Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Morning Briefing Das Corona-Eingeständnis der Kanzlerin

13.01.2021 - 06:00 Uhr Kommentieren

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

zu den schönsten Übungen der Bundeskanzlerin Angela Merkel gehört es, ihren Gesundheitsminister aufs Herzlichste und Schmerzlichste in Schutz zu nehmen. Man solle nicht an ihm und seiner Impfbeschaffung „rummäkeln“, sagte sie gestern in einer Videoschalte der Unionsfraktion.

Dann aber sprach sie wie jemand aus der Jens-Spahn-Kritikerschar im Land: „Die Frage, die man stellen kann: Haben wir im Augenblick genug Impfstoff?“ Und beantwortete sich anschließend selbst mit der deprimierenden Aussicht, die Quartale eins und zwei seien „kritisch“. Aber ab dem dritten Quartal „werden wir eher was abgeben können, als was brauchen“.

Aufmerksame Zeitgenossen werden sich daran erinnern, dass Spahn irgendwo bei seinen Stafettenläufen vor den verfügbaren TV-Kameras angekündigt hat, jeder Deutsche werde voraussichtlich bis Sommer, also Ende des zweiten Quartals, geimpft. Das passt mit Merkels Botschaft nicht zusammen, was der Minister heute in seiner Regierungserklärung zu den Impfungen klarstellen kann. Vielleicht zitiert er den englischen Dichter William Blake: „Man weiß nicht, was genug ist, bevor man weiß, was mehr als genug ist.“

Quelle: Reuters
Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnet den Impfstoffbestand für Deutschland in den ersten beiden Quartalen als „kritisch“.

Ein bisschen Wahlhilfe macht Noch-CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer für den NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet. Sie wünsche sich einen Nachfolger mit Regierungserfahrung, sagte sie der „Frankfurter Allgemeinen“. In ihrer Partei sei es ein ganz wichtiger Punkt, „wie jemand mit Verantwortung umgeht“.

Und dann: „Aber die eigentliche Regierungserfahrung, da haben Sie recht, die liegt bei Armin Laschet.“ Probeabstimmungen in Nordrhein-Westfalen zeigen, dass die Zeichen gut für Laschet stehen – das bevölkerungsreichste Bundesland stellt ein Drittel der Delegierten für den digitalen Parteitag am kommenden Samstag.

Irgendwie scheint das große Momentum, dass Rivale Friedrich Merz vor dem Hamburger Parteitag 2018 getragen hatte, wie vom Winde verweht zu sein. Manches fällt ihm auf die Füße, etwa ein Satz zu Donald Trump am Wahlabend im November 2020: „Wir kämen schon klar.“

In seinem Twitter-Lager wird bereits über mögliche Wahlmauscheleien der CDU-Führung spekuliert. Man könne im Fall einer Niederlage ja sagen: „Mein Stream ist abgebrochen, als Friedrich Merz sprach“ – und dann als Delegierter gegen das Ergebnis vor Gericht ziehen.

Die Thüringer Regierungskrise mit einem Kurzzeit-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich hat 2020 die Republik geschockt. Als sich danach eine Minderheitsregierung aus Linken, SPD und Grünen mit der CDU arrangiert hatte, schien der Neuwahltermin 25. April 2021 sakrosankt zu sein. Nun aber denken die Parteien angesichts einer Corona-Inzidenz von zuletzt 326 über eine Verschiebung der Landtagswahlen in den September nach – dann könnte sie parallel zur Bundestagswahl stattfinden.

Das sei ein Gebot der Vernunft, erklärt Grünen-Fraktionschefin Astrid Rothe-Beinlich. Ein Wahlkampf mit 30.000 Helfern sei „derzeit nicht zu verantworten“. Die seit langem vorbereiteten Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sollen dagegen wie geplant Mitte März über die Bühne gehen.

Fast ehrfurchtsvoll sind Politiker, Unternehmer und Journalisten jahrelang durch das Silicon Valley gepilgert. Was gab es da nicht alles zu sehen! CEOs im Hoodie, Nerds in der Lounge Area, Investoren im Fieber. Und nun… das: Europäische Start-ups sind mittlerweile für Finanziers attraktiver als US-Neugründungen. Die Investments in Europa hätten sich in den vergangenen fünf Jahren um den Renditefaktor 11,9 gesteigert, in den USA dagegen nur um 9,9 und in Asien sogar lediglich um 9,1, erklärt eine Analyse des Münchener Risikokapitalspezialisten Earlybird.

Besonderes Potenzial besteht offenbar bei Cloud-Produkten für die Industrie und Softwarelösungen für Mittelständler. Auch US-Investoren aus dem gelobten Land des Algorithmus setzen verstärkt auf diesen „alten Kontinent“, woher ihre Vorfahren kommen: Seit 2010 haben die 30 renommiertesten Vertreter dieses Genres den Anteil europäischer Firmen in ihren Portfolios von vier auf neun Prozent gesteigert.

Quelle: dpa
Der US-Präsident spricht weiter von einer „Hexenjagd“ auf ihn.

