Kommentar Tesla, Uber, WeWork – Saudi-Arabien hat eine miserable Investment-Bilanz

Der mächtige Staatsfonds investiert viel Geld. Doch selten sind die Investments lukrativ.
San Francisco Glücklich sind die Anleger, die derzeit Tesla-Aktien besitzen. Die Anteile an dem E-Auto-Konzern haben alleine in diesem Jahr ihren Wert verdoppelt und die Marke von 100 Milliarden Dollar weit hinter sich gelassen. Fonds, die größere Tesla-Positionen halten und auch in schweren Zeiten an seinen exzentrischen Chef Elon Musk geglaubt haben, konnten in wenigen Jahren Milliarden mit dem Investment verdienen.
Auch dem saudi-arabischen Staatsfonds PIF hätte es so gehen können: Im August 2018 steckte das Öl-Regime zwei Milliarden Dollar in den Elektro-Pionier – als Teil der auf rund eineinhalb Jahrzehnte angelegten Strategie von Kronprinz Mohammed bin Salman, Saudi-Arabien unabhängiger vom Ölexport zu machen.
Doch Geld verdienen nun andere, der PIF ist pünktlich zu Beginn der Tesla-Rally ausgestiegen – etwa zu dem Preis, zu dem der Fonds gut ein Jahr zuvor eingestiegen war. Nimmt man den Preis der Hedging-Positionen dazu, die der PIF während einer zwischenzeitlichen Tesla-Flaute aufbaute, hat der Staatsfonds sein Engagement womöglich sogar mit Verlust beendet. Was eine stramme Leistung ist dieser Tage.
Tesla ist nur ein Beispiel für die miserable Bilanz der saudi-arabischen Tech-Ambitionen. Als die größte Pleite zeichnet sich das 45-Milliarden-Investment in den Softbank Vision Fund ab. Mohammed bin Salman ließ sich nach einem einzigen kurzen Treffen mit Softbank-Gründer Masayoshi Son darauf ein, größter Geldgeber für Sons gewaltigen Start-up-Fonds zu werden – eine Milliarde pro Meeting-Minute staunten Beobachter später.
Die Megalomanie des Plans wird sich aller Voraussicht nicht auszahlen. Sons Strategie, Unternehmen wie den Fahrdienst Uber oder den Bürovermieter WeWork mit riesigen Geldspritzen zu globalen Marktführern aufzupumpen, ist völlig in die Hose gegangen. Die Kurse der börsennotierten Portfolio-Unternehmen wie Uber krebsen meist weit unter ihrem Ausgabepreis, andere wie WeWork stürzten ab, bevor sie an die Börse kamen.
Dass dieses Tech-Bonanza mit saudi-arabischem Geld finanziert wurde, hat eine gewisse Komik: Das streng islamische Wahhabiten-Regime hat den Aufstieg von WeWork-Gründer Adam Neumann finanziert, einen Israeli mit einer Vorliebe für Tequila, der in seine Co-Working-Büros als erstes Bierzapfanlagen einbauen ließ. 300 Millionen Dollar steckte der Vision Fund in Wag, einen Marktplatz für Hundehalter und Menschen, die gegen Geld Gassi gehen. Auch diesen Anteil hat der Fonds inzwischen mit Verlust verkauft.
Dem saudi-arabischen Investmentfonds fehlt das Gespür
Dass der saudi-arabische Staatsfonds sein Portfolio nicht anhand religiöser Glaubenssätze aufstellt, ist wahrscheinlich das Einzige, was er richtig gemacht hat. Der PIF ist einer der größten Investoren der Welt, doch durch die Tech-Branche stolpert er wie ein abwechselnd euphorischer und enttäuschter Kleinsparer, für den ein Buch von Warren Buffett oder Andre Kostolany aktuell das beste Investment wäre.
In dieser Komödie der Irrungen steckt auch eine ernste Lektion. Mohammed bin Salman galt mal als mutiger Modernisierer des Königreichs, doch spätestens seit dem grausamen Mord an dem kritischen Journalisten Jamal Khashoggi kennt die Welt seine jähzornige Seite. Dass sich ein Regime, das auf so eine Person ausgerichtet ist, mit Geduld, Gleichmut und dem Fokus auf die lange Sicht schwertut, ist nicht völlig überraschend.
Damit fehlen dem PIF jedoch genau die Fähigkeiten, die für erfolgreiche Technologie-Investments notwendig sind. Tesla-Chef Elon Musk will eine der größten Industrien der Welt umkrempeln. Wer dort investiert, dem dürfen nicht sofort die Hände zittrig werden, wenn der Kurs einmal abstürzt.
Und wer es gewohnt ist, Personenkult und Handschlagkultur misstrauisch gegenüberzustehen, hätte vielleicht früher hinterfragt, ob das Investmentgenie von Masayoshi Son tatsächlich so eine Mega-Wette rechtfertigt? Diversifikation über zahlreiche Risikokapitalfonds wäre schließlich eine Alternative gewesen.
Mohammed bin Salman hat noch zehn Jahre Zeit, seine „Vision 2030“ Wirklichkeit werden zu lassen. Die Strategie wurde 2015 aus der damaligen Ölpreisschwäche geboren sowie die Einsicht, dass sich das Ölzeitalter dem Ende zuneigt. Derzeit schwächelt der Ölpreis wieder. Zeit für ein paar neue Einsichten.
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