Schule: Wenn die Lehrer nicht mit dem Computer umgehen können


Man mag es kaum glauben: Inzwischen berichten fast zwei Drittel der Mathematiklehrer an Grundschulen, dass ihnen digitale Medien im Unterricht zur Verfügung stehen, im Sachunterricht sind es sogar gut 80 Prozent. Die vielen Milliarden Euro, die der Bund den Ländern dafür im Rahmen des Digitalpakts gegeben hat, sind also doch in den Klassenzimmern angekommen.
Und wie die neue internationale TIMSS-Studie zu den Mathematikleistungen von Viertklässlern zeigt, liegen wir damit auch im weltweiten Vergleich weit vorn: In der Europäischen Union sind die Quoten deutlich niedriger, und auch in den OECD-Ländern ist der Anteil geringer als in der Bundesrepublik.
Mehr als die Hälfte der Viertklässler nutzt digitale Geräte nie oder nur gelegentlich
Doch nun zum traurigen Aber: Die Geräte werden nur „begrenzt genutzt“, haben die TIMSS-Experten anhand von Lehrerfragebögen ermittelt. Ein Drittel der Schüler nutzt digitale Programme so gut wie nie, um individuelle Aufgaben im eigenen Tempo zu bearbeiten, fast ebenso viele nur ein- oder zweimal im Monat. Dies ist insofern bedenklich, als nur digitale Programme eine exakte Orientierung am aktuellen Lernfortschritt des einzelnen Schülers ermöglichen.
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Der Grund für die mangelnde Nutzung liegt in den Defiziten der Lehrkräfte, die hierzulande noch weitaus größer sind als im internationalen Vergleich. Sie wissen oft einfach nicht, wie sie mit den vorhandenen Geräten und Programmen umgehen sollen, weil sie dafür nicht ausgebildet sind.
Kein Wunder, denn die Weiterbildung war lange Zeit ein Stiefkind des deutschen Bildungssystems. Und in den Corona-Jahren wurde sie natürlich noch weiter in den Hintergrund gedrängt, als sie es ohnehin schon war.
Fortbildungen sind meistens freiwillig
Lediglich vier Bundesländer schreiben ihren Lehrkräften eine bestimmte Mindestzahl an Fortbildungsstunden pro Jahr vor: Und selbst dort variiert der Umfang deutlich zwischen zehn Stunden in Berlin, 15 in Bayern und 30 in Hamburg und Bremen.
Andernorts sind Weiterbildungen de facto freiwillig. Denn sie sind immer eine zusätzliche Belastung, die nicht jeder gerne auf sich nimmt. Experten beklagen, dass Lehrer ohnehin eine gewisse Grundskepsis gegenüber systematischer Evaluation und neuen Methoden hätten. Stattdessen verließen sie sich auf ihr „Bauchgefühl“, auch wenn wissenschaftliche und digitale Instrumente viel besser Auskunft darüber geben könnten, was Schüler wirklich können oder wie sie sich entwickelt haben.





Deshalb müssen alle Kultusminister erstens mehr hochwertige Fortbildungen anbieten und zweitens ihre Lehrkräfte zur Teilnahme verpflichten. Nur dann haben sie auch gute Argumente, vom Bund eine ausreichende Finanzierung für die anstehende Neuauflage des Digitalpakts Schule zu fordern. Denn warum sollte der Bund wieder viele Milliarden für Schultablets ausgeben, wenn die Lehrer vor Ort sie nicht nutzen, weil sie nicht damit umgehen können?
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Erstpublikation: 04.12.2024, 16:59 Uhr





