieber Villen anstatt für eine zweite Welle vorzusorgen. Wir haben die absolute Inkompetenz an der Spitze des BMG. Der verkackte Impfnachweis ist nur ein weiterer Fall in der Liste von Spahns Versagen. Ich erwarte da halt auch nix mehr. Kompentenz ist etwas, was man in der Union wenig findet. Die meisten CDU'ler bereichern sich lieber selbst, als sich um das Land zu kümmern. Das scheint aber auch ein generelles Problem rechts-konservativer Politik zu sein und ist von AfD über FDP bis in die rechteren Kreise der SPD zu sehen. Von daher sollten wir es vielleicht wirklich mal mit RRG probbieren. Schlimmer und inkompententer kann es nicht mehr werden und links hat man wenigstens noch genug Anstand um für sowas zurück zu treten.

  • Es ist digital, ja, aber es ist nur ein Formular, in das Daten aus einem anderen Formular - automatisch (kopiert) - übertragen werden. Mit etwas Übung dürfte der Vorgang nicht mehr als maximal 3 Minunten dauern eher weniger und wäre so 20 mal pro Stunde möglich, was bei 6 Euro ein Stundenhonorar von 120 € bedeutet. Sollte das nicht ausreichen?

    Mit einer Vergütung von 18 € für ein Formular läge das Stundenhonorar bei 360 €. Zu hoch wie ich finde, denn gut bezahlte Formalismen haben wir sicher genug in der Republik. Sollten wir nicht aufhören verwalten attraktiv zu machen. Wir ersticken unsere Wirtschaft mit Verwaltungsvorgängen.

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