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Morning Briefing Insider packt über „Greenwashing“ aus

14.09.2021 - 06:19 Uhr Kommentieren

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

heute wollen wir eingangs dieses Weckdienstes einmal tief Luft holen im Wahlkampffinale und zur Abwechslung Armin Laschets Aufholversuche etwas später abhandeln. Stattdessen soll es jetzt um jene boomenden Geldanlagen gehen, die Ökologie, Soziales und gute Unternehmensführung beachten. Dieser ESG-Markt („Environment, Social, Governance“) ist inzwischen mehr als zwei Billionen Dollar schwer – und offenbar ein trüber Teich, in dem munter gefischt wird, wenn man Tariq Fancy folgt.

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Der Ex-Chef für nachhaltiges Investieren bei der Geldweltmacht Blackrock hält ESG heute für ein „gefährliches Placebo“, sagt er meinen Kollegen. Die Anleger glaubten, Gutes zu tun, dabei verschleiere das nur die „unbequeme Wahrheit“, dass die Politik mit klaren Vorgaben gegen den Klimawandel angehen müsse, findet Fancy.

Nach den Enthüllungen bei der Deutsche-Bank-Tochter DWS Group werde es noch mehr Fälle von „Greenwashing“ geben: „Es wird eine Reihe von Dominosteinen fallen.“ Der Experte investiert inzwischen selbst in Fonds, die messbar zur Dekarbonisierung beitragen.

Von Albert Camus, einem französischen Schriftsteller und Philosophen, haben wir gelernt: „Der Mensch ist immer das Opfer seiner Wahrheiten.“

Bleiben wir noch ein bisschen im Finanzmarkt, der die Logik ökonomischer Lehrbuchweisheiten aushebelt, als habe es sie nie gegeben. Der Satz, dass man Geld bezahlen muss, wenn man sich Geld leiht, ist so eine Antiquität.

Der Bund nämlich hat mit der Ausgabe von Bundeswertpapieren in den ersten acht Monaten des Jahres sage und schreibe „Zahlungen in Höhe von rund 4,251 Milliarden Euro vereinnahmt“, schreibt die parlamentarische Finanz-Staatssekretärin Sarah Ryglewski auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Fabio De Masi (Die Linke).

Die ökonomische Stilblüte ist eine Folge des globalen Anlagenotstands und der negativen Zinsen am Kapitalmarkt, im Falle Deutschlands von minus 0,55 Prozent: Investoren geben dem Staat bei der Schuldenaufnahme mehr Geld, als sie später zurückerhalten. Deutsche Staatsanleihen haben die Bestnote „AAA“ – und so ein „Triple A“ ist schon mal ein dickes Geschenk seitens Personen wert, die sonst kein Geld zu verlieren haben.

Quelle: Reuters
Isabel Schnabel, die Direktorin der Europäischen Zentralbank.

Wenn es ums Geld geht, ist derzeit eben alles ein wenig anders, wodurch leicht Angst entsteht – zum Beispiel beim Thema Inflation. Dagegen hat sich jetzt Isabel Schnabel, Direktorin der Europäischen Zentralbank (EZB), scharf gewandt. Gerade in Deutschland bedienten aktuell „wieder viele ,Experten‘ und Medien die Ängste der Menschen, ohne die Ursachen der Preisentwicklung zu erklären“, argumentiert sie.

Auch angesichts von 3,9 Prozent Teuerung in Deutschland sei es falsch, von „Weimarer Verhältnissen“ zu reden, so Schnabel: „Vereinfacht ausgedrückt ist die Inflation heute vor allem deswegen so hoch, weil sie im Vorjahr zu niedrig war.“

Die Ökonomin: Wenn man die Auswirkungen der Pandemie ausklammere, sei die Inflation momentan „weiterhin eher zu niedrig als zu hoch“. Wer mit einer baldigen Straffung der Geldpolitik gerechnet hat, sieht sich angesichts dieser Analyse eines Besseren belehrt.

Die Sozialdemokraten bei rund 26,4 Prozent, die konservative Regierungspartei nach vielen Jahren nur bei 20,5 Prozent – nein, das ist nicht die neueste Sonntagsfrage von Forsa in Deutschland. Das ist das Ergebnis der vorläufigen Stimmen-Auszählung in Norwegen. Der sozialdemokratische Parteichef Jonas Gahr Støre, 61, kann sich damit darauf vorbereiten, als Ministerpräsident die Politikerin Erna Solberg und ihre Partei Høyre abzulösen.

Die beiden größten Parteien des Landes haben jeweils verloren. Die Arbeiterpartei hatte 2017 noch 27,4 Prozent erhalten, Høyre 25,0 Prozent. Nach diesen Zahlen könnte es für eine knappe Mehrheit einer Mitte-links-Koalition reichen, die aus den Sozialdemokraten, der Zentrumspartei und der Sozialistischen Linkspartei bestünde.

Im Übrigen will Wahlsieger Støre nun das umsetzen, was Genosse Olaf Scholz auch für Deutschland verspricht: weniger Steuern für mittlere und niedrige Einkommen, mehr Abgaben für Wohlhabende.

