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Morning Briefing Söders Rakete aus Berlin

26.11.2020 - 06:00 Uhr Kommentieren

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

ein milder Lockdown lässt sich leichter verlängern – ganz sicher bis 20. Dezember, vermutlich aber bis Januar –, wenn man nett zueinander ist. Und so sagten Deutschlands politische Entscheider gestern Abend dreimal danke: den duldsamen Bürgern, den tapferen Schülern und dem Bund, der für finanzielle Hilfen weiter aufkommt. Als sanft das Mondlicht auf den Hügeln schlief, legten Angela Merkel und die vereinigte Ministerpräsidentenschaft fest, dass sich nun weniger Deutsche in Geschäften aufhalten und höchstens fünf Personen aus zwei Haushalten aufeinandertreffen dürfen.

Quelle: dpa
Deutschlands politische Entscheider sagten gestern Abend erstmal danke - den duldsamen Bürgern, den tapferen Schülern und dem Bund.

Laxer wird das Regelwerk nur zwischen Weihnachten und Silvester – wahrscheinlich weil man davon ausgeht, dass das Coronavirus dann nach soviel Feiern Pause macht. Dass Böllern zur Jahresschlussfeier an großen Plätzen verboten ist, weiß Bayerns Premier Markus Söder zu schätzen. Er selbst schieße keine Raketen, versicherte der CSU-Chef noch, allenfalls mal „eine politische Rakete“. Wenn das so weitergeht, wird der Franke als „Rocket Man“ der Republik die Corona-Pandemie bestens überstehen.

Für die Wirtschaftsprüfer von EY kam es 2020 knüppelhart. Ihre Arbeit beim Leck geschlagenen Phantasiebörsendampfer Wirecard gilt als eine streng nach Honorartabelle verabreichte Minderleistung. Und nun schrieb die Wirtschaftsprüferaufsicht Apas auch noch der Generalstaatsanwaltschaft Berlin, es gäbe Hinweise auf Straftaten der beteiligten Bilanzchecker von EY. Konkret geht es um Verstöße gegen Berichtspflichten, berichten wir in unserer Titelstory. EY dementiert, es ist von „Falschinformation“ und „Rufschädigung“ die Rede. Bei den Kollegen von KPMG wiederum taucht der Verdacht auf, sie könnten viel intensiver als bisher bekannt für einen dubiosen Fonds auf Mauritius aktiv gewesen sein. Über diese Steueroase sollen Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek und seine Kumpel einen dreistelligen Millionenbetrag für sich abgezweigt haben.

Für Fleischklöpse gibt es McDonald‘s, für Schreibwaren McPaper, warum also nicht für zahnärztliche Dienstleistungen so etwas wie McDent? Das denken sich findige Investoren, kaufen die Praxen von Dentisten auf und schließen sie zu Versorgungszentren zusammen. Davon gibt es schon tausend in der Republik. KonfiDents etwa hat 20 Standorte mit 600 Mitarbeitern und gehört dem schwedischen Private-Equity-Haus Altor. Dr. Z. ist an mehr als 20 Standorten zu finden, das zur Jacobs-Holding gehörende Colosseum plant mehr als 70 Standorte ein. Die McDent-Entwicklung wird gefördert durch die Überalterung der Branche. Junge Nachwuchskräfte scheuen die Übernahme einer alten Praxis oder die Gründung einen neuen, schildert unser Handelsblatt-Artikel.

Christian Berger, Chef der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns sagt: „Es gibt ein Nachfolgeproblem, in der Regel aber auf dem Land. Wir sehen die Entwicklung mit Sorge.“

Manchmal ist Vermögensanlage auch eine Feld-, Wald- und Wiesendisziplin. Jedenfalls setzen immer mehr finanzpotente Investoren angesichts von Minuszinsen und drohender Inflation auf Realkapital, also die Anlageklasse Agrar. In etablierten Märkten wie Westeuropa, Nordamerika und Neuseeland sei das Preisniveau für solche Flächen extrem hoch, sagt Experte Dirk Rüttgers, CEO der Do Investment AG. In Deutschland koste ein Hektar Boden schon bis zu 80.000 Euro, zehnmal so viel als vor zwölf bis 15 Jahren. Schädlingsbefall, Dürreperioden oder Überschwemmungen können Feld-, Wald- und Wiesenrenditepläne aber rasch zu Altpapier machen.

Quelle: Reuters
Nur drei Wochen lang war Michael Flynn Nationaler Sicherheitsberater in den USA gewesen.

