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Morning Briefing Angela Merkel kennt kein Pardon mehr

29.03.2021 - 06:25 Uhr Kommentieren

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

Angela Merkel bei Anne Will – das war für die einen die Verlängerung eines Fernsehabends nach dem „Tatort“, für die anderen aber ein zäher Kampf, Vertrauenskapital wieder hereinzuholen. Ihre Sprechstunde war so etwas wie die Erinnerung an die Talkshow-Gesellschaft von einst, als man Erich Böhme oder auch Sabine Christiansen zuschaute, ehe die Öffentlich-Rechtlichen dann das Format über eine groteske Vervielfältigung einfach kaputt sendeten. So sitzen mittlerweile immer die Gleichen über dem immer gleichen Thema Corona nach der immer gleichen Dramaturgie zusammen.

Quelle: dpa
Die Talkshow-Antwort Merkels war im sechsten Lockdown-Monat ein radikales Plädoyer fürs Dichtmachen.

Die Kanzlerin selbst kommt nur, wenn es brennt, in der Regierung und in ihrer Union, und das auch nur als Solo. Das war so in der Flüchtlingsfrage, das ist auch jetzt so im verspielten, ja vergeigten Corona-Krisenmanagement. Was die Wähler nach aktuellen Umfragen innerhalb kurzer Zeit mit dem Entzug von satten elf Prozentpunkten auf nur noch 25 Prozent quittiert haben.

Die Talkshow-Antwort Merkels war ein radikales Plädoyer fürs Dichtmachen: „Wir müssen mehr tun!“ So seien weitere Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen „ganz wichtige Mittel, um jetzt das exponentielle Wachstum zu stoppen“, sagte sie am Sonntagabend. Renitenten Ministerpräsidenten zeigte sie sogleich politische Folterwerkzeuge mit der Drohung, notfalls das Infektionsschutzgesetz anzupassen: „Ich werde jetzt nicht tatenlos zusehen!“ Es erwischte auch ihren Nach-Nachfolger im CDU-Chefamt, den NRW-Premier Armin Laschet: „Ich habe mir die Notbremse nicht so gedacht“, sagte Merkel zu dessen Ansatz, die Notbremse nur selektiv zu ziehen.

Fazit: Die Frau, die eben noch die Republik um Verzeihung bat, kennt nun kein Pardon mehr. Wenige Monate vor ihrem offiziellen Amtsende sucht sie mit einem Rundumschlag noch einmal die Machtprobe – auch innerhalb der CDU.

Es sieht so aus, als könne die Commerzbank ihre Chaos-Tage beenden: Mit Helmut Gottschalk steht nun tatsächlich ein leibhaftiger Kandidat für den vakanten Posten des Aufsichtsratschefs zur Verfügung. Der einstige Chefkontrolleur der genossenschaftlichen DZ Bank werde der Hauptversammlung vorgeschlagen, teilt das Geldinstitut mit. Gottschalk folgt damit auf Hans-Jörg Vetter, der sein Amt am 16. März aus gesundheitlichen Gründen niedergelegt hat. Noch unklar ist, wie ein weiterer offener Posten im Aufsichtsrat besetzt wird: Auch Andreas Schmitz, einst deutscher Chef der Großbank HSBC, hatte sich mit sofortiger Wirkung zurückgezogen.

2020 war ein forderndes Jahr, das die Gehaltskonten der Dax-Vorstandschefs aber doch weitgehend verschont hat. Ihr Salär sank um nur zehn Prozent gegenüber 2019, sie verdienten im Median 4,9 Millionen nach 5,5 Millionen im Vorjahr. Topverdiener war diesmal Frank Appel von der Staatsbeteiligung Deutsche Post, gefolgt vom ausgeschieden Siemens-CEO Joe Kaeser und dem scheidenden Stefan Oschmann von Merck in Darmstadt. Bei Bayer und BASF hielten die Verantwortlichen ihr Einkommen trotz Milliardenabschreibungen sogar konstant. Gehaltsexperte Heinz Evers, der die Daten für das Handelsblatt ausgewertet hat, sagt: „Gemessen an den wirtschaftlichen Ergebnissen sind die Chefs glimpflich davongekommen – und das auf hohem Vergütungsniveau.“

Quelle: Reuters
Im Handelsblatt-Gespräch erzählt Stephen Schwarzman, dass Blackstone als weltgrößter Immobilieninvestor prächtig mit Lagerhäusern verdient.

