Kommentar Überbordende Arbeitskosten werden zur Gefahr für Deutschlands Häfen

Hohe Personalkosten gefährden die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Nordseehäfen.
90.000 Euro Jahresgehalt verdienen Mitarbeiter der großen deutschen Hafenbetreiber HHLA und Eurogate im Schnitt. Die Zahl, die der Hamburger Hochschulprofessor Jan Ninnemann herausgefunden hat, bestätigt der halbstaatliche Terminalbetreiber HHLA hinter vorgehaltener Hand.
Die überbordenden Kosten sind der Grund, warnen Experten, weshalb die Häfen von Hamburg und Bremen ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Das Schlimme: Die geplante Fusion aber dürfte daran wenig ändern.
Der Hang zu solch finanzieller Großzügigkeit an der Nordseeküste hat eine historische Wurzel. Zwischen dem Jahr 2000 und der Finanzkrise 2008 sorgte der Chinaboom dafür, dass der Containerumschlag in Hamburg, Bremen und Bremerhaven jährlich mit Raten von zwölf bis 14 Prozent zulegte.
In der Not warben die Betreiber Bäcker, Maler und andere Handwerker an, um sie auf Terminalbrücken zu schulen und fit für die Hafenarbeit zu machen. Ohne finanzielle Anreize, so glaubte man damals, sei das notwendige Personal nicht zu rekrutieren.
Mit der Finanzkrise verschwand der Boom, doch die Privilegien blieben. Viele Hafenbeschäftigte genießen Pausenregelungen, als müssten sie in der übrigen Arbeitszeit Mehlsäcke auf dem Rücken schleppen.
Zu Wochenenddiensten sind sie laut Arbeitsvertrag nur zu bewegen, wenn hohe Zuschläge winken. Um der Forderung nach 5,9 Prozent mehr Lohn Ausdruck zu verleihen, forderte Verdi die 15.000 deutschen Hafenarbeiter über Pfingsten 2021 zum „Freinehmen“ auf.
Entscheidungen fallen längst in Schanghai, Seoul oder Singapur
Die Tarifpolitik von Verdi ist maßlos wie riskant. Denn steuern die internationalen Reedereien ihre Containerschiffe noch häufiger als heute Richtung Rotterdam und Antwerpen um, droht nicht nur an der deutschen Küste ein Desaster. Die hafenabhängige Wirtschaft, errechnete der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe, sichere 521.307 Arbeitsplätze.
Noch verweisen die Ports auf ihre professionelle Infrastruktur und die Logistikbetriebe im Hinterland. Doch in Zeiten, in denen der weltweite Containertransport von nur noch drei Reederei-Allianzen gesteuert wird, verblassen solche Argumente.
Die Entscheidungen, welche Häfen angelaufen werden, fallen zunehmend in Schanghai, Seoul oder Singapur. Und dort dürften Zusatzkosten kaum Verständnis finden, wenn der eine Hafen auf dem Globus nur einen Millimeter von dem anderen entfernt liegt.
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