Kommentar VW kann sich keine neuen Golf-Probleme leisten

Der neue Golf 8 lief nach Software-Problemen mit Verspätung vom Band.
Die Zulassungszahlen für den neuen VW Golf sprechen eine deutliche Sprache: Nach den anhaltenden technischen Problemen und den damit verbundenen Lieferschwierigkeiten ist der Golf in diesem Sommer nicht mehr das meistverkaufte Auto in Europa. Das tut in Wolfsburg richtig weh. Denn seit Jahrzehnten ist der Golf die Nummer eins. Mit der Golf-Klasse hatte der Konzern sogar ein eigenes Fahrzeugsegment begründet.
Der Verlust des Spitzenplatzes ist nur die letzte Konsequenz einer lange anhaltenden Kette von Fehlern und Problemen mit dem wichtigsten Modell von Volkswagen. Eigentlich wollte Wolfsburg auch mit der achten Generation des Golf einen Standard setzen. Vor allem mit der Digitalausstattung sollte bewiesen werden, dass der Konzern beim Wandel zum „Smartphone auf vier Rädern“ auf dem richtigen Weg ist.
Doch weit gefehlt. Mit dem neuen Golf kann Volkswagen die digitalen Versprechen nur schwer erfüllen. Auch technisch versierte Autofahrer haben mit der Software ihre Probleme, weil das Fahrzeug nicht bedienerfreundlich bis zum Ende durchentwickelt worden ist. Das Vorgehen erinnert an Tesla. Der US-Autohersteller hat seine Kunden häufig genug mit einer Beta-Version auf Reisen geschickt.
Beim Golf kamen ungewohnte technische Probleme in der Produktion noch dazu. Denn eigentlich behaupten die Wolfsburger von sich selbst, dass sie Meister in der Massenproduktion von Autos sind. Was in aller Regel auch stimmt, nur eben nicht beim neuen Golf.
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Der eine oder andere VW-Manager wollte die Coronakrise für den schleppenden Start des Golf verantwortlich machen. Ein fadenscheiniges Argument: Denn die Probleme sind viel früher in der Entwicklungsphase des Autos entstanden – als in Wolfsburg kaum jemand wusste, was ein Coronavirus überhaupt ist.
Das VW-Image steht auf dem Spiel
In dieser Woche sind bei Volkswagen in Deutschland die Werksferien zu Ende gegangen. Der Wolfsburger Konzern sollte den Wiederanlauf der Produktion dafür nutzen, um die Versprechen beim neuen Golf endlich zu erfüllen. VW hat die Werksferien – hoffentlich – dazu genutzt, um die Probleme beim Golf in den Griff zu bekommen.
Die nächsten Wochen werden zeigen, ob Volkswagen wirklich ein Neubeginn gelungen ist. Dann nämlich, wenn die jetzt produzierten Autos bei Händlern und Kunden ankommen – und Beschwerden ausbleiben. Reputation und gutes Image sind schnell verloren. Der Niedergang anderer Automarken sollte Volkswagen ein warnendes Beispiel sein.
Das gilt erst recht für die vielen neuen Elektromodelle, die der VW-Konzern in nächster Zeit auf den Markt bringen will. Gibt es dann wieder ähnliche Probleme wie beim Golf, dann werden die wenigsten Kunden daran glauben, dass Volkswagen es mit dem Wandel hin zur Elektromobilität wirklich ernst meint.
Mehr: Problemfall Golf: VW-Bestseller verliert Spitzenplatz in Europa.
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