Kommentar Weniger Trash, mehr Information: Der Imagewandel von RTL kommt spät, ist aber nötig

Der TV-Konzern gibt sich ein neues, positiveres Image.
Düsseldorf Weniger Dieter Bohlen, mehr Hape Kerkeling, so lautet das Wunschimage des TV-Konzerns RTL. Stand Juror Bohlen 18 Jahre lang für das Verhöhnen von Kandidaten der Show „Deutschland sucht den Superstar“, so ist der wieder aktivierte Entertainer Kerkeling der Hoffnungsträger für eine neue, positivere Form der Unterhaltung. RTL will weg vom Trash-Image – und mistet sein Programm entsprechend aus.
Neues, positiveres Programm, ein buntes Firmenlogo, ein ganz neuer TV-Konzern. Wirklich? Nein, sicherlich nicht. Nichts ist so hartnäckig wie ein einmal gefasstes Image. Das wird auch der Konzern RTL zunächst merken, zu dem Sender wie RTL, Vox, RTL 2 und N-TV sowie der Streamingdienst TV Now gehören.
In den Köpfen der Zuschauer sind vor allem die Formate abgespeichert, in denen die Redaktionen einen harten bis krawalligen Ton anschlugen. Und die Moderatoren in den Sendungen gegenüber schwächeren Menschen entsprechend verbal austeilten.
Das Image lässt sich nur langsam und mit kleinen Schritten ändern. Den Ankündigungen müssen Taten folgen – und zwar viele Taten. Damit hat RTL immerhin begonnen. So hat der Sender beispielsweise die beiden Moderatoren Pinar Atalay und Jan Hofer aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk angeheuert, die für Ausgewogenheit stehen.
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RTL will den News-Bereich stärken und engagiert immer mehr Journalisten, die hochkarätige Gesprächspartner anziehen oder investigative Geschichten recherchieren.
RTL bildet den gesellschaftlichen Wandel ab
Schritt für Schritt könnte RTL so die Neupositionierung gelingen. Damit träfe der TV-Sender den Nerv der Zeit. Gerade junge Menschen haben eine Aversion gegen stupide Abwertung. Sie wollen positiv inspiriert werden, nicht zuletzt deshalb boomen soziale Netzwerke wie Instagram und Pinterest. Solche Plattformen geben Raum für Kreativität.
Auch in der Psychologie zeigt sich der Trend – die sogenannte positive Psychologie bekommt heute, nachdem sie jahrzehntelang ein Schattendasein fristete, Platz an Universitäten und in Forschungseinrichtungen. Sie grenzt sich deutlich von der traditionellen, defizitorientierten Psychologie ab.

Bis das Image von RTL sich auch in den Köpfen der Zuschauer verändert, wird viel Zeit vergehen.
Das zeigt den Wandel, den ein Medienunternehmen wie RTL abbilden muss – sonst wird sich die Werbewirtschaft abwenden. Die Lage ist schwer genug. Seit Jahren ziehen Streamingdienste wie Netflix, Amazon Prime Video und neuerdings auch Disney Plus Nutzer auf ihre Plattformen. Gerade junge Zuschauer verbringen immer weniger Zeit mit dem klassischen Fernsehen.
Diesen Schwenk gilt es aus Sicht der Unternehmen wie RTL oder auch Pro Sieben Sat 1 aufzuhalten. Eine Neuerfindung ist daher eine gute Idee – die aber reichlich Zeit benötigen wird.
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