Kommentar Wirtschaftlich geht die GroKo-Zeit als verlorene Jahre in die Geschichtsbücher ein

Probleme schüttet die Bundesregierung meistens mit Geld zu, meint Martin Greive.
Die schönsten Geschichten schreibt das Leben – und manchmal auch die Politik. Dass ausgerechnet Deutschland, das anderen EU-Staaten gern Lektionen in guter Wirtschaftspolitik erteilt, die Reformauflagen für die Auszahlung der Gelder aus dem EU-Aufbaufonds aus Reformmangel bislang nicht einhält, ist eine echte Pointe.
Die EU hat mit ihrer Kritik völlig recht. Die Große Koalition gaukelt aus inneren Angstreflexen den Wählern seit 2013 eine wirtschaftliche Wohlfühloase vor. Anstatt Konflikte zu lösen, hat die Politik ihre Probleme seitdem mit Geld zugeschüttet: Erst waren es die Flüchtlingskrise und die Angst vor aufkommendem Populismus, dann der Zwang, erneut eine Große Koalition zu schmieden, und die Angst vor dem Ende der Volksparteien und schließlich die Coronakrise und die Angst vor einem kleinen Volksaufstand.
Das Verabreichen dieser Beruhigungspillen wäre auch hinnehmbar gewesen, wenn die Koalition daneben einige strukturelle Reformen angeschoben hätte.
Doch abgesehen vom Kohleausstieg hat sich die Koalition bisher an nichts herangewagt. Wirtschaftlich werden die Jahre der Großen Koalition trotz des langen Aufschwungs als verlorene in die Geschichtsbücher eingehen. Im härter werdenden globalen Kampf um Wohlstand hat sie der nächsten Generation nicht den Boden bereitet, sondern Mühlsteine umgelegt.
Wo ist die wirtschaftspolitische Problemlösungskompetenz?
Im Steuersystem bestehen die Ungerechtigkeiten fort. Die freien Berufe wurden nicht liberalisiert, sondern wieder stärker reglementiert. Dem Rentensystem hat die Koalition allein bis 2025 Mehrausgaben in Höhe von 177 Milliarden Euro aufgebürdet und alle weiteren Probleme im Rentensystem einfach vertagt. Eine Digitalisierungsstrategie ist nirgends zu erkennen.
Dass Deutschland die wirtschaftspolitische Problemlösungskompetenz abhandengekommen ist, zeigt sich auch daran, dass die Regierung jetzt zur Besänftigung der EU einen Fahrplan vorlegen will, wie sie Flaschenhälse bei den öffentlichen Investitionen beseitigen möchte.
Auch diese Maßnahme ist Ausdruck wirtschaftspolitischer Erstarrung: Denn über das Problem reden wir seit bald zehn Jahren.
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