Kommentar Über Le Pens Niederlage sollte man sich nicht zu früh freuen

Die Chefin der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National erlebte eine Enttäuschung in der ersten Runde der französischen Regionalwahlen.
Auf den ersten Blick sieht das Ergebnis der Rechtspopulisten in der ersten Runde der französischen Regionalwahlen wie eine Niederlage aus. Der Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen, früher Front National, verlor im Vergleich zu den Wahlen vor sechs Jahren rund acht Prozentpunkte. Es ist mehr als fraglich, ob Le Pen in den Stichwahlen am kommenden Sonntag das hochgesteckte Ziel einer Mehrheit in mehreren Regionen erreichen kann.
Ist der jahrelange Aufwärtstrend für die Rechtsaußenpartei in Frankreich also gestoppt? Dafür gibt es bei nüchterner Betrachtung keine Anhaltspunkte.
Die Ergebnisse der ersten Runde haben eine sehr geringe Aussagekraft, nur etwas mehr als ein Drittel der Franzosen gaben ihre Stimme ab. Auch viele Wähler des RN blieben zu Hause. Die Gefahr, dass Frankreich weiter nach rechts abdriften könnte, ist keineswegs gebannt.
Zunächst: Es scheint möglich, dass sich die Partei von Le Pen in der zweiten Runde zumindest eine Gebietskörperschaft sichert. In der südfranzösischen Region Provence-Alpes-Côte-d‘Azur liegt der RN-Spitzenkandidat Thierry Mariani vorn. Damit könnten die Rechtspopulisten erstmals einen Regionalpräsidenten stellen.
Rassemblement National: Partei bemüht sich um gemäßigteres Image
Zunächst hatten in der Region sowohl das zweitplatzierte Mitte-rechts-Lager als auch die drittplatzierten Linken im zweiten Wahlgang antreten wollen. Das Linksbündnis zog sich dann doch zurück, um die Opposition gegen Rechtsaußen nicht zu spalten.
Der Wille zu einer parteiübergreifenden Blockade gegen den früheren Front National ist aber wackeliger geworden, das ist kein gutes Vorzeichen für die Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr.
Seit der Umbenennung bemüht sich die Partei von Le Pen außerdem um ein gemäßigteres Image. Sie rückte unter anderem von den Forderungen nach einem Austritt aus der EU und einer Rückkehr zur Währung Franc ab.
Stimmungstest in Frankreich: Rechtspopulisten schwächer als erwartet
In einer Erhebung der Meinungsforschungsinstitute Ipsos und Ifop aus dem Frühjahr gaben 42 Prozent der befragten Franzosen an, keine Gefahr in der Partei zu sehen. Der RN hat demnach auch viel Unterstützung unter Jungwählern, liegt in der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen sogar vorn.
Nach derzeitigem Stand ist die wahrscheinlichste Variante für die Präsidentschaftswahl 2022, dass Marine Le Pen im zweiten Wahlgang Staatschef Emmanuel Macron herausfordern wird. Dabei kommt die politische Debattenlage den Rechtspopulisten entgegen: Laut Umfragen sorgen sich die Franzosen aktuell vor allem um die innere Sicherheit. Das ist ein Thema, mit dem die Partei von Le Pen traditionell auf Wählerfang geht.
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