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Morning Briefing Streit ums richtige Aufräumen im Ahrtal

05.08.2021 - 06:00 Uhr Kommentieren

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

es sei kein Brandbrief, sondern ein Hilferuf – so begründen Bürgermeister aus dem Ahrtal ihr Schreiben an die Bundesregierung, doch endlich einen Sonderbeauftragten für die Hochwasser-Gebiete einzusetzen. Einen, der koordiniert. Einen, der den raschen Wiederaufbau antreibt. Doch so einfach, so Helmut-Schmidt-mäßig, geht es derzeit nicht zu in der Republik.

Berlin verweist auf den koordinierenden Staatssekretärsausschuss des Bundes, der habe schon zweimal getagt. Mehr sei nicht geplant, Fluthilfe sei ja in erster Linie Sache der Länder. Auch SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz ist gegen eine „bürokratische Tätigkeitsvermehrung“ mittels Sonderbeauftragten, die alles komplizierter mache. Und so bleibt am Ende im Ahrtal das Gefühl bestehen, voll betroffen und voll unverstanden zu sein.

Wenn Ralph Dommermuth, Internet-Milliardär aus Montabaur, etwas beginnt, dann richtig. Das gilt insbesondere für ein eigenes 5G-Mobilfunknetz, das der CEO und Großaktionär von United Internet nun bauen will – mit Japans Tech-Konzern Rakuten als Generalunternehmer für die Infrastruktur. Im Handelsblatt-Gespräch hinterlässt Manager Dommermuth wie gewohnt eine Kampfansage an die großen Rivalen Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica: „Unsere Mission: Wir wollen das modernste Netz bauen.“

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Man denke an ein „ausschließlich echtes 5G“ und an eine komplett neue Architektur. Dafür steht mit Open Ran ein System bereit, das Komponenten verschiedener Hersteller fürs Mobilfunknetz nutzt. Im Einzelnen sagt Dommermuth über…

  • das eigene Netz: „Das, was technisch maximal möglich ist, wollen wir auch liefern. Außerdem bauen wir in Deutschland mehr als 500 dezentrale Rechenzentren.“
  • die eigenen Kräfte: „2019 kamen die Sicherheitsbedenken in die politische Diskussion, die zu Gesetzesänderungen führten. Parallel hat sich die Open-Ran-Technologie entwickelt. Wir würden langfristig aber auch chinesische Antennen verwenden, wenn sie die Sicherheitsprüfung bestehen.“
  • das eigene Smartphone: „Ich benutze noch ein altes Nokia-Handy, aber meine Frau hat gleich zwei Smartphones. Ich sehne mich selbst nicht nach einem eigenen Smartphone, ich bin ja nicht bei Twitter, Facebook oder WhatsApp.“

Wenn man hier eins und eins zusammenzählt, ergibt sich die Erkenntnis, dass auch ein digitaler Teilverweigerer gute Geschäfte mit dem Internet machen kann.

Die weiße Friedenstaube ließ sich jetzt an einem Ort nieder, den die Presse gerne „Schlachthaus“ nennt. Zum einen, weil sie da in Rheda-Wiedenbrück tatsächlich viele Schweine zum Zwecke der Verwurstung töten, andererseits aber, weil zwei Stämme der Fleischerfamilie Tönnies immer wieder übereinander herfielen.

Quelle: dpa
Maximilian, Clemens und Robert Tönnies (v.l.) wollen sich, wie hier schonmal auf einem Archivbild, wieder vertragen haben. Und nun weiter zusammen Geschäfte machen.

Auf der einen Seite sind da Unternehmenschef Clemens Tönnies mit 45 Prozent der Anteile sowie Filius Maximilian mit fünf, die andere Hälfte wiederum gehört Robert Tönnies, dem Neffen von Clemens. Ihre La-Paloma-Mitteilung: „Mit der klaren Aussage für die gemeinsame Zukunft als Familienunternehmen leisten die Gesellschafter ihren Beitrag, die Gerüchte und Spekulationen um einen Verkauf oder Teilverkauf zu beenden.“

Ein „Zerrüttungsverfahren“ ist beendet, der Konzern baut neue Geschäftsfelder wie Tiernahrung oder pflanzliche Pseudofleischangebote aus.

