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Kommentar Stoppt den Sturz des Ölpreises!

Mit dem Ende der Opec+ gehört der Markt nun ganz dem freien Spiel der Kräfte. Die Lage auf dem Ölmarkt bedroht die Klimarettung und die Zukunft ganzer Staaten.
09.03.2020 - 19:26 Uhr Kommentieren
Die bisherige Weltordnung des Öls wird aus den Angeln gehoben. Quelle: dpa
Mineralölraffinerie

Die bisherige Weltordnung des Öls wird aus den Angeln gehoben.

(Foto: dpa)

Der Wochenstart wird als schwarzer Montag des Öls in die Wirtschaftsgeschichte eingehen. Seit drei Jahrzehnten gab es keinen derartigen Preisverfall am Ölmarkt.

In Panik trennten sich Investoren von ihren dividendenstarken Ölaktien. Die Papiere der Ölproduzenten – von den amerikanischen Ölmultis Exxon und Chevron über die europäischen Konzerne BP, Shell, Total bis zur russischen Rosneft – gingen zweistellig in die Knie. Die Weigerung Russlands zur Produktionskürzung und das Fluten der Märkte durch Saudi-Arabien haben den Ölmarkt in einen Schockzustand versetzt, den vor wenigen Tagen kein Experte für möglich gehalten hätte.
Die Opec+, das Bündnis zwischen der Organisation der Erdöl exportierenden Länder (Opec) und Russland, ist nun klinisch tot. In den vergangenen Jahren hatte es die Allianz mit einer geschickten Politik der Selbstbeschränkung bei der Ölförderung geschafft, den Markt in einem einigermaßen guten Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu halten.

Mit dem Ende der Opec+ gehört der Markt nun ganz dem freien Spiel der Kräfte. Die bisherige Weltordnung des Öls wird aus den Angeln gehoben.

In Zeiten des Coronavirus mit seinen noch nicht übersehbaren wirtschaftlichen Auswirkungen ist eine verlässliche Preisprognose kaum mehr möglich. Viele Banken und Investmenthäuser kassieren daher ihre Vorhersagen.

Wird der Boden bei 30 oder gar 20 Dollar pro Barrel (159 Liter) erreicht werden? Im Markt herrscht nach diesem schwarzen Montag des Ölmarkts das große Rätselraten.

Nicht nur die globalen Folgen des Coronavirus sind kaum einschätzbar, sondern auch die Strategien der beiden Ölschwergewichte Russland und Saudi-Arabien. Wie weit werden Russlands Präsident Wladimir Putin und sein Energieminister Alexander Nowak gehen, um die US-Schieferölproduzenten zu schwächen? Wie weit wird Saudi-Arabien den Ölhahn aufdrehen, um die Märkte täglich mit zusätzlichen Millionen von Barrel zu fluten?

Im Krieg der Großen um Marktanteile drohen viele kleinere und mittlere Ölförderländer destabilisiert zu werden. Geht der Preisverfall über Monate oder gar Jahre weiter, steht Venezuela, das ölreichste Land der Erde, endgültig vor dem politischen Zusammenbruch.

Die Panikreaktionen sind Gift

Aber auch der vom Coronavirus geschwächte Iran gerät noch stärker unter Druck. Für das Opec-Land am Persischen Golf, das noch immer unter den Sanktionen des Westens leidet, wird es bei einem sehr niedrigen Ölpreis wirtschaftlich brandgefährlich. Politisch ohnehin labile Länder wie das von Bürgerkriegen malträtierte Libyen oder der Irak drohen endgültig ins wirtschaftliche und politische Chaos abzudriften.

Selbst das Opec-Schwergewicht Saudi-Arabien hängt am Ölpreis wie ein Junkie an der Spritze. Über einen langen Zeitraum wird Riad einen katastrophalen Preisverfall kaum durchstehen können.

Das wirtschaftlich instabile Russland wiederum braucht die Petrodollar, um den Staatshaushalt zu finanzieren. Mit dem derzeitigen Preisniveau kann kein ausgeglichenes Budget erreicht werden.

Selbst die USA werden den Preiskrieg hart spüren. Für manchen Ölproduzenten in Amerika wird es eng werden, wenn sich der Preis weiter Richtung neue Tiefststände entwickelt. Die Folge wäre eine Pleitewelle in der nordamerikanischen Branche.

So nachvollziehbar die Freude mancher Autofahrer über niedrige Benzinpreise auch sein mag: Klimapolitisch kommt der Preisverfall zu einem denkbar schlechten Moment.

Gerade in einer Zeit, in der Klimapolitik nicht nur zum Umdenken, sondern auch zu einem neuen Handeln führt, ist ein dauerhaft niedriger Ölpreis ein Killer bei dem Bemühen, beispielsweise alternative Energien und Innovationen zum Durchbruch zu verhelfen. Wer wird sich ein teures Elektroauto anschaffen, wenn der Liter Sprit weniger als einen Euro kostet?

Die Unfähigkeit der Opec+ zu einem Kompromiss in Kombination mit der durch das Coronavirus ausgelösten „Zerrüttung der Nachfrage“, wie es Opec-Generalsekretär Mohammed Sanusi Barkindo treffend ausdrückte, hat an den asiatischen und europäischen Börsen und an der Wall Street am Montag für historische Kursverluste gesorgt. Diese Panikreaktionen sind Gift in einer Zeit, in der Besonnenheit und Nachhaltigkeit dringender denn je gebraucht werden.

Der Aktienkurssturz schürt neben dem noch immer nicht beherrschten Virus das Gefühl von Unsicherheit oder gar Zukunftsangst. Der wirtschaftliche und politische Schaden in dieser globalen Ausnahmesituation liegt auf der Hand.

Doch weder in Moskau noch in Riad und schon gar nicht in Washington hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass es bei einem weiteren Preisverfall am Ende nur Verlierer geben wird. Die schnelle Rückkehr der wichtigen Ölförderländer an den Verhandlungstisch ist die einzige Möglichkeit, um die gefährliche Labilität im Markt zu beenden.

Der schwarze Montag des Öls ist eine bittere Warnung, den Preiskrieg schnellstens zu stoppen.

Mehr: Was Anleger zum Ölpreis-Crash wissen sollten

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