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Morning BriefingAktien, Anleihen, Gold – droht der Welt die Multiblase?

Christian Rickens 08.10.2025 - 06:15 Uhr Artikel anhören
Handelsblatt Morning Briefing

Achtung, Multiblase: Sind KI-Aktien überbewertet?

08.10.2025
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Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser!

Unternehmenserben ist dank eines Steuerprivilegs seit 2021 Erbschaftsteuer in Höhe von rund 7,6 Milliarden Euro erlassen worden. Das geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor, die unseren Hauptstadt-Reportern Martin Greive und Jan Hildebrand vorliegt.

2016 hatte die damalige Große Koalition die Erbschaftsteuer nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts reformieren müssen. Dabei räumte sie Betriebserben Möglichkeiten ein, sich unter bestimmten Bedingungen von der Erbschaftsteuer befreien zu können. Eine dieser Möglichkeiten ist die sogenannte „Verschonungsbedarfsprüfung“: Übersteigt das zu übertragende Betriebsvermögen 26 Millionen Euro, kann der Erbe einen Steuererlass beantragen, sofern es ihm oder ihr nicht möglich ist, die anfallende Steuer aus dem verfügbaren Vermögen zu begleichen.

In den kommenden Monaten wird ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts erwartet. Viele Experten gehen davon aus, dass Karlsruhe die Bevorzugung von Betriebserben in ihrer jetzigen Form für verfassungswidrig erklären wird.

Und dann? Ordnungspolitisch tickende Ökonomen wie Lars Feld oder Ifo-Präsident Clemens Fuest plädieren für eine „Flat Tax“: einen einheitlichen Steuersatz, den alle Erben zahlen müssen. Können Betriebserben diese Steuerschuld nicht sofort begleichen, dürfen sie dem Vorschlag zufolge die Erbschaftsteuer abstottern, die in der Regel ja nur alle paar Jahrzehnte anfällt.

Der Bescheid über die Erbschaftsteuer könnte für Betriebserben in Zukunft weniger freundlich ausfallen. Foto: Wolfram Kastl/dpa

Feld und Fuest schwebt dabei ein fixer Steuersatz von maximal zehn Prozent vor. Nach Berechnungen von Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) müsste der Steuersatz bei einem „Flat Tax“-Modell allerdings zwölf oder 13 Prozent betragen, um das heutige Steueraufkommen zu erzielen.

Zum Vergleich: Derzeit liegen die Sätze für die Erbschaftsteuer je nach Höhe des Erbes und Verwandtschaftsgrad zwischen sieben und 50 Prozent.

Ein Blick in die Zahlen zeigt allerdings auch: Die Träume, durch weniger Ausnahmen bei der Erbschaftsteuer reiche Familien deutlich stärker als bisher zur Finanzierung des Staatshaushalts heranzuziehen, werden genau das bleiben – Träume. Die 7,6 Milliarden Euro, die Unternehmenserben seit 2021 erlassen wurden, entsprechen etwa der Hälfte der Tabaksteuer-Einnahmen allein im Jahr 2024.

Ich persönlich habe Sympathien für das „Flat Tax“-Modell. Nicht, weil ich Unternehmenserben ihr Vermögen neide. Aber wer es als Unternehmer nicht schafft, genug Gewinn zu erwirtschaften, um davon über eine Generation hinweg im Schnitt vielleicht ein halbes Prozent Erbschaftsteuer pro Jahr zu bezahlen: Der sollte das geerbte Unternehmen womöglich besser anderen überlassen, die mehr damit anzufangen wissen.

Einrücken in die modulare Stube

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) setzt auf das Baukastenprinzip, um möglichst schnell Unterbringungsmöglichkeiten für neue Wehrdienstleistende zu schaffen. Ab 2027 sollen auf bestehenden Liegenschaften der Bundeswehr 270 Kompaniegebäude in Modulbauweise errichtet werden, wie Pistorius am Dienstag mitteilte.

Pistorius muss Tausende neue Soldatinnen und Soldaten unterbringen. Foto: dpa

Die aktive Truppe der Bundeswehr soll laut Plan von knapp 183.000 auf 260.000 Soldatinnen und Soldaten wachsen. Außerdem ist geplant, eine 200.000 Köpfe starke Reserve aufzubauen. Dazu soll die Zahl der Wehrdienstleistenden steigen – von derzeit jährlich rund 15.000 auf 40.000 ab 2031. Deshalb müssen laut Pistorius nun rasch neue Kasernen her.

