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Morning Briefing Lokführer-Streik vor Gericht: Weselsky fühlt sich offenbar im Zustand äußerster Genugtuung

03.09.2021 - 06:31 Uhr Kommentieren

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

die Flugzeuge und die Autobahnen waren am gestrigen Donnerstag voll, am ersten Tag der dritten Streikwelle im Personenverkehr der Bahn. Die Tarif-Auseinandersetzung ist nun juristisches Spektakel: Am gestrigen Donnerstagabend entschied das Arbeitsgericht Frankfurt gegen eine Einstweilige Verfügung, mit der die Deutsche Bahn den Arbeitskampf stoppen wollte.

Ein Vergleichsversuch scheiterte. Claus Weselsky und seine Spezialgewerkschaft GDL lehnen nach wie vor Gespräche ab, bevor nicht alle Forderungen aus dem Mai erfüllt seien. Am heutigen Freitag wird vor Gericht über die Berufung der Bahn verhandelt. Offenbar fühlt sich Weselsky ganz im Zustand äußerster Genugtuung: „Winkeladvokaten der Bahn sind an ihre Grenzen gelangt.“

Der Staatsbetrieb wolle den Geltungsbereich eines neuen Tarifvertrags auf das Fahrpersonal beschränken. Weselsky fühlt sich auch aufgerüttelt, weil Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) im Frühjahr 2020 mit der Bahn und der Gewerkschaft EVG ein „Bündnis für unsere Bahn“ schloss, ganz ohne GDL. Da raunt man im Lager der Streikenden: „Das ganze Land steht still, wenn dein starker Arm es will.“

Was eint den Berliner Musikmanager Joe Chialo mit dem sauerländischen Wirtschaftsexperten Friedrich Merz? Was den Terrorexperten Peter Neumann mit der niedersächsischen Erststimmenkönigin Silvia Breher? Was die Digitalkongress-kompatible Dorothee Bär mit dem Klimaschutz-Experten Andreas Jung?

Ganz einfach, sie werden heute von Kanzlerkandidat Armin Laschet als respektable Mitglieder seines „Zukunftsteams“ präsentiert. Der CDU-Chef arbeitet im „Achter mit Steuermann“ an der „Wende der Wende“, am Wieder-Überholen des derzeitigen Umfrage-Champions Olaf Scholz von der SPD, den aber noch ein handfester Cum-Ex-Skandal in seiner Heimatstadt Hamburg einholen könnte. Wer weiß: Vielleicht wird ja eine oder einer aus der Runde Laschets „Zukunftsminister“.

Am kommenden Dienstag schaut die Autowelt nach München: Kanzlerin Angela Merkel eröffnet die von Frankfurt am Main an die Isar abgewanderte Internationale Automobilausstellung, als „IAA Mobility“ in die luftigen Höhen einer gesamtgesellschaftlichen Vogelschau katapultiert.

Vom „offenen Dialog“ mit allen spricht Hildegard Müller, Präsidentin des Autoverbands VDA, im Handelsblatt-Interview, andere Branchen sollten aber nicht Mitglied im eigenen Klub werden: „Wir sind gut damit beschäftigt, die Zukunft des digitalen, klimaneutralen Automobils in Deutschland, Europa und den großen Märkten der Welt zu denken.“ Und die frühere CDU-Politikerin verfügt: „Die Klimawende gibt es nicht zum Nulltarif.“

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Womit wir bei staatlichen Füllhörnern wären, eine mittlerweile ergiebige Ressource der Branche. Klar, Elektromobilität war lange Zeit ein akademisches Thema und keines für Märkte. Anschub war nötig. Und tatsächlich rollen seit Juli ja eine Million voll- oder teilelektrische Fahrzeuge über die Straßen. Aber muss es gerade diese staatliche Verschenk-Aktion sein?

Mit immerhin bis zu 20.000 Euro subventioniert der deutsche Steuerzahler jedes Elektroauto, errechnete die Deutsche Bank. Pro Schüler geben die öffentlichen Haushalte hingegen nur 8200 Euro aus.

Besonders die schweren Plug-in-Hybride fallen negativ auf: Viele dürften die Ungeheuer der Straße wie klassische Verbrenner fahren und den E-Motor in der City nur zum Kickstart an der Ampel nutzen.

In unserem Wochenendtitel finden wir dieses Wellnessprogramm für Autofirmen, die quartalsweise Rekordgewinne melden, dreimal zweifelhaft: für die Innovation im Land, für die Ökologie, für die soziale Gerechtigkeit.

Jürgen Kühling, Chef der Monopolkommission, beklagt, Politiker würden viel zu oft in Märkte eingreifen, ohne vorher eine Kosten-Nutzen-Analyse anzustellen: „Das wird künftig immer wichtiger werden, da eine Vielzahl von Instrumenten um knappe Förderbudgets konkurriert.“

Für die Trillerpfeifen bei der Zukunftsbeschwörungsveranstaltung IAA sorgen Greenpeace und die Deutsche Umwelthilfe. Sie kündigen mit gutem Gefühl für Timing Klagen gegen Volkswagen, Daimler und BMW wegen vermuteter Umweltsünden an. Man wolle im „juristischen Kampf für den Klimaschutz die nächsten großen Schritte gehen“, heißt es in einer Erklärung.

Vorbild ist eine Umweltklage gegen den Ölkonzern Shell, der in den Niederlanden tatsächlich verurteilt wurde und seinen CO2-Ausstoß bis 2030 stärker als geplant senken muss. Manchmal ist ein Schriftsatz eben doch besser als ein übereifriger Aktivist, der mit dem Gleitschirm in einem Europameisterschafts-Fußballstadion landen will und dabei zwei Menschen verletzt.

