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Morning Briefing Corona-Mutmacher Joe Biden

03.03.2021 - 06:00 Uhr Kommentieren

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

wenn sich heute die Bund-Länder-Konferenz mal wieder in Sachen Corona zusammenschaltet, täten ein paar ehrliche Worte eingangs gut: Staaten wie die USA und Großbritannien, die vor einem Jahr im Viruskampf jäh versagten, sind heute viel weiter als die Deutschen, die Weltmeister im Selbstanspruch. US-Präsident Joe Biden hat gerade verkündet, dass jeder Amerikaner spätestens Ende Mai seine Impfdosis hat und Merck das Serum von Johnson & Johnson produziert. Und wenn wir schon bei Ehrlichkeit sind: Kritik an der EU-Bürokratie wegen ihrer Genehmigung und Beschaffung von Impfstoffen ist Pflicht. Österreich schaut mit Dänemark, was in Israel zu holen ist, die Slowakei impft – wie Ungarn – das in der EU noch gar nicht zugelassene Sputnik V aus Russland. Wenn das so weitergeht, ist Ursula von der Leyen eine Herdenführerin ohne Herde.

    Quelle: Reuters
US-Präsident Joe Biden hat gerade verkündet, dass jeder Amerikaner spätestens Ende Mai seine Impfdosis hat.

Mitten in der deutschen „Schnauze-voll“-Stimmung, die der CDU-Politiker Volker Bouffier zur Sprache gebracht hat, verabreicht Angela Merkel ihre gewohnt bittere Medizin: weiterer Lockdown bis 28. März. Doch weil auch die Kanzlerin um die angegriffenen Nerven im Volk weiß, bemüht sie einen vagen Stufenplan der Hoffnung: „Für die nächsten Wochen und Monate wird es bei stabilem Infektionsgeschehen einen Vierklang geben aus Impfen, Testen, Kontaktnachvollziehung und Öffnungen“, heißt es im Entwurf der Beschlussvorlage. Als Inzidenzwert wird 35 genannt, den viele Top-Politiker schon gar nicht mehr akzeptieren. „Vierklang“, das deutet wie im Jazz auf einen fulminanten Septakkord hin. Da es aber sowohl an Impfdosen als auch an Testkapazitäten fehlt und die App zur Kontaktverfolgung auf den Namen „Default“ hört, ist das Ganze zunächst einmal eine rhetorische Mogelpackung. Free Jazz.

Überall bröckelt der Rückhalt für eine simple Berliner Wasserhahn-Politik, die das Wasser je nach Meldung des Robert Koch-Instituts laufen, tröpfeln oder gar nicht laufen lässt. Auch die Wirtschaftswissenschafter loben diese Pandemie-Politik, anders als vor einem Jahr, nicht mehr über den grünen Klee. Nach einem Panel des Ifo-Instituts und der „Frankfurter Allgemeinen“ sind inzwischen 47 Prozent der befragten Professorenschaft „eher unzufrieden“ oder sogar „sehr unzufrieden“ mit der Corona-Wirtschaftspolitik. 30 Prozent reagieren mit „teils-teils“, 20 Prozent sind zufrieden – und nur noch zwei Prozent sind „sehr zufrieden“. Die Gründe für den gestiegenen Frust sind die der Bürger: Die Politik sei zu langsam und zu unflexibel, es fehlten Öffnungsperspektiven und unbürokratische Hilfen für die Firmen. Mit Wilhelm Busch könnte man anmerken: „Zu viel und zu wenig Vertrauen sind Nachbarskinder.“

Weil die Wirtschaftsprüfer von EY jahrelang uneingeschränkt die Bilanzen des pleitegegangenen Betrügerkonzerns Wirecard testiert haben, sind sie zu Spottfiguren in der Öffentlichkeit geworden. Sie verloren Ruf und Aufträge: Commerzbank und KfW sind als Kunden weg, DWS und Deutsche Telekom kommen nicht. Nun droht weiterer Kummer. Die Finanzaufsicht Bafin prüft, ob es angemessen ist, dass EY weiterhin die Bilanzen diverser deutscher Konzerne prüft. Gefragt wird, ob möglicherweise „die Erreichung des Prüfungszwecks gefährdet“ ist – wie aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der FDP hervorgeht, die uns vorliegt.

Die ganze Branche, vor allem die vier größten Prüfkonzerne, sind ins schiefe Licht geraten. Am morgigen Donnerstag berät der Bundestag über eine schärfere Regulierung. Volker Krug, neuer Deutschlandchef von Deloitte, geht im Handelsblatt-Gespräch auf Sympathiekurs: „Wir müssen verlorenes Vertrauen wieder aufbauen.“

Quelle: dpa
Lobbyisten, die größten Gewinner der Berliner Republik, müssen sich künftig immerhin in ein neues Lobbyregister eintragen.

