Im deutschen Bundestag, der einem ESM-Hilfsprogramm für Zypern zustimmen muss, scheint es derzeit keine Mehrheit für ein Rettungspaket zu geben. SPD und Grüne haben deutlich gemacht, dass sie einem Hilfsprogramm für Zypern nur zustimmen werden, wenn damit keine Schwarzgelder gerettet und Maßnahmen gegen die vermutete Geldwäsche im Land ergriffen werden. Ohne Stimmen aus dem Oppositionslager dürfte ein Hilfsprogramm für Zypern aber keine Mehrheit im Parlament erhalten. Denn in der Regierungskoalition gibt es zahlreiche Abgeordnete, die die Rettungspolitik grundsätzlich ablehnen.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) bezweifelt, dass mit den diskutierten Hilfsmaßnahmen die Schuldentragfähigkeit Zyperns hergestellt werden kann. Das ist aber eine Bedingung für IWF-Hilfen. Deshalb fordert der Fonds, dass die zyprischen Banken vom europäischen Rettungsfonds (ESM) rekapitalisiert werden. Doch Voraussetzung hierfür ist eine gemeinsame europäische Bankenaufsicht, die es aber nicht vor Mitte 2014 geben wird. Alternativ könnte die Schuldentragfähigkeit durch einen Schuldenschnitt wiederhergestellt werden. Doch dies ist laut EU-Kommissar Rehn keine Option.
In Zypern drohen die Staatsschulden in den kommenden Jahren auf 160 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu steigen. Bereits Ende 2012 lag die Schuldenquote wegen der hohen Haushaltsdefizite in den zurückliegenden Jahren wohl bei knapp 90 Prozent. Und ohne Einnahmen aus dem Verkauf von Staatsvermögen wird der zyprische Staat bis 2015 zur Finanzierung seiner laufenden Ausgaben neue Schulden in Höhe von 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes machen müssen. Wird dem Staat auch noch die Rettung seiner Banken aufgebürdet, wie von den Euro-Finanzministern gefordert, kommen nochmals mehr als 10 Milliarden Euro bzw. 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes hinzu. Diese Summe benötigen die zyprischen Geschäftsbanken, um die Verluste aus ihrem Griechenland-Geschäft und den steigenden Kreditausfällen im Inland auszugleichen sowie die höheren Eigenkapitalanforderungen der Europäischen Bankenaufsicht zu erfüllen.
Die Troika fordert von Zypern, die Steuern zu erhöhen, die aufgeblähte öffentliche Verwaltung zu verkleinern, die Banken schärfer zu regulieren und Staatsunternehmen zu verkaufen. Doch dagegen wehrt sich die zyprische Regierung. Denn das Wirtschaftsmodell des Landes zielt darauf ab, durch niedrige Steuersätze und eine laxe Regulierung Dienstleistungsunternehmen und Kapital anzulocken. Allein der Finanzsektor wuchs von 1995 bis 2011 um 240 Prozent. Sein Anteil an der Gesamtwirtschaft erhöhte sich von 4,9 auf 8,8 Prozent.
Finanziert wurde das Wirtschaftswachstum bisher vor allem mit ausländischem Kapital, vornehmlich aus Griechenland und Russland. Dies spiegelt sich in der tief roten Leistungsbilanz des Landes wider. Ein alternatives Wirtschaftsmodell ist aber nicht in Sicht. Die Industrie ist mit einem Anteil von 6 Prozent an der Gesamtwirtschaft zu klein, um die negativen Effekte der Umstrukturierung im Finanzsektor und im öffentlichen Dienst zu kompensieren. Und auch das zweite wirtschaftliche Standbein der Insel, der Tourismus, kann das nicht leisten. Er steht in direkter Konkurrenz zu Griechenland, Türkei und Nordafrika, die alle versuchen, ihren Tourismus auszuweiten.
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O-Ton Ruth Berschens
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In Spanien und Irland habe man aus gutem Grund darauf verzichten, die bei den Krisen-Banken angelegten Vermögen zu konfiszieren, heißt es in der EU-Behörde. Denn damit hätte man wohlhabende Anleger dauerhaft verschreckt und für die Volkswirtschaft wichtiges Kapital verloren.
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Was im Falle Griechenlands wohl nicht gilt - dort mußten die Gläubiger 70% Verlust hinnehmen.
Und wo liegt der Unterschied zwischen Griechenland und Zypern einerseits und Irland und Spanien andrerseits?
O-Ton Ruth Berschens
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Wieso das in Zypern nun plötzlich anders sein soll, bleibt das Geheimnis des deutschen Finanzministers.
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Das mag für Frau Berschens ein Geheimnis sein, für wohlinformierte Zeitgenossen aber nicht:
In Falle Irlands und Spaniens kann man davon ausgehen, daß diese Länder letzlich die Verbindlichkeiten aus ihren Bankenrettungen vollständig tragen können und werden.
Also ist nicht mit einer Belastung des guteuropäischen Steuerzahlers zu rechnen.
Während im Falle Griechenland und Zypern die Überschuldung zu groß ist - dann ist es nur recht und billig daß sich die privaten Gläubiger an den Verlusten beteiligen und diese nicht gänzlich dem guteuropäischen Steuerzahler zur Last fallen.