Frankreichs Krise und der Anleihemarkt

Der Rücktritt des französischen Premierministers Sébastien Lecornu am Montag hatte an den Finanzmärkten eher überschaubare Auswirkungen. Seit Wochenbeginn sind die Renditen zehnjähriger französischer Staatsanleihen um etwa 0,07 Prozentpunkte gestiegen, die Kurse entsprechend gesunken.

Mich überrascht diese Gelassenheit der Märkte, denn mit dem Scheitern des fünften Premierministers innerhalb von zwei Jahren sind die Chancen gen null gesunken, dass Frankreich in absehbarer Zeit von seinen hohen Haushaltsdefiziten herunterkommt. Es fehlt schlicht an einer Regierung, die genug politische Kraft für einen echten Reformhaushalt mitbringt.

Frankreichs Haushaltslage hatte sich zuletzt stetig verschlechtert. Im vergangenen Jahr betrug das Defizit 5,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), nach 5,4 Prozent im Vorjahr. Die Staatsschulden stehen inzwischen bei mehr als 110 Prozent des BIP.

Sollte es zu Neuwahlen des französischen Parlaments kommen, könnte sich der Renditeabstand von französischen Staatsanleihen zu Bundesanleihen auf einen Prozentpunkt ausweiten, schätzt Neil Mehta vom Vermögensverwalter RBC Bluebay Asset Management. Aktuell liegt der Abstand für zehnjährige Bonds bei 0,85 Prozentpunkten.

Immerhin: Nicola Mai, Anleihe-Analyst beim US-Fondshaus Pimco, sieht derzeit keine Ansteckungsgefahr für andere europäische Staatsanleihen: „Frankreich ist ein isolierter Fall.“

Droht der Welt die Multiblase?

Nicht jeder ist so optimistisch. Andere Beobachter betrachten die relativ geringen Risikoaufschläge für Anleihen hochverschuldeter Staaten als Symptom einer sogenannten „Multiblase“: einer gleichzeitigen Überbewertung verschiedener Anlageklassen. Weitere Indizien gefällig?

    Amazon-Gründer Jeff Bezos sprach auf einer Tech-Konferenz von einer „industriellen Blase“ beim Boomthema Künstliche Intelligenz (KI): Derzeit würden alle Ideen finanziert, egal ob gut oder schlecht.David Solomon, Chef der Investmentbank Goldman Sachs, warnt vor einem Einbruch, weil die enormen Investitionen in KI „am Ende keine Rendite bringen werden“.Gleichzeitig erreicht Gold als Zufluchtsort in Krisenzeiten immer neue Rekorde. Am frühen Mittwochmorgen kletterte der Preis pro Feinunze zum ersten Mal auf über 4000 Dollar, über als 50 Prozent mehr als noch zu Jahresanfang.

Julien Garran vom Analysehaus Macro Strategy Partnership hält die KI-Blase für 17-mal größer als die Tech-Blase aus dem Jahr 2000 und für viermal größer als die Immobilienblase, die 2008 die Finanzkrise auslöste. An der Wall Street, so berichtet es unser US-Korrespondententeam, wird bereits heftig debattiert, wann die Blase platzen könnte.

Es gibt aber auch eine Reihe von Optimisten, die darauf setzen, dass der Aufschwung an den Börsen noch weitergehen kann – wer zu früh aussteigt, zählt dann möglicherweise zu den Verlierern.

Ottobock mit hohem Ausgabepreis

Von Optimismus zeugt auch die Bewertung, mit der Ottobock am Donnerstag an der Frankfurter Börse starten will. Der weltgrößte Prothesen-Hersteller teilte am Dienstag bis zu 12,24 Millionen Aktien zum Preis von 66 Euro zu – und damit am oberen Ende der Spanne, die von 62 bis 66 Euro gereicht hatte. Das Unternehmen aus Duderstadt bei Göttingen kommt damit auf einen Börsenwert von 4,22 Milliarden Euro. Der Erlös von 808 Millionen Euro aus dem Börsengang geht zum größten Teil an die Eigentümerfamilie um Verwaltungsratschef Hans-Georg Näder.

Zumindest einer dürfte dann rechtzeitig den Ausstieg geschafft haben.

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Ich wünsche Ihnen einen Mittwoch, der seine hohe Bewertung in jeder Hinsicht rechtfertigt.

Herzliche Grüße,
Ihr

Christian Rickens
Textchef Handelsblatt

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