Kommentar Verantwortungseigentum: Die neuen Rechtsform für Unternehmen ist einen Versuch Wert

Dass gerade junge Unternehmer eine neue Rechtsform wollen, ist ein gutes Zeichen.
Die Diskussion um das Verantwortungseigentum wird zunehmend absurd. Und das hat nichts mit der Idee an sich zu tun. Die Frage, ob Unternehmer noch motiviert sind, wenn sie sich nicht mehr am Firmenvermögen bereichern können, müssen weder Juristen noch Politiker oder Verbände entscheiden: Lasst sie es versuchen! Den Rest regelt der Markt.
Ausgerechnet mancher vermeintlich sozial verantwortlicher Familienunternehmer entlarvt sich in der Debatte. Manchen Firmenchef scheint eher die Angst vor dem Verlust von Privilegien umzutreiben, etwa beim Thema Erbschaftsteuer. Dabei stünde es mit der neuen Rechtsform jedem Unternehmer frei, ein verbindliches Versprechen an seine Firma und deren Mitarbeiter zu geben: Was das Unternehmen verdient, zählt auch in Zukunft zum Firmenvermögen. Ein ehrbares Ziel.
Dass sich gerade junge Gründer eine neue Rechtsform wünschen, ist ein gutes Zeichen. Während viele Start-up-Unternehmer ihre Firmen in erster Linie als hochprofitables Finanzinstrument betrachten, könnte hier eine neue Generation von Familienunternehmern heranwachsen. Eine neue Rechtsform würde ihnen helfen, Vertrauen von Mitarbeitern, Partnern und Kunden zu erhalten. Weshalb sollte man dieses Vorhaben nicht unterstützen?
Die sprichwörtliche Familienbäckerei darf ja trotzdem wie gehabt weiterarbeiten: In mancher Backstube wird bis heute nicht gefragt, ob der Opa seinen Enkel aus dem privaten Sparstrumpf oder der Kasse bezahlt. Solche Firmen müssen auch in Zukunft nicht Unternehmens- und Familienvermögen trennen – außer, sie wollen es so.
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Es stimmt: Man kann sich über den Begriff des „Verantwortungseigentums“ streiten. Es ist nachvollziehbar, wenn sich mancher Familienunternehmer in seiner Ehre getroffen fühlt. Aber den Befürwortern geht es nicht um den Begriff, sondern um eine Idee, die durchaus ihren Charme hat.
Mancher Patriarch sollte sich fragen, ob er sich mit dem Kampf gegen das Modell nicht gar selbst schadet. Was würde er tun, wenn sich eines Tages kein Nachfolger mehr findet? Opas Backstube verscherbeln? Einem echten Familienunternehmer muss es im Zweifel darum gehen, das Unternehmen zu retten – denn sein Erbe ist die Firma und nicht das darin gebundene Vermögen.
Wer sich als Familienunternehmer versteht, sollte die Debatte als Chance begreifen – und mit der neuen Rechtsform offiziell machen, was in vielen Familienfirmen längst gelebt wird: Verantwortung.
Mehr: Dieser Artikel ist Teil eines Pro & Contras zum Thema Verantwortungseigentum. Eine andere Meinung vertritt der Chef des Handelsblatt-Politik-Ressorts, Thomas Sigmund.
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