Kommentar: Wirtschaft darf Sonderregeln für Geimpfte erlassen – das ist freie Marktwirtschaft

In der Debatte um Lockerungen für Geimpfte hat der Deutsche Ethikrat um ihre Vorsitzende Alena Buyx (Mitte) klar Stellung bezogen.
Berlin. Überraschend klar hat der Ethikrat besonders schnelle Lockerungen nur für Geimpfte durch den Staat abgelehnt. Sehr hilfreich ist, dass er ebenso klar darauf hingewiesen hat, dass es im Unterschied dazu privaten Unternehmen auch im Fall von Corona völlig freisteht, Kunden unterschiedlich zu behandeln. Konzertveranstalter, Kinos und Restaurantbetreiber dürfen also Geimpfte bevorzugt behandeln, etwa wenn sie sich davon einen Vorteil versprechen.
Vereinfacht: Wenn ein angesagter Klub in normalen Zeiten bevorzugt besonders attraktive Menschen einlässt, darf er nun auch Geimpfte vorlassen. Das kann und muss die Gesellschaft aushalten, das ist auch keine „Impfpflicht durch die Hintertür“, sondern freie Marktwirtschaft.
Umso mehr, als es für den kleinen Teil der privaten Anbieter nicht gilt, die Teil der Grundversorgung sind – also etwa Busunternehmen, die Pendler transportieren.
Die generelle Absage an Lockerungen für Geimpfte durch den Staat hingegen ist völlig nachvollziehbar – denn noch ist eine Impfung, die nicht nur Geimpfte selbst vor Erkrankung schützt, sondern zugleich auch die Weitergabe des Virus an Dritte sicher verhindert, nicht in Sicht.
Das stoppt nun hoffentlich eine weitere Neid- und Profilierungsdebatte, die das gesellschaftliche Klima weiter vergiftet.
Unabhängig davon hat der Rat dem Staat auferlegt, sobald als möglich Lockerungen für alle Bürger gleichermaßen zuzulassen. Dabei kommt es eben nicht darauf an, wie hoch die Infektionsraten sind, sondern ob das Gesundheitssystem nah an einer Überlastung ist oder nicht.
Deshalb sind auch Forderungen, man könne mit den Lockerungen doch nicht warten, bis sich auch der oder die „Allerletzte“ zu einer Impfung durchgerungen hat, schlicht überflüssig. Denn wenn es nur noch wenige Ungeimpfte gibt, hat sich die Lage in den Spitälern voraussichtlich längst völlig entspannt.
Bund und Ländern macht die klare Ansage des Rats das Leben zumindest ein bisschen leichter: Bis auf Weiteres können – und sollten – unsere Spitzenpolitiker auf Debatten über eine Ungleichbehandlung schlicht verzichten.




Die Entscheidung, wann generelle Lockerungen möglich und somit auch geboten sind, wird dadurch aber nicht geringer: Wenn die Auslastung der Intensivstationen deutlich zurückgeht, müssen Kanzlerin und Länderchefs Lockerungen zulassen und wie versprochen zuerst Kitas und Schulen wieder öffnen.
Allerdings nur, wenn sie keine Hinweise darauf haben, dass es sich dabei nur um eine Atempause handelt, bis die gefährlicheren Corona-Mutationen endgültig dominant geworden sind – und dann auch wieder die Zahl der Schwerkranken steigt.