Zu den fraglos größten Gewinnern der Berliner Republik gehören die Lobbyisten. Sie sind erfolgreiche Wegelagerer der Politik – die sich künftig immerhin bei einem neuen Lobbyregister eintragen müssen. Es wird beim Bundestag geführt. Nach ARD-Informationen müssen sich Interessenvertreter schon vor Erstkontakt mit Politikern eintragen und dabei über Arbeit- und Auftraggeber sowie die finanzielle Aufwendung informieren. Bei Vergehen sind Bußgelder von bis zu 50.000 Euro möglich.

Die SPD jubelt nach zehn Jahren Kampf für ein solches Lobbyregister, die Union dagegen verweist auf ihren Erfolg, dass die konkrete Aufbereitung der Lobbyisten-Taten bei der Erarbeitung von Gesetzen entfällt. Den sogenannten „exekutiven Fußabdruck“ wird es nicht geben. Ohne ihn aber ist der „ethische Fußabdruck“ nur eine halbe Sache.

Unter den Personen, die aktuell auffallen, rangiert Italiens Ex-Premier Giuseppe Conte ganz oben, der die Sponti-Partei Cinque Stelle übernehmen will. Im ZDF verlängert der verdiente Intendant Thomas Bellut, der seiner Anstalt die Schocktherapie Böhmermann verordnet hat, seinen im März 2022 auslaufenden Vertrag nicht. In Mönchengladbach verliert der Fußballtrainer Marco Rose auch gegen den Klub Borussia Dortmund, zu dem er nach Saisonende wechselt, mit dem Auftrag, zu gewinnen. Und der bekannte Münchener Vermögensverwalter Jens Ehrhardt sagt im Handelsblatt-Gespräch etwas über Bitcoin zum Mitschreiben: „Die größte Blase aller Zeiten.“

Für westliche Industriekonzerne ist der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman ein Garant für Aufträge und Umsatz. Doch der politische Druck auf ihn nimmt zu. Die Organisation Reporter ohne Grenzen hat beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe Strafanzeige gegen ihn wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit erstattet. Es geht um die Inhaftierung von 34 Journalisten und die Ermordung des Autors Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul. Und schließlich fordert dessen Verlobte Hatice Cengiz, Mohammed bin Salman müsse sofort „ohne Verzögerung bestraft werden“ – weil er den Mord genehmigt habe.

Darauf verweisen immerhin jüngst veröffentlichte US-Geheimdienstberichte. Die Wahrheit sei einmal mehr zutage getreten, erklärt Cengiz, das genüge aber nicht: „Wahrheit ist nur bedeutsam, wenn sie hilft, Gerechtigkeit zu erreichen“. Weil US-Präsident Biden auf Sanktionen gegen Mohammed bin Salman verzichtet, schreibt die „Washington Post“ entrüstet vom „Freifahrtschein für Mord“.

Quelle: dapd
Wolfgang Thierse fühlt sich von Parteichefin Saskia Esken und ihrem Vize Kevin Kühnert beschädigt.
(Foto: dapd)

Und dann ist da noch der Berliner SPD-Recke Wolfgang Thierse, der sich vor Jahren mal über die Schwaben im Prenzlauer Berg beschwerte, die nicht Wecken, sondern Schrippen beim Bäcker orderten. Nun fühlt sich der einstige Bundestagspräsident von Parteichefin Saskia Esken und ihrem Vize Kevin Kühnert beschädigt. Die hatten sich „beschämt“ über Sozialdemokraten gezeigt, die ein „rückwärtsgewandtes Bild der SPD“ zeichnen würden. Das bezog sich auf einen Essay Thierses über Identitätspolitik, worin er sich gegen eine zu weit gehende „Cancel Culture“ wandte, also das Anprangern Einzelner wegen eines vermuteten Fehlverhaltens. Und er hatte „Blackfacing“ als „elementaren Teil der Kulturgeschichte“ gelobt: Weiße schminken sich dabei, um Schwarze darzustellen.

In einem Brief an die Parteispitze, aus dem der „Tagesspiegel“ zitiert, bietet Thierse seinen Rücktritt aus der SPD an. Er bittet um Mitteilung, ob sein Verbleiben „weiterhin wünschenswert oder eher schädlich“ sei. Er selbst habe Zweifel, „wenn sich zwei Mitglieder der Parteiführung von mir distanzieren“. Der Streit ließe sich vielleicht bei einem Frühstück mit Kaffee und Schrippen am besten lösen.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Es grüßt Sie herzlich

Ihr

Hans-Jürgen Jakobs
Senior Editor

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