Womit wir nun doch bei der Bundestagswahl wären. 13 Tage vor dem Wahltermin versichert SPD-Hero Olaf Scholz, im Falle des Falles ganz alleine darüber zu entscheiden, wer von seiner Partei Minister wird. Saskia Esken hat demnach keine „Wildcard“ für höhere Aufgaben. „Ich habe mir dort, wo ich Regierungschef war, in Hamburg, bei all den Regierungsbildungen nie reinreden lassen.“ Das sagte der Finanzminister bei einer Fragerunde von „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“.

Auch könnten Experten ohne Parteibuch ins Kabinett, so Scholz, was ein wenig an Gerhard Schröder 1998 erinnert. Der Sozialdemokrat holte damals den Compunet-Gründer Jost Stollmann in sein Schattenkabinett. Namen nennt Scholz nicht. Denn schließlich könnte man ja über all die tollen Schattenminister, aus denen dann nichts oder etwas anderes wurde, ein sicherlich tolles Buch schreiben.

Und damit kommt zum Schluss die Rede auf Armin Laschet, der die drohende Implosion der Volkspartei CDU, den möglichen Machtverlust und seine eigene Demontage mit einem 100-Tage-Sofortprogramm verhindern will.

Der erprobte Wahlknüller Steuersenkung kommt an vielen Stellen zum Einsatz: mehr Kinderfreibetrag, „dynamisierte“ Pendlerpauschale, Arbeitnehmerpauschbetrag auf 1.250 Euro hoch, Soli für alle weg, garantiert keine Steuererhöhungen und eine Art Haltelinie bei den Lohnzusatzkosten von maximal 40 Prozent – das alles sieht der Gabentisch des Vielleicht-Eher-Nicht-Kanzlers vor. Die vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag ausgearbeitete Reform der Unternehmenssteuern ist in dieser Zauberpackung noch nicht eingearbeitet. Man fühlt sich an Schultüten am Tag der Einschulung erinnert, die auch Süßigkeiten aller Art beinhalten.

Quelle: dpa
Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU).

Dass Laschet im Schmutzeleien-Scharmützel mit CSU-Chef Markus Söder letztlich siegreich war, hat er zwei Granden der CDU zu verdanken: Wolfgang Schäuble, 78, und Volker Bouffier, 69. Die Norm der Prinzipientreue ist hier noch nicht durch das Prinzip der Tagesreichweite abgelöst. Im Handelsblatt-Interview stärkt Hessens Ministerpräsident Bouffier seinem Schützling den Rücken: „Es wird ein beinharter Schlussspurt.“ Im Einzelnen sagt er über...

  • die aktuelle Lage: „Ich will nicht herumreden, derzeit ist es sehr schwierig. Aber die Lage ist auch ungerecht: SPD-Kandidat Olaf Scholz verweigert jegliche Diskussionen. Er sagt allenfalls: Die Bundeskanzlerin und ich…Es soll kein Weiter-so geben und doch vermittelt er, das Weiter-so zu sein.“
  • Laschets Fähigkeit: „Er regiert erfolgreich – und zwar nicht Legoland, sondern das größte Bundesland Deutschlands.“
  • steigende Benzinpreise: „Wir müssen beides zusammenbringen. Klimaschutz, ja, bei Erhalt der Arbeitsplätze und des Wohlstands. Die Menschen werden nicht mitmachen, wenn Sie ihnen das Autofahren oder das Fliegen verbieten.“

Unerwähnt bleibt, dass Laschet derzeit manchmal wie ein Oppositionsführer wirkt, wenn er über Zukunftspolitik spricht – weil er dann den schwachen Status quo der Angela-Merkel-Zeit nicht verschweigen kann.

Quelle: Reuters
Der österreichische Strabag-Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner.

Und dann ist da noch der österreichische Strabag-Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner, 77, ein wandelnder Unruheherd seines Landes. So hat er die große Kunstsammlung eines havarierten Unternehmers gekauft und sie der Albertina in Wien überstellt.

Und er machte mit seinem Geld die liberale Partei Neos groß. Die jüngste Tat Haselsteiners betrifft auch die Bundesrepublik: Vom 12. Dezember an lässt er die private Westbahn zwischen Wien und München hin und her pendeln. Eines Tages sollen seine Züge sogar weiter – bis nach Zürich – fahren: „Wir würden in diesem Fall dem Namen unseres Unternehmens vollends gerecht.“

Schwarze Zahlen schrieb die Westbahn nur sehr vorübergehend. Das sei eben eine Investition mit 25 Jahren Horizont, sagt der Eigentümer. Um Kosten zu sparen, will Haselsteiner auch billige Elektrotriebzüge beim staatlichen chinesischen Eisenbahnkonzern CRRC mieten. Sein Landsmann Alfred Polgar wusste: „Der Idealist geht glatt durch Mauern und stößt sich wund an der Luft.“

Ich wünsche Ihnen einen kraftvollen Tag, an dem Sie viele Mauern überwinden.

Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Hans-Jürgen Jakobs
Senior Editor

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