Fazit: Vielleicht hat kein Bieter genug Geld fürs Schlachthaus geboten, vielleicht leitet der 65-jährige Clemens Tönnies einfach auch nur den längst fälligen Generationswechsel ein.

Einst haben die Holy-Brüder die Marke „Hugo Boss“ groß gemacht – im und mit dem Anzug. Doch sowohl der Einzug des Surfboy-Looks in die Geschäftswelt als auch die Sportswear-betonte Homeoffice-Corona-Zeit waren dem Stammgeschäft nicht gerade förderlich. Der Anteil am Umsatz sank von 35 auf 25 Prozent. Der neue CEO Daniel Grieder will die Marke verjüngen und Millennials digital abholen. Die Kunden sollten zu „Fans“ werden, sagt der Mann, der von Tommy Hilfiger kam.

Bei seiner ersten Strategiepräsentation ging der 59-jährige Schweizer in die Vollen und versprach alles, ganz so wie ein Parteichef im Bundestagswahlkampf: „Unser Ziel ist es, unseren Umsatz bis zum Jahr 2025 auf vier Milliarden Euro zu verdoppeln und eine der 100 weltweit führenden Marken zu werden.“ Wenn man dann auch noch hört, dass für die Aktionäre selbstverständlich Milch und Honig nur so fließen werden, denkt man einen kurzen Augenblick an Gotthold Ephraim Lessing: „Nicht die Kinder bloß speist man mit Märchen ab.“

„Responsible Disclosure“ heißt es, wenn Hacker Datenschutzschwächen offenbaren, um so bei den Betroffenen Verbesserungen zu erzielen. Doch als die Software-Entwicklerin Lilith Wittmann auf Schwachstellen der Wahlkampf-App „CDU Connect“ hinwies und auch die Berliner Datenschutzbehörde informierte, passte dies der Partei ganz und gar nicht. Sie erstattete Anzeige. Expertin Wittmann im „Spiegel“: „Mir erst mit einer Anzeige zu drohen, weil ich keinen Beratungsvertrag mit ihnen wollte, und dann wegen des öffentlichen Drucks zurückzuziehen, finde ich einen schlechten Witz.“

Die CDU hat sich inzwischen bei ihr entschuldigt, watet aber noch ein wenig weiter im Morast. Der von der Anzeige gegen Wittmann genervte Chaos Computer Club entschließt sich zum Gegenschlag: Er wird der Partei künftig keine Schwachstelle mehr melden. Auch ein Fall von „Cancel Culture“, diesmal ganz anders.

Quelle: Reuters
Spanische Klubs wie der FC Barcelona und Real Madrid haben sich im Ringen um die besten Spieler verschuldet, die Coronakrise verschärfte die finanzielle Lage zusätzlich.

Und dann ist da noch CVC Capital, halb Firmenjäger, halb Risikobeteiligungsfonds, bei dem Ex-Goldman-Sachs-Dealmaker Alexander Dibelius eine große Rolle spielt. Mit der illustren Finanzfirma kommt erstmals Private Equity in eine große europäische Fußballliga: 2,7 Milliarden Euro sind in Spanien für einen Minderheitsanteil an einer neuen Tochter von „La Liga“ geboten. Diese soll Fernsehvermarktung, Sponsoring und Digital-Rechte managen. Bei diesem Projekt namens „La Liga Impulso“ wird der Wert des gesamten spanischen Profifußballs auf mehr als 24 Milliarden Euro taxiert.

Obwohl die Klubs zum Gutteil direkt vom CVC-Geld profitieren würden, ist Real Madrid gegen den Deal. Vielleicht ganz einfach aus Trotz: Erst schoss man ihnen den eigenen vulgär-kapitalistischen Plan einer europäischen „Super League“ ab, und dann blieben den eigenen Mannen auch noch beim CVC-Geschäft komplett außen vor. Vielleicht hilft ja die Weisheit der Klublegende Alfredo Di Stéfano: „Der Ball ist aus Leder, Leder kommt von Kühen, Kühe essen Gras, und das ist der Ort, wo der Ball sein muss.“

Ich wünsche Ihnen einen erkenntnisreichen Tag.

Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Hans-Jürgen Jakobs
Senior Editor

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