Kommentar Teile der CDU wollen den Konflikt nutzen, um die Kenia-Koalition zu sprengen

Teile der CDU in Sachsen-Anhalt wollen den Konflikt nutzen, um die ungeliebte Kenia-Koalition zu sprengen.
Es begann in Sachsen-Anhalt mit einer Auseinandersetzung um den Rundfunkbeitrag, aus der ein Koalitionskrach wurde, der nun das Stadium einer Regierungskrise erreicht. Am Freitagnachmittag hat Ministerpräsident Reiner Haseloff seinen Innenminister Holger Stahlknecht entlassen, nachdem dieser unabgestimmt über einen Koalitionsbruch und eine CDU-geführte Minderheitsregierung sinnierte.
Wie die Sache in Sachsen-Anhalt ausgeht, ist völlig offen. Stahlknecht war bis zu seinem Rauswurf aus dem Kabinett nicht nur Innenminister, sondern auch Landesvorsitzender der CDU in Sachsen-Anhalt. Von diesem Posten trat er am Freitagabend zurück.
Haseloff scheint den Machtkampf vorerst für sich entschieden zu haben. Ob Partei und Fraktion ihm nun folgen, ist trotzdem schwer zu kalkulieren. Haseloff, Ministerpräsident und Spitzenkandidat für die im Sommer anstehende Landtagswahl, hat es jedenfalls seit Tagen nicht geschafft, den Konflikt zu befrieden.
Um die Frage, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk nun 86 Cent mehr erhalten soll, geht es nur noch vordergründig: Die kann man unterschiedlich beantworten. Doch: Teile der CDU in Sachsen-Anhalt wollen den Konflikt nutzen, um die ungeliebte Kenia-Koalition zu sprengen.
SPD und Grüne haben wiederum wenig getan, den Konflikt zu entschärfen. Sie haben zwar einen Koalitionsvertrag unterschrieben, der einer Erhöhung des Rundfunkbeitrages eine Absage erteilt, fühlen sich daran aber nicht mehr gebunden.
Freuen kann sich die AfD. Da sich die Koalitionäre nicht einigen können, erhält sie mehr Bedeutung und Beachtung, als sie eigentlich verdient – und das auch noch beim Thema, mit sie besonders gerne mobilisiert, Stichwort Lügenpresse.
Es ist niemand da, der ein Machtwort sprechen könnte
Nun schwebt also über allem die Frage: Wie hält es die CDU mit der AfD? Formal ist die geklärt: Der Bundesparteitag hat eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit ausgeschlossen. In der Realität fühlt sich aber offensichtlich nicht jeder daran gebunden.
Gerade in Sachsen-Anhalt gab es immer wieder Avancen in Richtung AfD. Die Brandmauer nach rechts ist nicht so stabil, wie sich das viele nach den Vorkommnissen in Thüringen erhofft hatten.
Die Bundes-CDU hält sich bisher zurück. Das mag richtig sein, da Ermahnungen aus Berlin eher kontraproduktiv wirken dürften. Es ist aber auch dem Vakuum an der Parteispitze geschuldet. Es ist niemand da, der ein Machtwort sprechen könnte.
Annegret Kramp-Karrenbauer ist eine Vorsitzende auf Abruf. Ihre potenziellen Nachfolger halten sich bedeckt. Aber auch ihnen verdeutlichen die Vorgänge in Magdeburg: Wer immer Anfang 2021 zum neuen CDU-Chef gewählt wird, auf den wartet ein schwelender Richtungsstreit, der sich jederzeit wieder entzünden kann – selbst an einer Entscheidung über 86 Cent.
Mehr: Ministerpräsident Haseloff entlässt Innenminister Stahlknecht.
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Obwohl ich niemandem in Sachsen-Anhalt Vorhaltungen machen möchte, da ich dort nicht wohne: In diesem Land sieht man jetzt die Regierungsfähigkeit der SPD, der Grünen und der CDU. Klar hat Herr Haseloff recht, wenn er sich bzgl. des Rundfunkbeitrages auf den Koalitionsvertrag bezieht. Unverständlich ist jedoch, dass es wegen € 10,00 im Jahr einen derartigen Streit gibt. Dass hier wegen dieser Bagatelle einige Monate vor den planmäßigen Neuwahlen zu einem Bruck der Koalition kommt, kann man niemanden vermitteln. Wenigstens hat Herr Haseloff sich umgehend von Herrn Stahlknecht getrennt und damit eine gewisse Führungsstärke bewiesen. Frage ist natürlich auch, wie die Landes-CDU und damit auch die CDU-Landtagsabgeordneten "gepolt" sind, wenn sie sich bei Abstimmung um den Beitrag in die Nähe der AFD begeben. Hier sollte Thüringen ein warnendes Beispiel sein.