Nur drei Wochen lang war Michael Flynn Nationaler Sicherheitsberater in den USA gewesen. Dann räumte er im Zuge der Ermittlungen wegen Russlands Einflussnahme auf die Präsidentenwahl 2016 ein, schuldig zu sein und die Bundespolizei FBI angelogen zu haben. Das Geständnis hat Flynn später widerrufen, es ergaben sich juristische Händel – die jetzt durch ein Machtwort von Donald Trump gestoppt worden sind. Der Noch-Regierungschef begnadigt den General einfach, den er schon mal „Held“ genannt hat und schreibt ihm zum amerikanischen Feiertag an diesem Donnerstag: „Ich weiß, dass Sie jetzt ein wirklich fantastisches Thanksgiving haben werden.“ Nun rätseln die USA, wem Trump wohl als Nächstes seine Gnade zukommen lassen wird.

Zu den herausragenden literarischen Werken dieses Jahr zählt „Annette, ein Heldinnenepos“ (Matthes & Seitz) von Anne Weber, zurecht mit dem „Deutschen Buchpreis 2020“ ausgezeichnet. Erzählt wird in Versform die wahre Geschichte einer 97-jährigen Französin, die mit 19 der Résistance beitrat, zwei jüdische Kinder rettete und viele Jahre später für die algerische Unabhängigkeitsbewegung kämpfte, weshalb sie ins Gefängnis kam. Die Kraft von Webers Sprache wird noch einmal deutlicher, wenn das Buch, wie geschehen, von zehn Ensemblemitgliedern des Münchener Residenztheaters eingesprochen wird: Die Online-Darbietung ist bis zum Jahresende verlängert. Bei unserem Lesen-Hören-Tipp des Tages gegen den Lockdown sind solche Sätze zu hören: „Sie glaubt nicht an Gott, aber er an sie./ Falls es ihn gibt, so hat er sie gemacht.“

Quelle: AP
Egal, ob missglückte Trainer-Engagements, Kokain-Skandale oder Asyl auf Kuba – Diego Maradona, die „Hand Gottes“, schrieb sich sein eigenes Agendasetting.
(Foto: AP)

Die Welt hat sich auf YouTube, dem neuen Gedächtnis der Menschheit, jetzt noch einmal angesehen, was ein kleiner Argentinier mit dem Spielgerät Fußball anzufangen vermochte. Wie er sich 1986 bei der Weltmeisterschaft rund 60 Meter übers Feld an fünf Engländern vorbei ins Tor dribbelte, nachdem er Minuten vorher ein – gegebenes – Tor per Hand erzielt hatte. Seither wurde Diego Maradona „Hand Gottes“ genannt, und als er am gestrigen Dienstag im Alter von 60 Jahren nach einem Herzinfarkt starb, ordnete sein Heimatland Argentinien ein Staatsbegräbnis an. In Neapel, wo er mit dem örtlichen Klub SSC späte Triumphe gefeiert hatte, regten sie Staatstrauer an. Egal, ob missglückte Trainer-Engagements, Kokain-Skandale oder Asyl auf Kuba – die „Hand Gottes“ schrieb sich ihr eigenes Agenda-Setting. Gott ist tot, sagt der Fußballfan, als heiße er Nietzsche, Gott trug die Nummer zehn.

Und dann ist da noch der US-Softwarekonzern Salesforce des einstigen Oracle-Managers Marc Benioff. Er will die Technologiebranche durcheinanderwirbeln und plant die Übernahme der Bürodienstfirma Slack. Die liefert sich derzeit in Lockdown-Tagen einen Wettstreit um Videokonferenz-Dienste gegen Zoom und Teams von Microsoft. Der Kaufpreis für Slack dürfte klar über der Schwelle von 20 Milliarden Dollar rangieren, schließlich liegt schon die aktuelle Börsenbewertung bei 17 Milliarden Dollar. Beide Unternehmen seien in fortgeschrittenen Gesprächen, heißt es, die Transaktion könnte innerhalb weniger Tage besiegelt werden – wofür Slack schon mal mit einem Sprung um 30 Prozent nach oben belohnt wurde. Benioff beweist im Silicon Valley Lagerdenken: „Der Feind meines Feindes ist mein Freund, und das macht Google zu meinem besten Freund.“

Ich wünsche Ihnen einen gut bewirbelten Tag, der hoffentlich positiv endet.

Es grüßt Sie herzlich
Ihr

Hans-Jürgen Jakobs
Senior Editor

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