(Daß im Falle Griechenland der Staat und nicht primär die Banken gerettet wurden spielt für die Frage der fairen Lastenverteilung zwischen Steuerzahler und Privatgläubigern keine Rolle.)
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O-Ton Ruth Berschens
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Zum einen ist Zypern ein sehr kleines Land und kann sich folglich schlechter als andere gegen das große Deutschland wehren.
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Jetzt wird auch noch auf die Tränendrüse gedrückt - das arme kleine Zypern!
Frau Berschens läßt keinen billigen Trick aus dem demagogischen Repertoire aus.
O-Ton Ruth Berschens
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Allein die anhaltende Diskussion über eine Enteignung von Bankkunden auf Zypern reicht allerdings schon aus, um dem Inselstaat und der Euro-Zone insgesamt zu schaden.
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Wen hier jemand enteignet wird dann doch wohl der guteuropäische Steuerzahler.
Die Bankkunden auf Zypern haben sich offensichtlich die falsche Bank ausgesucht - seit wann ist es eine "Enteignung" wenn Leute die sich mit Ihren Geldanlage verzockt haben nicht vom Steuerzahler gerettet werden?
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O-Ton Ruth Berschens
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Wer das russische Kapital aus Zypern vertreibt, schwächt die Wirtschaft des Landes. Daran können die Geldgeber Zyperns wohl kaum ein Interesse haben - auch Deutschland nicht.
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Kein Mensch außerhalb Zyperns hat an der zypriotischen Wirtschaft auch nur das geringste Interesse.
Steuer- und Regulierungsdumping sind ein parasitäres Geschäftsmodell - wenn das 'mal schief geht sollte man sich darüber freuen anstatt den verendenden Schädling auch noch künstlich zu beamtmen.
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O-Ton Ruth Berschens
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In Spanien und Irland habe man aus gutem Grund darauf verzichten, die bei den Krisen-Banken angelegten Vermögen zu konfiszieren, heißt es in der EU-Behörde.
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Hier wäre nichts "konfisziert" worden wenn man hätte die unklugen Anleger ihrem Schicksal überlassen hätte.
Die falsche Verwendung von Begriffen wie "Enteignung" und "Konfiszierung" durch Frau Berschens hat offensichtlich System.
So etwas bezeichnet man als Demagogie.
@ Muellman07
Der Vergleich ist ok.
Dass es bei den Rettungsaktionen um Menschen geht, wäre mir neu.
Zypern, 0,9 Millionen Einwohner braucht 17 Milliarden, im Vergleich 3,6 Millionen Berliner brauchen 68 Milliarden,82 Millionen Deutsche mal eben 1600 Milliarden. Was wäre das für ein Aufschrei. Und das ist erst der Anfang.Bitte die Relationen beachten !
Man hat Angst wohlhabende Anleger dauerhaft zu verschrecken und für die Volkswirtschaft wichtiges Kapital zu verlieren.
Dafür sollen wir unser Kapital opfern. Dass die Hilfsgelder jemals zurückgezahlt werden, daran glaubt mittlerweile niemand mehr. Griechenland hat bereits angedeutet, dass ein weiterer Schuldenschnitt ausgemachte Sache sei. Daran ändert auch die Besicherung durch zweifelhafte Erdgaserträge nichts, und dass Versprechungen nicht umgesetzt werden, sobald das Geld überwiesen ist, das kennen wir bereits aus Griechenland.
Leute lasst euch nicht täuschen! Unsere Politiker zieren sich noch um Euch zu gefallen, doch letztlich werden sie bezahlen - mit Eurem Geld.
Die Politiker sollten besser Angst haben ihre Wahler zu verlieren.
Zittern braucht Zypern nicht, der Europäische Steuerzahler wird von den Politikern als Zahltrottel mißbraucht u. haftet für alles, auch für Schäubles Ausverkauf von Deutschland
Irland und Zypern sind keine Industrieländer. Zypern braucht entweder den Deal wie in Irland- 2058- oder die Parallelwährung.
Ach Frau Berschens,
ihre Artikel sind ein wahrer Genuss, haben nur nicht viel mit der Realität gemeinsam.
Es ist nicht nur Russisches Schwarzgeld, was n Zypern gelagert wird. Auf internat. Projekten (bin gerade in Frankreich) erlebe ich es immer wieder, dass einige Freiberufler ihr Salär nach Zypern überwiesen bekommen. Insbes. sog. Recruiter aus UK bieten immer mal wieder an, Honorare auch nach Zypern zu überweisen. Manchmal habe ich en Eindruck, ich bin der letzte Vollidiot, der seine Einnahmen alle nach Deutschland überweisn lässt und dort sein Welteinkommen ordnungsgemäß verseuert. Zum Dank kommen trozdem die Schnüffler von der Steuerstasi vorbei und jedes Jahr wird geprüft, wobei der Püfer ja immer noch was raus holen muss.
Wenn Hilfen aus Steuergeldern ehrlicher Steuerzahler an dieses Verbrecherland fließen, wird es Zeit für einen Steuerboykott.
@ hafbrain: "Ich bin im Übrigen gespannt, wie sich die bisher akklamatorisch verhaltende SPD/Grüne im Falle einer Bundestagsentscheidung positioniert!"
Na, wie wohl? Die Frage beantwortet sich von selbst.
Irgendwelche Worthülsen zur Rechtfertigung werden sicherlich bereits formuliert.