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Morning Briefing Ein Satz wie ein Hammer: Janet Yellen spricht vom höheren Zins

05.05.2021 - 06:00 Uhr Kommentieren

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

wer eine Notenbank leitet, muss Kontrolle über jeden geäußerten Halbsatz haben. Als der amerikanische Finanzprofi Janet Yellen noch Chefin der Fed war, war sie dementsprechend übervorsichtig. Nun aber ist sie US-Finanzministerin und muss andauernd hören, die Billionen-Ausgabenprogramme ihres Präsidenten Joe Biden würden die Inflation anheizen. Gestern Abend hat sich Yellen dann auf einer Online-Veranstaltung des Magazins „The Atlantic“ durchaus drastisch geäußert: „Es könnte sein, dass die Zinsen etwas ansteigen müssen, um sicherzustellen, dass unsere Wirtschaft nicht überhitzt.“

Das ist ein Satz wie ein Hammer. Hoch dotierte Tech-Aktien wie Apple rutschten prompt ab, Investoren bevorzugten auf einmal defensivere Titel. Später, auf einer Veranstaltung des „Wall Street Journal“, versuchte Yellen, ihre Spruchweisheit wieder einzufangen. Zinserhöhungen seien „nicht etwas, was ich vorhersage oder empfehle“. Soviel Rabulistik bringt uns zur Erkenntnis von Jean Paul, dass die „schlimmsten Fehler gemacht werden in der Absicht, einen begangenen Fehler wieder gut zu machen.“

Quelle: Reuters
Die US-Finanzministern Janet Yellen äußerte sich zu steigenden Zinsen – die Tech-Werte schmierten ab.

Eine einfache Zahlenrelation verdeutlicht, vor welchen Problemen die heimische Industrie steht: Europa verbraucht 20 Prozent aller Halbleiter dieser Welt, produziert aber nicht mal zehn Prozent davon. Die Folgen spüren Konzerne wie Daimler, VW oder Volvo seit Monaten. Überall stehen die Bänder still, weil der Lieferant es so will. Es fehlen die nötigen Chips.

Die Misere rüttelt die Politik auf: Mit Milliarden-Subventionen blasen EU und Bundesregierung zur großen Aufholjagd, wie Joachim Hofer in unserem Titelreport schildert. Eine Allianz der europäischen Hableiterbranche hat EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton im Sinn: „Wir müssen ehrgeizige Pläne aufstellen, vom Design der Chips bis zur fortgeschrittenen Fertigung, mit dem Ziel, uns in unseren wichtigsten Wertschöpfungsketten zu differenzieren und führend zu sein.“ Als Produzent bietet sich augenblicklich Intel, leider aus den USA, mit einem geplanten Europa-Werk an

Quelle: Reuters
Infineon-Chef Reinhard Ploss: Der Vorstandschef des Münchner Chipherstellers kommt mit den Lieferungen gar nicht mehr nach.

Ein Profiteur der Halbleiterkrise ist der Münchener Dax-Konzern Infineon. Er hat zum zweiten Mal in 2021 die Jahresprognose erhöht. Im Handelsblatt-Interview sagt CEO Reinhard Ploss über…

  • die Versorgungskrise: „Lieferengpässe sind ein Problem der ganzen Branche. Die aktuelle Lage wird noch einige Quartale andauern und sich womöglich erst 2022 normalisieren. Es gibt in meinem Büro leider keine Schublade mit Chips, die ich verteilen könnte.“
  • die Ursachen der Krise: „Es boomt fast alles. Der wesentliche Auslöser waren die Umstellungen durch die Corona-Pandemie, das war so nicht vorherzusehen. Die Menschen kaufen verschiedene Geräte für das Home-Office und investieren im Lockdown in ihr Home-Entertainment.“
  • eine eigene kontinentale Mega-Chipfabrik: „Europa muss sich über seine Abhängigkeit Gedanken machen. Ein großer Teil der Chips kommt heute aus Taiwan. Da muss man auch die geopolitische Stabilität beachten. Deshalb macht es durchaus Sinn, technologisch nachzuziehen.“

Unterm Strich: Frei ist nur, wer die Macht dazu hat.

Quelle: Thomas Einberger für Handelsblatt
Nikolaus von Bomhard: Der Chefaufseher von Munich Re und Post plädiert für ein Umdenken in der europäischen Forschungspolitik.
(Foto: Thomas Einberger für Handelsblatt)

In seinem ersten großen Interview seit vier Jahren räumt Nikolaus von Bomhard mit ein paar Vorurteilen auf. So hält der Aufsichtsratschef von Munich Re die Bundesrepublik, vor allem in der Forschung, für „wettbewerbsfähiger, als es die Öffentlichkeit derzeit wahrnimmt“. Auch bei den Ausgründungen an Universitäten habe sich viel getan. Der 64-Jährige findet insgesamt, Europa solle sich besser abstimmen, etwa bei Hochleistungsprodukten wie Quantencomputern.