Einer der treibenden Akteure der Finanzialisierung der Weltökonomie ist Stephen Schwarzman. Der 74-jährige Gründer von Blackstone, der im Coronakrisenjahr mindestens 610 Millionen Dollar verdiente, hat seine Wettbewerbsfähigkeit zum eigenen Gefallen so sehr bewiesen, dass er sich anderen Dingen widmen kann, die einen Hauch von Unsterblichkeit garantieren: Bildungsinitiativen, Medizin und seinem Buch „What it Takes“, das 17 Monate nach Start in den USA nun auch auf Deutsch erscheint.

Im Handelsblatt-Gespräch erzählt er, dass Blackstone als weltgrößter Immobilieninvestor prächtig mit Lagerhäusern verdient und wieder auf Hotels setzt. Und im Stammgeschäft Private Equity preist Schwarzman den Börsenerfolg der Dating-App Bumble sowie das Investment in Oatly. Dass der Multimilliardär bis fast zum Schluss den schlechtesten US-Präsidenten aller Zeiten unterstützte, stellt er als Nachbarschaftshilfe dar: „Donald Trump kannte ich aus New York, und da lag es nur nahe, dass ich ihm auch behilflich sein wollte.“

Hochrangige UN-Verantwortliche haben das Blutvergießen in Myanmar scharf verurteilt. Dort hatten die Militärs, die durch einen Putsch die Macht eroberten, am Samstag mindesten 114 friedliche Demonstranten getötet. In einem gemeinsamen Statement fordern Alice Wairimu Nderitu und Michelle Bachelet sowie rund ein Dutzend internationale Militärchefs die Junta auf, „die Menschen, denen sie dient, zu beschützen, und nicht, ihnen zu schaden“. Der für das asiatische Land zuständige UN-Berichterstatter Tom Andrews spricht von „Massenmord“ und appelliert an die Welt, die Militärregierung zu isolieren und den Zugang zu Waffen zu unterbinden.

Quelle: Reuters
All die Sponsor-Millionen aber dürften die Blutspuren des Apparats unter Kronprinz Mohammed bin Salman kaum vergessen machen.

Und dann ist da noch das schlecht beleumundete Öl-Imperium Saudi-Arabien, das zwecks Imagepolitur mehr als 1,5 Milliarden Dollar in internationale Sport-Events steckt. Das steht in einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Grant Liberty, der in dieser Woche veröffentlicht wird. Zum Saudi-Investment gehört vor allen ein 650-Millionen-Dollar-Deal mit der Formel 1, die bei dem gestern in Bahrain gestarteten Grand Prix ihre Boliden erstmals auch in einer saudischen Stadt, nämlich in Jeddah, kreisen lässt.

Teil des kritisierten „Sportswashing“ sind auch Schach-Meisterschaften, Tennis- und Golf-Wettbewerbe sowie das Pferderennen Saudi Cup. Zu den Zukunftsprojekten zählen das 180-Millionen-Dollar-Sponsoring von Real Madrid und 200 Millionen für einen Boxkampf zwischen Tyson Fury und Anthony Joshua. All die Sponsoren-Millionen aber dürften die Blutspuren des Apparats unter Kronprinz Mohammed bin Salman kaum vergessen machen.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche.
Es grüßt Sie herzlich

Ihr

Hans-Jürgen Jakobs
Senior Editor

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