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Morning Briefing Merkels düstere Worte zum Oster-Lockdown

23.03.2021 - 06:00 Uhr Kommentieren

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

von einem großen Programm für die amerikanische Infrastruktur hat Donald Trump immer nur geredet. Sein Nachfolger im Weißen Haus macht offensichtlich Ernst. Vertraute von US-Präsident Joe Biden berichten in führenden US-Medien über geplante zusätzliche drei Billionen Dollar, die in den Bau von Straßen und Brücken, in saubere Energie und Bildung fließen sollen. Schon zur Bekämpfung von Covid-19 hatte die Biden-Administration rund 1,9 Billionen Dollar locker gemacht.

Quelle: Reuters
US-Präsident Joe Biden plant wohl zusätzliche drei Billionen Dollar für den Bau von Straßen und Brücken, saubere Energie und Bildung ein.

Auch Steuererhöhungen für Unternehmen – womöglich von 21 auf 28 Prozent – sowie für Spitzenverdiener sind zu erwarten. Noch ist kein Projekt des neuen Ausgabenprogramms fix. Man betrachte einige „potenzielle Optionen“, die Gespräche dauerten an, erklärt die Sprecherin im Weißen Haus. Darüber dürfte es im Kongress deutlich mehr Streit geben als jüngst wegen der Covid-Billionen-Hilfe.

Dass die Macht von Angela Merkel zu Ende geht, hat sich gestern Nacht darin gezeigt, wie erbittert Bund und Länder um neue Corona-Regeln rangen. Die Kanzlerin setzt nichts mehr einfach durch. Weil ihr alle bis dahin getroffenen Entscheidungen als zu lax erschienen, drang sie am Abend auf Unterbrechung von Videoschalte Nummer 20.

Für Streit sorgte der „kontaktarme Urlaub“, den fünf Länder ihren Bürgern erlauben wollen. Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen kündigten an, dies in Protokollerklärungen festzuhalten. Was Merkel vollends in Rage brachte: „Wir beschließen heute, dass wir das einhalten, was wir letztes Mal beschlossen haben. Und das in einer Zeit exponentiellen Wachstums. Das ist zu wenig.“

Man versuchte dann bei diesem Frust-Gipfel in kleinen Gruppen die Gruppendynamik auszutarieren. Vielleicht sollte demnächst ein Psychologe mit dabei sein. Am Ende war klar:

  • Der bisherige Lockdown wird bis zum 18. April verlängert.
  • Lockerungen der Kontaktbeschränkungen über Ostern gibt es nicht, im Gegenteil: Es stehen Verschärfungen an. Nun sind Gründonnerstag und Ostersamstag „Ruhetage“, nur der Lebensmitteleinzelhandel im engen Sinne darf am Samstag öffnen. Vom 1. bis 5. April gilt ein Ansammlungsverbot.
  • Alle sollen „auf nicht zwingende Reisen im Inland und auch ins Ausland verzichten“, das gilt auch für Urlaub im eigenen Bundesland.
  • Religiöse Veranstaltungen sollen virtuell stattfinden.
  • Das Prinzip der „Notbremse“ bei Inzidenzwerten über 100 wird konsequent angewendet, was das abermalige Aus für den Einzelhandel bedeuten würde. Friseure sollen angeblich offen bleiben.

Merkels düstere Worte zum Oster-Lockdown: „Wir haben eine neue Pandemie. Die Mutation hat übernommen. Der bisherige Erfolg ist aufgefressen.“

Quelle: Reuters
Von besonderer Brisanz erweist sich im Nachhinein die jüngste Aufhebung der Reisewarnung für Mallorca.

Von besonderer Brisanz erweist sich im Nachhinein die jüngste Aufhebung der Reisewarnung für Mallorca, was zu einem Buchungsboom geführt hat. Das sei falsch gewesen, sagt Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern: „Wir sollten uns besser dafür einsetzen, dass Familien zu Ostern kontaktarm im eigenen Land Urlaub machen können.“ Weil auf Mallorca zuletzt die Inzidenz von Werten unter 20 auf nun 29,8 gestiegen ist, erwägt die Regionalregierung der Balearen, die kürzlich erst geöffneten Innenräume von Cafés, Kneipen und Restaurants wieder zu schließen. Diese Maßnahme solle noch in dieser Woche umgesetzt werden, verbreitet die „Mallorca-Zeitung“.

Vor einem „Impfstoffkrieg“ warnt Merck-Chef Stefan Oschmann im Handelsblatt-Interview und wendet sich gegen Exportlimits für Covid-Mittel. Die hatte die EU ins Spiel gebracht, weil es im eigenen Gebiet an Präparaten mangelt, die Produkte aber nach Großbritannien und in die USA gehen, die viel besser dastehen. Im Einzelnen sagt Oschmann über...