Quelle: dpa
Die Schuldenbremse bleibt angesichts der Wahlversprechen der Parteien außen vor.

Mit Wahlversprechen geizt keine Partei, manchmal jedoch mit Angaben über die Gegenfinanzierung. Ohne eine Lockerung der Schuldenbremse seien die Ankündigungen nicht finanzierbar, hat eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) nun ermittelt.

O-Ton: „Bei maximal ausgereizter Schuldenbremse bleibt die Finanzierung von bis zu 263 Milliarden Euro bis 2025 fraglich.“ IW-Chef Michael Hüther: „Die Quadratur des Kreises wird nicht gelingen. Ohne eine Öffnung der Schuldenbremse wird man nicht zurechtkommen.“
Man hat das immer geahnt, es nun aber schwarz auf weiß. Nicht nur die berühmte schwäbische Hausfrau hält es wie Cicero: „Die Menschen verstehen nicht, welch große Einnahmequelle in der Sparsamkeit liegt.“

Nicht für Rendite-Rekorde, sondern für Steuerstraf-Rekorde sorgen die Akteure des US-Hedgefonds Renaissance Technologies. Robert Mercer, ein wichtiger Finanzier Ex-US-Präsident Donald Trumps mit rechtskonservativer Agenda, muss zusammen mit den anderen Haupteigentümern persönlich rund sieben Milliarden Dollar zahlen.

Gründer James Simons, ein Mathematiker, der einst für den Geheimdienst NSA Codes knackte, berappt noch mal 670 Millionen Dollar. Mit dieser Einigung endet ein langer Steuerstreit mit dem Fiskus.

Mein Kulturtipp zum Wochenende: „Harlem Shuffle“ von Colson Whitehead, ein Disruptions-Roman über die Brüche in New York vor 60 Jahren, als Downtown Häuser für die Türme des World Trade Centers weichen mussten.

Es ist auch ein Buch über Rassismus, der sich darin zeigt, dass der windige Kleinunternehmer Ray Carney seinen aufstiegsbesessenen Schwiegereltern einfach zu dunkelhäutig ist, was sich dann auch noch bei der Enkelin zeigt. Ein gelungener literarischer Kriminalroman vom Kult-Autor von „Underground Railroad“ und „Nickel Boys“.

Quelle: Jens Ziehe; Courtesy: König Galerie, Gagosian, Galerie nächst St. Stephan R. Schwarzwälder, Staatl. Museen Berlin, Nationalgalerie; Copyright: Katharina Grosse und VG Bild-Kunst, Bonn, 2021
Katharina Grosse „It Wasn’t Us“: Die raumgreifende Installation in der Halle des ehemaligen Hamburger Bahnhofs in Berlin setzt sich im Außenraum fort.
(Foto: Jens Ziehe; Courtesy: König Galerie, Gagosian, Galerie nächst St. Stephan R. Schwarzwälder, Staatl. Museen Berlin, Nationalgalerie; Copyright: Katharina Grosse und VG Bild-Kunst, Bonn, 2021)

Einen attraktiven Ortstermin hatten Susanne Schreiber und Peter Brors: Sie besuchten die international renommierte Künstlerin Katharina Grosse in ihrem Atelier in Berlin-Moabit. Im Einzelnen sagt die 59-Jährige über…

  • die Folgen der Corona-Politik: „Problematisch war sicher die Kategorisierung der Kunst als nicht gesellschaftlich relevant. Das ist aber nicht erst seit Corona ein Problem. Der privatwirtschaftliche Kunstbetrieb wird als Kapitalismus abgestempelt. Da wird falsch eingeschätzt, wie fein verästelt unsere Ökologie in viele Bereiche der Gesellschaft hineinwirkt.“
  • ihr Wirken: „Meine Aufgabe als Künstlerin ist es, einen Entwurf zu machen, der nicht denkbar ist für andere. Farben sind emotional flexibel. Das hat sie lange diskreditiert: dass sie weiblich wären und Stimmungen reflektierten und deshalb keine Aussage treffen könnten, die uns hilft.“
  • die Grenzen ihrer Kunst: „Ich wiederhole nichts. Und schon gar nicht male ich einen Felsen an, wie von einer Schweizer Gemeinde aktuell gewünscht. Ich überschreibe Verstricktes.“

Fazit: In ihren Prinzipien ist die 59-Jährige wirklich felsenfest.

Und dann ist da noch die schwedische Popband Abba, für die sie in Stockholm längst ein Museum hingestellt haben – und die nun doch, fast 40 Jahre nach ihrer letzten Produktion, ein neues Album vorlegt.

Am 9. November erscheint es, und am 27. Mai kommt in London eine Multimediashow zur konzertanten Aufführung, bei der die vier Abba-Musiker als Avatare zusammen mit zehn leibhaftigen Band-Mitgliedern auftreten. Zwei neue Songs wurden beim Projekt „Abba Voyage“ schon vorgestellt. Erstaunt über „Abbatare“ in Arkadien legt man die Altware des Quartetts auf den Plattenteller.

Mancher Titel passt gut: „Take A Chance On Me“ oder „I Have A Dream“ oder, natürlich, die ewige Hymne „Money, Money, Money“.

Ich wünsche Ihnen ein vergnügliches Wochenende – auch wenn wir uns noch wundern, warum es beim Trainerdebüt Hansi Flicks für die Deutschen gegen die viertklassige Fußballelf von Liechtenstein nur zu einem 2:0 reicht.

Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Hans-Jürgen Jakobs
Senior Editor

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