Kommentar Verlorenes Spiel: Der schwedische Ministerpräsident und die bisherige Blockpolitik haben ausgedient

Stefan Löfven, Premierminister von Schweden, kommt nach einem Misstrauensvotum zu einer Pressekonferenz.
Jahrzehntelang hat es funktioniert, doch nun ist die bisherige Blockpolitik in Schweden am Ende. Ein Bündnis aus exkommunistischer Linkspartei, Konservativen, Christdemokraten und den rechtspopulistischen Schwedendemokraten hat den sozialdemokratischen Regierungschef Stefan Löfven und seine rot-grüne Minderheitsregierung zum Rücktritt gezwungen.
Löfven und seine Parteifreunde haben die Zeichen der Zeit nicht rechtzeitig erkannt: Politische Unterstützung ist nicht mehr gratis. Zu lange hat sich Löfven darauf verlassen, dass die Linkspartei – obwohl nicht Teil der Koalition – ihn immer unterstützen wird.
Zu lange hat er geglaubt, dass die Linkspartei jede Kröte schlucken wird, um eine rechtslastige Regierung zu verhindern. Dieses Mal hat es nicht mehr geklappt.
Er legte ein Gesetz vor, das Vermietern bei Neubauten die Möglichkeit gegeben hätte, die Höhe der Miete frei zu bestimmen. Und das, obwohl die Linkspartei unmissverständlich klargemacht hatte, dass dieses Gesetz für sie nicht akzeptabel sei.
Er legte das Gesetz dennoch im Glauben vor, die Linkspartei werde schon nicht mit den parlamentarischen Rechtsaußen stimmen. Doch er hatte sich verkalkuliert. Eine Mehrheit im Parlament sprach ihm das Misstrauen aus. Löfven trat am Montag nach einwöchigen Versuchen, doch noch eine Mehrheit zu finden, zurück.
Alleinregierungsanspruch aus Tradition
Das Problem der schwedischen Sozialdemokraten ist, dass sie mehr als 100 Jahre zumeist ohne eigene Mehrheit regiert haben. Das hat zu einem Alleinregierungsanspruch geführt. Die übrigen Parteien wurden als notwendiges Übel, nicht als mögliche Koalitionspartner gesehen.
Das Weltbild der Sozialdemokraten bestand aus Rechts- und Linksparteien, die unter keinen Umständen koalieren können.
Eine große Koalition wie in Deutschland war in Schweden undenkbar. „Mit den Rechten macht man keine gemeinsame Sache“, sagen führende Sozialdemokraten bis heute und meinen damit nicht nur die Rechtspopulisten, sondern auch Christdemokraten und Konservative.
Sie verlassen sich lieber auf die Unterstützung kleinerer Parteien ohne Gegenleistung. Doch diese Unterstützung ist nicht mehr gratis, wie man jetzt gesehen hat.
Bürgerliche Opposition hat keine Mehrheit
Die Blockpolitik dürfte damit zu Ende gehen. Und das ist gut, denn Demokraten müssen zusammenarbeiten können – auch über Blockgrenzen hinweg. Löfven ist angezählt, aber noch nicht k. o., denn auch die bürgerliche Opposition hat Schwierigkeiten, eine Mehrheit über die Blockgrenze hinweg zu organisieren.
Durchaus denkbar, dass auch der nächste, wenngleich geschwächte schwedische Regierungschef Löfven heißt.
Mehr: Nach Misstrauensvotum: Schwedens Ministerpräsident tritt zurück
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