Morning Briefing Regierung in der „dritten Welle“
Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,
an täglichen Warnungen lässt es Angela Merkel im Corona-Streit nicht fehlen. Es ist ihre Taktik, die größten Fans ausgedehnter Lockerungsübungen auszubremsen. Nun wird sie aus einer Online-Sitzung ihrer CDU zitiert: „Wir sind jetzt in der dritten Welle.“ Solche Hinweise hält das Robert Koch-Institut nicht ab, Papiere für das richtige Covid-Sozialverhalten für Öffnungsszenarien zu schreiben.
Die jüngste Strategie-Schrift begreife sich als „Hilfestellung“ für die Entwicklung von Stufenplänen im Nachgang zur großen Coronakrise, heißt es. Der Vier-Stufen-Plan unterscheidet nach „Intensitätsstufen“ – in der höchsten Kategorie liegt der Inzidenzwert über 50.
Die Wissenschaftler empfehlen in diesem Fall Treffen in Innenräumen nur mit der Familie, geschlossene Lokale und Geschäfte sowie Schulschließungen und Distanzunterricht. Ganz genau, kann man da nur sagen, ganz genau wie es zur dritten Welle passt.

Er war ein Kapitalist reinen Wassers, einer, der Marktwirtschaft ohne Ellenbogen für eine Verirrung von Romantikern hielt. In seinem Weltbild gab es Unternehmer, die handelten, und einen Staat, der sich zu viel einmischte.
Die Grundüberzeugung vom Markt als freies Radikal ließ ihn in der Coronakrise 12,4 Prozent der Lufthansa-Aktien halten und einen Gegenpol zum Großaktionär Bund bilden. Brachte ihn dann dazu, mit Peter Gauweiler und anderen gegen die Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank nach Karlsruhe zu gehen und mit Gewerkschaften keinen Tarifvertrag abzuschließen.
Für einen, der es als Angestellter des Knorr-Bremse-Konzerns zum dortigen Chef und Hauptaktionär brachte, und im Schienenunternehmen Vossloh ein Take-over durchzog, waren auch das im Vergleich kleinere Übungen.
18 Milliarden US-Dollar Gesamtvermögen ist in diesem Fall ein Statement. Der gelernte Jurist war – frei nach Mark Twain – der Mann, der mit seiner neuen Idee ein Spinner ist, bis die sich als richtig erweist. Mit dem rechtzeitigen Generationenübergang, also der Staffelübergabe an seine Kinder, aber scheiterte Heinz Hermann Thiele ebenso wie bei der Kooperation mit vielen seiner CEOs. Am gestrigen Dienstag ist der Unbeugsame im Alter von 79 Jahren gestorben.
Je symbolischer ein Ziel, desto wichtiger die Planerfüllung. So ist das auch mit jener Wunderzahl von einer Million Elektroautos, die 2020 auf Deutschlands Straßen zu sehen sein sollten. Allerdings wird es jetzt bis zum September 2021 dauern – zufällig genau dem Monat der Bundestagswahl. Und die Hälfte der Stromer sind nur Plug-in-Hybride, die Strom, aber auch Benzin nutzen.
Henning Kagermann, Chef der „Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität“, ist trotzdem voll des Lobes: „Der Markthochlauf der Elektromobilität hat 2020 deutlich an Fahrt aufgenommen“, erklärt der frühere SAP-Chef in unserer Titelgeschichte. Am 23. März wiederum berät Kanzlerin Angela Merkel zusammen mit den Chefs der Autoindustrie darüber, wie die Zahl der E-Autos weiter zu steigern ist.

In Polen haben Kinos schon wieder geöffnet, in den USA wird es am 5. März wieder soweit sein, alles mit Hygienekonzepten und Abstandsregelungen. In Deutschland allerdings lässt die Wiederöffnung noch Monate auf sich warten. Eine Perspektive, die den Cinemaxx-Gründer Hans-Joachim Flebbe zweifeln lässt: „Die Branche ist in den Grundfesten erschüttert“, sagte er n-tv.
Sie müsse weiter als „Bauernopfer“ herhalten, obwohl sie als Infektionstreiber nie aufgefallen sei. Er selbst betreibt noch Premiumkinos in sieben Städten, die bis Spätherbst acht Millionen Euro verloren hatten. Flebbe: „Wir hängen am Tropf. Wir kämpfen Tag für Tag um Entschädigungen, die entgegen aller vollmundigen Versprechungen aus der Bundespolitik nicht beim uns ankommen.“
Als der Fußball-Weltreisende Franz Beckenbauer einmal nach der Menschenrechtslage in Katar gefragt wurde, firle-franzte er, keinen Sklaven im Emirat gesehen zu haben. Dass die Lage etwas ernster ist und war, ahnt man.
Nun liegen auch die Zahlen hierzu vor. Aufgrund des Materials aus Regierungsquellen in fünf Ländern hat der „Guardian“ hochgerechnet, dass mehr als 6500 Gastarbeiter – vor allem junge Männer – seit 2010 in dem Wüstenstaat verstorben seien.
Das war das Jahr, in dem Katar den Zuschlag für die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 erhielt. Im Land leben derzeit zwei Millionen Fremdarbeiter. Sie haben geholfen, sieben Stadien, einen Flughafen und zahlreiche Straßen zu bauen. Das WM-Organisationkomitee in Katar spricht dagegen davon, dass beim Bau der WM-Stadien nur 34 Gastarbeiter starben. Die Grenze zwischen Selbstbetrug und PR-Kunst ist fließend.
Einer breiten Öffentlichkeit ist Thomas Drach 1996 bekannt geworden. Damals war er der Drahtzieher bei der Entführung des Mäzens und Zigaretten-Erben Jan Philipp Reemtsma. Für diese Tat bekam er Ende 2000 in Hamburg eine Haftstrafe von 14 Jahren und sechs Monaten.
Nun ist der 60-Jährige in den Niederlanden erneut verhaftet worden. Er wird beschuldigt, drei Raubüberfälle in Frankfurt und Köln begangen zu haben. Am heutigen Mittwoch wird Drach in Amsterdam dem Haftrichter vorgeführt – und dann wohl bald nach Deutschland ausgeliefert. Diese kriminelle Karriere dürfte zu Ende sein.

Und dann sind da noch die Konzerne Siemens Energy und Uniper, die in Hamburg-Moorburg Bahnbrechendes planen. Es geht um die Herstellung von grünem Wasserstoff in industrieller Großdimension. Uniper-Chef Andreas Schierenbeck gibt den Mahner und Planer: „Wir müssen beim Thema Wasserstoff endlich den Labormaßstab hinter uns lassen. Mit unserem Projekt stoßen wir in eine neue Dimension vor.“
Öffentliche Subventionen sollen helfen. Mit einer Projektskizze bewarben sich die Macher bei Wirtschaftsminister Peter Altmaier und erhoffen sich einen schönen Zuschuss für ihr Wasserstoffwerk, in das insgesamt wohl bis zu 500 Millionen Euro zu investieren sind. Auch eine Wasserstoff-Handelsplattform ist in der Planung. Bei so viel Erneuerungsmut kann man sich ruhig einmal François Truffaut gönnen: „Man kann niemanden überholen, wenn man in seine Fußstapfen tritt.“
Ich wünsche Ihnen einen innovativen Tag. Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Hans-Jürgen Jakobs
Senior Editor
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