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KommentarWarum die Mangelwirtschaft eine Chance für die Börse darstellt

Materialmangel und Lieferschwierigkeiten: Was für die Realwirtschaft ein Risiko darstellt, honoriert die Börse mit steigenden Kursen. Das ist nur scheinbar ein Paradox.Ulf Sommer 02.11.2021 - 11:55 Uhr Artikel anhören
Foto: dpa

Bis auf knapp ein Prozent ist der Dax nach seinem saisonüblichen Schwächeanfall zum Herbstbeginn wieder an sein Allzeithoch herangekommen. Die US-Börsen sind wie so oft in der Vergangenheit deutlich schneller und haben bereits neue Rekordstände erreicht. Dazu tragen viele starke Quartalsergebnisse bei, allen voran die der IT-Platzhirsche um Microsoft und der Google-Holding Alphabet.

Zweifellos, die Jahresendrally ist angelaufen – und zwar mit Kraft. Das ist erst einmal erstaunlich, denn zuletzt gab es viele ernüchternde Nachrichten: schlechte Konjunkturdaten, Lieferschwierigkeiten, knappe Materialien, steigende Preise – und neuerdings auch wieder eine steigende Zahl von Ertragswarnungen. Immer mehr Unternehmen können ihre hoch gesetzten Prognosen nicht erfüllen.

Hiobsbotschaften wie die der Autozulieferer Continental in Deutschland oder des Mischkonzerns Honeywell in den USA werden sich häufen. Ebenso reduzierte Erwartungen am Absatz, wie die von Volkswagen. Zu groß sind die Engpässe in immer mehr Industriebereichen mit komplizierter gewordenen globalen Lieferketten. Darunter leiden in Deutschland vor allem die Autobauer und ihre Zulieferer. Sie stehen im Dax für rund ein Drittel der Gewinne.

Doch die Aktienkurse steigen weiter, weil Anleger schon jetzt auf den Aufschwung 2.0 nach dem Aufschwung 1.0 spekulieren. Dieser ist aus Sicht der Börse nur kurzzeitig unterbrochen: Viele Unternehmen können angesichts knapp gewordener Halbleiter, dem Mangel an Magnesium und anderer wichtiger Vorprodukte nicht ausreichend produzieren.

Doch die weltweite Nachfrage ist ungebrochen groß, weshalb es zu schmerzlichen Lieferschwierigkeiten kommt. Insofern verschieben sich viele Aufträge, Umsätze und Gewinne, die eigentlich für das laufende Geschäftsjahr eingeplant waren, nur auf 2022 – lautet das durchaus berechtigte Kalkül der Aktionäre.

Starke Perspektive für die Börse

Was für die Realwirtschaft schlecht sein mag, weil die Konjunktur und Steuereinnahmen in der Gegenwart weniger boomen als vor wenigen Wochen erhofft, ist für die Börse eine außerordentlich starke Perspektive. Diese hat sich aufgrund des enormen Rückstaus in der Industrie mit einem Mal verbessert. Und Anleger spekulieren üblicherweise viel mehr auf mögliche Gewinne in der Zukunft als auf bereits bilanzierte Erträge in der Gegenwart.

Anders ausgedrückt: Wenn Unternehmen, wie beispielsweise der Halbleiterproduzent Infineon oder der Autobauer Volkswagen, weniger verdienen sollten, als von optimistischen Analysten und Anlegern erhofft, dann liegt der Grund nicht darin, dass es zu wenig Aufträge gibt, sondern weil Kapazitäten oder Bauteile fehlen, um die rekordhohe Nachfrage ausreichend zu bedienen.

Für die Börse verheißt das viel Gutes, denn aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Ins Wanken gerät dieses positive Szenario, wenn sich die für die Produktion benötigten Rohstoffe und Grundmaterialien weiter verknappen – oder aber die Preise nachhaltig weiter steigen. In dem Fall werden die Notenbanken, allen voran die amerikanische Fed, wohl kaum an ihrer Nullzinspolitik festhalten können.

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Das wäre Gift für die Börsen, weil sich dadurch Kredite für Verbraucher und Unternehmen verteuern und Anleihen attraktiver würden. Der Aktie entstünde eine ernsthafte Konkurrenz.

Doch solange dies nur ein unrealistisches Szenario bleibt, weil die Notenbanker höhere Inflationsraten billigend in Kauf nehmen, um den Aufschwung nicht abzuwürgen, bleibt die Aktie erste Wahl.

Mehr: Die zehn besten Aktien zum Schutz vor Inflation

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