  • ... die Gefahren der Pandemie: „Wir haben im Welt-Pharmaverband 2016 im Ebola-Kontext sehr intensiv über dieses Thema diskutiert. Denn wir haben im Grunde gewusst, dass so etwas kommen wird. Es wurde viel geredet und geschrieben, auch einiges getan, aber letztlich dann doch zu wenig.“
  • ... internationale Lieferketten: „Wir produzieren zum Beispiel unsere Einwegreaktoren und Filter für die Biotech- und Impfstoffproduktion bisher überwiegend in den USA. Wenn die EU jetzt anfängt, Exportverbote in die USA zu verhängen, könnte die US-Regierung darauf leicht reagieren und vieles in der europäischen Pharma- und Biotechindustrie lähmen.“
  • ... die Frage, warum der Darmstädter Merck-Konzern nur als Vorlieferant, nicht als Partner bei den Impfstoffen dabei ist: „Merck kann und wird sicherlich nicht einen typischen Biotech-Deal machen, bei dem man zehn Milliarden für eine Firma mit einem Phase-3-Produkt hinblättert – und erst ein Jahr später weiß, ob das Ganze dann 50 Milliarden oder gar nichts wert ist.“

Schon der Systemforscher Niklas Luhmann wusste: „Die Tür zum Paradies bleibt versiegelt. Durch das Wort Risiko.“

Die Bekämpfung des Virus und seiner gesellschaftlichen Folgen ist uns lieb, aber auch sehr teuer. Jeder ahnte, dass es bei den vorgesehenen Lasten für den Staat nicht bleiben kann – jetzt hat man es Schwarz auf Weiß. Für 2021 und 2022 plant Finanzminister Olaf Scholz mit zusätzlichen Krediten von 142 Milliarden Euro, wie aus den Etatentwürfen hervorgeht, die am morgigen Mittwoch ins Kabinett kommen und uns schon vorliegen.

Allein für den Nachtragshaushalt 2021 sind neue Schulden von 60,4 Milliarden vorgesehen. Es handelt sich um eine Zangenbewegung: Einerseits steigen die Ausgaben, etwa für Corona-Wirtschaftshilfen, andererseits schrumpfen wegen des geringeren Wachstums die Steuereinnahmen. Scholz wird zum Herrn der Löcher – es ergeht ihm wie einem Gutsverwalter nach zwei Jahren Missernte.

Ein kleiner Coup ist dem Finanzminister und seinem Staatssekretär Jörg Kukies gelungen: Sie überzeugten den obersten Schweizer Finanzaufseher Mark Branson in wochenlangen Gesprächen, nach Deutschland zu kommen. Nun wird der britische und eidgenössische Staatsbürger, der Deutsch mit Schweizer Akzent spricht, Mitte des Jahres Chef der Bafin in Bonn.

Der 52-Jährige muss das Institut, das vor allem als Unterlasser im Wirecard-Skandal in Verruf geraten ist, ganz neu aufbauen. Der studierte Mathematiker und Betriebswirt hat bei Credit Suisse und UBS gearbeitet, ehe er sich von 2010 an bei der Schweizer Finanzaufsicht Finma bewährte. Nun also erhält die Bafin erstmals einen internationalen Chef – eine „Zeitenwende“ beschreiben meine Kollegen, die diese Personalie ausgegraben haben.

Die Lage der Uiguren in der chinesischen Provinz Xinjiang bewirkt eine geopolitische Konfrontation der Supermächte. Auf der einen Seite finden sich USA und Europa in lange nicht gekannter Einigkeit verbunden. So verhängt Washington Sanktionen gegen zwei Chinesen, weil sie bei der Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren mitgemacht hätten. Die EU wiederum sprach erstmals seit drei Jahrzehnten Sanktionen gegen China aus, ebenfalls wegen der Causa Xinjiang. Vier Partei- und Regionalvertreter sowie eine Organisation kamen auf die schwarze Liste.

Daraufhin fand die Volksrepublik eine Antwort, die in solchen Fällen nicht ausbleibt: Sie verhängte ihrerseits Sanktionen gegen vier Einrichtungen in der EU und zehn Europäer, darunter die deutschen Europaparlamentarier Reinhard Bütikofer von den Grünen und Michael Gahler von der CDU. Peking spricht von „Lügen und Falschinformationen“, die EU solle es unterlassen, „andere über Menschenrechte zu belehren“. Für die Kontrahenten empfiehlt sich der stets brauchbare Konfuzius: „Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.“

Quelle: Reuters
In Zukunft wird der Name der Göppinger Digitalfirma Teamviewer auf der Brust der Spieler von Machester United zu sehen sein.

Und dann ist da noch die Göppinger Digitalfirma Teamviewer, die nach ihrem Börsengang nun für neue Aufmerksamkeit sorgt. Grund ist ein Ausflug in den internationalen Fußball. Teamviewer aus der Stadt der „Frischauf“-Bundesligahandballer wird tatsächlich Hauptsponsor des ruhmreichen englischen Klubs Manchester United. Der Firmenname ist nun auf der Brust der Spieler zu sehen. Das lasse sich das Unternehmen jährlich mehr als 40 Millionen Pfund, umgerechnet 46 Millionen Euro, kosten, schreibt die „Frankfurter Allgemeine“.

Vorgänger Chevrolet zahlte sogar 52 Millionen Pfund. Teamviewer steckt damit ein Zehntel des Jahresumsatzes von 2020, der bei rund 460 Millionen Euro lag, in das Abenteuer „ManU“. Der Klub kam übrigens zuletzt auf 580 Millionen Euro Umsatz – was nichts weniger bedeutet, als dass der Gesponserte diesmal größer ist als der Sponsor. Abpfiff.

Ich wünsche Ihnen einen erfrischenden Tag.

Es grüßt Sie herzlich

Hans-Jürgen Jakobs
Senior Editor

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