Von einer „Hexenjagd“ auf ihn spricht wieder Donald Trump, der noch einige Tage regierende US-Präsident. Er äußerte sich jetzt erstmals nach dem blutigen Aufstand seiner Anhänger im Kapitol vor Journalisten. Dabei beschuldigte er die Tech-Unternehmen Twitter und Facebook, die ihn gesperrt haben, das Land zu spalten und eine „fürchterliche Sache“ zu tun.

Er habe „noch nie so eine Wut gesehen, wie jetzt gerade“. Seine Rede kurz vor der Kapitol-Erstürmung sei „völlig angemessen“ gewesen, erklärt Trump weiter. „Angemessen“ hatte er dem Fan-Pulk gesagt: „Wenn Ihr nicht auf Teufel komm' raus kämpft, werdet ihr kein Land mehr haben.“ Und: „Ich weiß, dass jeder hier bald zum Kapitol marschieren wird, um seine Stimme friedlich und patriotisch zu erheben.“ Und auch als der Mob handelte, feierte Trump den Sturm aufs Kapitol zunächst offen.

Inzwischen hat sogar das US-Militär, das sich sonst politisch zurückhält, die Gewalt im Kapitol mit insgesamt fünf Toten scharf verurteilt: „Die Meinungsfreiheit und das Versammlungsrecht geben niemanden das Recht zu Gewalt, Aufruhr und Aufstand“, schrieb Generalstabschef Mark Milley. Das ist angemessen.

Ein Jahr Corona – eine schonungslos kritische Bilanz zieht der Hamburger Wirtschaftswissenschaftler Thomas Straubhaar im Handelsblatt-Gespräch. Ökonomische Verwerfungen stellt er den Defiziten der Corona-Politik gegenüber. Im Einzelnen sagt Straubhaar über…

  • den zweiten Lockdown: „Weder die Bundesregierung noch die Wirtschaftsweisen verfügen über solide wissenschaftliche Erkenntnisse, was genau da eigentlich gerade vorgeht. Alle stochern im Nebel. Da wird leider vieles gemacht, was eher Symbolcharakter hat.“
  • die Verunsicherung der Bevölkerung: „Wenn Regierungen nur vorgeben zu wissen, was sie tun, und damit nicht erreichen, was sie vorhaben, verunsichert das die Leute noch mehr. Das kann die Verhaltensökonomie schön darlegen.“
  • eine bessere Corona-Politik: „Mit einem Bruchteil des Geldes, das nun in Rettungsprogramme fließt, könnte man alle Altenheime in Deutschland sichern, alle nötigen Schnelltests samt ausreichend FFP2-Masken-Nachschub oder Impfungen organisieren und obendrein einen exklusiv den Senioren offenstehenden Supermarkt samt Shuttle-Service für alle Alten und deren Pflegekräfte in jedes größere Dorf bauen.“

Anders als Straubhaar haben sich viele Ökonomen bislang eher als Verteidiger der Regierungsmaßnahmen verstanden, was sie wie ausgelagerte Wirtschaftsstaatsekretäre wirken lässt.


Der frühere Audi-Chef will von den Vorgängen im VW-Konzern nichts mitbekommen haben, sagt der Angeklagte vor Gericht aus. Quelle: AFP
Der frühere Audi-Chef Rupert Stadler will von den Vorgängen im VW-Konzern nichts mitbekommen haben.

Der frühere Audi-Chef will von den Vorgängen im VW-Konzern nichts mitbekommen haben, sagt der Angeklagte vor Gericht aus.

(Foto: AFP)

Und dann ist da noch Rupert Stadler, im schönen Titting im Naturpark Altmühltal geborener Automanager. Noch nie hat man den einstigen Audi-Chef so sehr als „Unschuld vom Lande“ erlebt wie im aktuellen Abgasbetrugsprozess. Von den Vorgängen im VW-Konzern will er partout nichts mitbekommen haben, sagte der Angeklagte vor Gericht aus. Und schilderte sein Managerleben als Zwangskorsett von Gremiensitzungen, Veranstaltungen, Besprechungen, Dienstreisen, alles genau eingeteilt, alles gewissermaßen unter der Devise: „Acht Stunden sind auch kein Tag.“

Die meisten der 200 bis 300 täglichen E-Mails hat Stadler danach nie gesehen, wesentliche Entscheidungen gab's im Dreiviertel-Takt. Wie soll man da auch auf mögliche Fehlentwicklungen bei Dieselmotoren eingehen? Zumal die Techniker auf seine Aufforderung, „die Hosen herunterzulassen“, einfach nicht reagiert hätten.

Zu Stadlers Erzählungen will jedoch nicht recht passen, dass er als langjähriger Büroleiter und Vermögensverwalter des Konzernpatrons Ferdinand Piëch eine Art graue Eminenz im Haus war. Stadler scheint sich auf Seneca zu berufen: „Weißt Du nicht, dass Blindheit eine Art Unschuld bedeutet?“

Ich wünsche Ihnen einen Tag voller Unschuld und Glück. Es grüßt Sie herzlich

Hans-Jürgen Jakobs
Senior Editor

Hier können Sie das Morning Briefing abonnieren.

Morning Briefing: Alexa
Startseite
Mehr zu: Morning Briefing - Das Corona-Eingeständnis der Kanzlerin
0 Kommentare zu "Morning Briefing : Das Corona-Eingeständnis der Kanzlerin"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%