Kommentar Warum Vonovia bei der Übernahme von Deutscher Wohnen aufs Tempo drückt

Unerwartet schnell legt Vonovia ein neues Übernahmeangebot für Deutsche Wohnen vor.
Wenn man in diesen Tagen die Nachrichten aus der Immobilienbranche liest, drängt sich einem eine Frage auf: Ist Vonovia-Chef Rolf Buch blind vor Liebe – oder steckt hinter seiner Beharrlichkeit bei dem Werben um Deutsche Wohnen vielmehr kühle Berechnung?
Mehrmals ist er mit dem Versuch gescheitert, den Bochumer und den Berliner Wohnungskonzern zusammenzuführen. Bereits 2016 kassierte Vonovia-Chef Buch eine Abfuhr, und vor wenigen Tagen scheiterte die zweite Offerte. Man sollte meinen, das reicht. Aber weit gefehlt: Der Vonovia-Chef lässt nicht locker. Sobald die Bafin grünes Licht gibt, soll es ein neues Angebot an die Deutsche-Wohnen-Aktionäre geben.
Man kann dem Vonovia-Chef aber nicht vorwerfen, zu emotional zu sein – im Gegenteil. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, wie rational er vorgeht: Systematisch räumt er bei seinen Offerten ein Hindernis nach dem anderen aus dem Weg – und kann sich deswegen berechtigte Hoffnung machen, dass er Ende des Jahres einen neuen Immobilienriesen geschaffen hat.
Beim ersten Aus vor rund fünf Jahren war der Zusammenschluss am Widerstand des Deutsche-Wohnen-Managements gescheitert. Auch die Investoren hatten Bedenken angemeldet, dass sie lieber zwei Unternehmen aus der Immobilienbranche als Investment hätten als ein großes. Seitdem hat sich die Welt aber verändert: Das Thema Klimawandel ist in den Vordergrund gerückt, auch für die Immobilienbranche, die sich lange aus der Debatte raushalten konnte. Ein Immobiliengigant könnte die nötigen Investitionen besser stemmen.
Auch fiele es einem Immobilienriesen leichter, dem politischen Gegenwind aus Berlin zu widerstehen. Das überzeugte nicht nur Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn. Auch Bedenken der Politik gegen den Zusammenschluss hat Vonovia-Boss Buch aus dem Weg geräumt. Aber genau deswegen läuft ihm nun die Zeit davon.
Wenn nach der Bundestagswahl in Berlin andere Personen und Parteien zum Zuge kommen, verliert der Immobilienmanager viel Arbeit, die er in den vergangenen Monaten und Jahren investiert hat. Sein Traum einer Verbindung von Vonovia und Deutscher Wohnen mit all den erhofften Synergien wäre geplatzt – womöglich ein für alle Mal. Denn ob die Investoren ihm einen weiteren Fehlschlag verzeihen, ist unklar. Hinter dem Tempo, das Vonovia-Chef Buch nun vorlegt, dürfte also weniger Liebestollheit als vielmehr Torschlusspanik stecken.
Mehr: Rolf Buch: „Wir haben das spekulative Element aus dem Angebot herausgenommen“
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.