Kommentar zu Koalitionsverhandlungen Die Supersubventionierer vom Berliner Balkon

Jamaika-Verhandler auf dem Balkon der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin.
Die Jamaika-Verhandler haben aus der krachenden Niederlage der Großen Koalition bei der Bundestagswahl keine Lehren gezogen. SPD und Union gaben das Geld mit vollen Händen aus. Rente mit 63, Mütterrente oder ein Länderfinanzausgleich, der, genau genommen, aus einem jährlichen Bundeszuschuss von zehn Milliarden Euro pro Jahr besteht. Anstatt jetzt das von den Wählern abgestrafte Gießkannenprinzip zu beenden, geht es bei den Verhandlern von Union, FDP und Grünen einfach immer so weiter.
Der von der Bundesregierung herausgegebene Subventionsbericht hatte bislang die Dicke des Telefonbuchs von Berlin. Der erste Subventionsbericht der möglichen Jamaika-Koalition dürfte dann etwa an die Gelben Seiten von New York heranreichen. Statt ganz systematisch Steuern und Abgaben zu senken, werden alle Wirtschaftsbereiche und Wählergruppen bedacht.
Ein System steckt nicht hinter der Erhöhung des Baukindergelds, der steuerlichen Forschungsförderung oder den Zuschüssen für die energetische Gebäudesanierung. Das sind nur einige Geschenke, die die neue Regierung unters Volk bringen will. Das war übrigens nicht immer so. Es gab Zeiten, da gab es noch die Koch-Steinbrück-Liste, mit der radikal wie mit der Heckenschere durch das Subventionsgestrüpp geschnitten wurde. In Zeiten voller Steuerkassen: alles vorbei.
Heute wird jede Subvention gleich begründet. Doch warum zahlt man Baukindergeld, wenn man einfach das Baurecht liberalisieren könnte? Jungen Familien ist eher geholfen, wenn das Bauen insgesamt billiger wird. Die energetische Gebäudesanierung pumpt viel Geld ins Bauhandwerk. Das sei ihm gegönnt. Doch die Bauhandwerker können ihre Aufträge schon heute nicht mehr abarbeiten, so brummt die Wirtschaft. Wichtiger wäre, für die Personengesellschaften insgesamt die Steuern zu senken, ohne Ansehen des Gewerbes. Es muss egal sein, ob ein Bäckerbetrieb oder eine Dachdeckerfirma davon profitiert.
Ideenlose Möchtegernkoalitionäre
Zuletzt – als eines von vielen Beispielen der Koalition der Supersubventionierer – sei die steuerliche Forschungsförderung genannt. Die hat noch am ehesten Sinn. Davon profitieren aber vor allem Industrieunternehmen und große Mittelständler, die sehr energieintensiv sind. Sinnvoll wäre es, solche Firmen auf dieser Seite zu entlasten. Das völlig verunglückte EEG als Preistreiber Nummer eins muss weg. Das weiß doch eigentlich jeder in Deutschland.
Aber der Flickenteppich passt ins Gesamtbild der Sondierungsgespräche. Die Finanzpolitik der Jamaika-Politiker ist ideenlos. Es wurde in die Verhandlungspapiere geschrieben, was die Parteien schon seit Jahren oder Jahrzehnten fordern. Die letzte große Steuerreform stammt aus dem Jahr 2000. Das ist bald 20 Jahre her. Da war noch Gerhard Schröder Kanzler. Die Möchtegernkoalitionäre vom Berliner Balkon können sich dagegen nicht einmal auf die Abschaffung des Solis einigen. Dabei haben das alle Parteien mit Ausnahme der Linkspartei den Bürgern versprochen. Nur erinnern sich manche nicht mehr daran.
Der Experte für Steuererhöhungen, Trittin, erklärt erst einmal der gemolkenen Mittelschicht, mit einer Abschaffung des Solis wäre der gesamte finanzielle Spielraum verfrühstückt. Wenn man das so sehen will, ist das dann auch so. Aber allein der Bundeshaushalt hat in den kommenden vier Jahren rund 1.300 Milliarden Euro an Steuergeldern zur Verfügung. Trittin will nicht einmal drei Prozent dieser Mittel den Bürgern zurückgeben. Zu befürchten ist eher, dass das viele Geld wieder in Projekte wie die Erhöhung der Mütterrente fließt. Die CSU muss auch eine Trophäe nach München zurücktragen.
Auf die in die Zukunft
Was lernen wir aus dem Klein-Klein der neuen Regierung? Deutschland sollte anfangen, nicht länger in der Vergangenheit zu leben, sondern an die Zukunft zu denken. Neben einer Steuerentlastung für alle müsste das Investitionen in Bildung und Digitalisierung im großen Stil bedeuten. Nur so kann man auch die Ängste vieler diesbezüglich mildern, was etwa durch die Umwälzungen auf dem Arbeitsmarkt durch Roboter auf sie zukommt. Wir stehen vor einer Revolution unseres Lebens und tun so, als ginge uns das nichts an. Es wäre auch ein Konjunkturprogramm gegen die AfD, die mit allen möglichen Ängsten spielt.
Immerhin läuft im kommenden Jahr die Subventionierung der Steinkohle nach 40 Jahren aus. Schaut man ins Ruhrgebiet, sieht man, was die 100 Milliarden Euro an staatlichen Finanzhilfen gebracht haben. Statt den Strukturwandel aktiv voranzutreiben, bediente man die Befindlichkeiten der Bergmanns-Traditionsvereine. Dabei hat man aber nicht an die Zukunft gedacht. Die Quittung durch den Wähler kam umgehend. Bei den Landtagswahlen und der Bundestagswahl wurde die SPD abgestraft, Erfolge im Ruhrgebiet hingegen feierte die AfD. Das sollte den Jamaika-Verhandlern die Augen öffnen: Gießkanne wegpacken und mit der großen Spritze Zukunftsprojekte im Land anschieben!
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