Zudem orientiert sich Bomhard an den USA und Israel – und findet, es solle kein Tabu sein, das Militär stärker als Auftraggeber für Forschungsprojekte einzubinden, etwa bei Projekten der Digitalisierung und Künstlichen Intelligenz. Historisch bedingt sei das Thema in Deutschland schwierig, so Bomhard, der vermutlich kriegsverlängernde Forschungsarbeiten von Wernher von Braun & Co. im Sinn hat: „Aber ich denke, wir sind jetzt alle alt genug, um an dieser Stelle etwas mutiger zu werden.“ Ganz Mutige würden an dieser Stelle Che Guevara zitieren: „Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche.“

Im verschärften Wahlkampfmodus befindet sich bereits SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Er kündigt im Handelsblatt eine „Investitionsoffensive“ an, die nötige Modernisierung des Landes mache er zur „persönlichen Mission“. CDU und CSU hätten in der Steuerung der Ministerressorts für Infrastruktur versagt, geißelt er den Koalitionspartner: „Das darf aber nicht so bleiben, deshalb muss sich die Union in der Opposition mal regenerieren.“

Das ist einigermaßen lustig, da für gewöhnlich eine solche Regeneration eher den Sozialdemokraten empfohlen wird – selbst wenn Ex-Parteichef Franz Müntefering beschieden hat: „Opposition ist Mist.“ Scholz kündigt zudem an, die Wirtschaftshilfen für Firmen und die Regeln zur Kurzarbeit noch einmal verlängern zu wollen.

Quelle: Henkel AG, Montage
Simone Bagel-Trah ist Vorsitzende des Gesellschafterausschusses und des Aufsichtsrats der Henkel AG & Co. KGaA.
(Foto: Henkel AG, Montage)

Über das Phänomen der Innovationen macht sich die Naturwissenschaftlerin Simone Bagel-Trah im lesenswerten Handelsblatt-Gastkommentar Gedanken. Sie seien mehr „als nur ein Treiber von Wohlstand, Beschäftigung und volkswirtschaftlicher Wertschöpfung“, sondern wichtig für Gesellschaft, Wirtschaft und nachhaltiges Wachstum, so die Aufsichtsratschefin von Henkel. Nur so seien nachhaltiger Konsum und Schutz der Umwelt zu ermöglichen.

Ihre Schlussfolgerung: „Besonders in Deutschland, wo Wissen eine ganz wesentliche Ressource ist, muss viel stärker in die Bildung investiert werden.“ Die Forscher in den Firmen seien ein wesentlicher Teil der Lösung. Und dann zitiert Bagel-Trah noch Albert Einstein: „Eine wirklich gute Idee erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung von vorneherein ausgeschlossen erschien.“

Unsere „Innovation Week“ zum 75. Geburtstag des Handelsblatts bringt in den nächsten Tagen noch einmal etliche Highlights. So können Sie am morgigen Donnerstag dabei sein, wenn Chefredakteur Sebastian Matthes für seinen Podcast „Handelsblatt Disrupt“ den VW-Chef Herbert Diess live interviewt.

Zum Auftakt von „The Spark 2021“ wiederum – unserem zusammen mit McKinsey verliehenen Digitalpreis – beleuchten wir, wie Firmen das Ziel erreichen können, keine schädlichen Emissionen mehr auszustoßen. Bei dem zum sechsten Mal verliehenen Preis wollen wir Start-ups auszeichnen, die sich der Mission „Klimaneutralität“ verschrieben haben. Auf der „The Spark“-Website können Sie sich hierfür bewerben.

Am Freitag treten schließlich Trumpf-Lenkerin Nicola Leibinger-Kammüller, Adidas-CEO Kaspar Rorsted und Christian Miele, Chef des deutschen Start-up-Bundesverbands, beim „Innovation Summit“ auf. Sie wollen dabei sein? Melden Sie sich hier an.

Und dann ist da noch der Schweizer Ausnahmekoch Daniel Humm, der für sein New Yorker Spitzenrestaurant „Eleven Madison Park“ ganz neue Pläne hat. Bislang wurden Gourmets in der – mit opulenten Blumensträußen in Bodenvasen geschmückten – einstigen Bankhalle etwa mit pürierten Entenbeinen verköstigt, den Heimweg trat man mit selbst gebackenem Brot an. In der Pandemie verwandelte Humm seinen Gastro-Tempel zwischenzeitlich in eine Suppenküche für Hilfsbedürftige und spendete mit einem Truck Mahlzeiten.

Nun will der 45-Jährige nach dem Neustart am 10. Juni – ganz im Trend – auf Fisch und Fleisch verzichten und lieber in Zusammenarbeit mit lokalen Farmern nur Veganes bieten: „Wir sind begeistert, die unglaublichen Möglichkeiten der pflanzlichen Küche zu teilen und gleichzeitig unsere Verbindung zu unserer Heimat zu vertiefen: sowohl zu unserer Stadt als auch zu unserem Planeten.“
Ich wünsche Ihnen einen anregenden Tag. Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Hans-Jürgen Jakobs
Senior Editor

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